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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 123)

Hans Frank 
Die Photographie 
in Osterreich - 
zwischen Handwerk 
und Kunst 
Die heutige Tendenz der Ausweitung der 
künstlerischen Bereiche hat auch die Photographie 
zur vollwertigen Kunst erhoben. In vielen Ländern 
sind Photomuseen entstanden. Alte Photographien 
werden in jüngster Zeit, wie eine kürzlich 
stattgefundene Auktion bei Christie's, London, 
beweist, von internationalen Sammlern hoch 
bewertet. Die Zeitschrift wird künftig der 
Geschichte der Photographie und ihren gegen- 
wärtigen künstlerischen Tendenzen regelmäßig 
Raum geben. 
Als die Photographie erfunden wurde, war man 
begeistert von der naturgetreuen Wiedergabe 
aller Details und prophezeite der Malerei eine 
große Konkurrenz. Delaroche war da anderer 
Meinung; er sagte voraus, daß die Künstler 
„durch die Photographie keinen Schaden erlei- 
den werden, im Gegenteil sogar Nutzen". Auch 
Arago äußerte sich in diesem Sinn: „. . . durch die 
Entdeckung des Daguerreotyps sey der Kunst 
ein unendlicher Dienst geschehen, die photo- 
graphischen Zeichnungen würden selbst den ge- 
schicktesten Malern ein willkommener Gegen- 
stand der Beobachtung und des Studiums seyn '." 
lm Pfennig-Magazin des Jahres 1840 heißt es: 
„Schon ietzt findet man überall Daguerresche 
Lichtbilder, welche durch die bewundernswürclig- 
ste Treue, durch Deutlichkeit und Nettigkeit der 
Ausführung iede andere Darstellungsweise weit 
hinter sich zurück lassen 7." 
Das rein Technische der von den Noturotisten 
des 19. Jahrhunderts geschaffenen Bilder wurde 
nun mittels der Photographie auf das exakteste 
erreicht, und so glaubten nun vielfach auch die 
Photographen, für sich die Bezeichnung Künstler 
in Anspruch nehmen zu können, um so mehr. 
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als ein Großteil der frühesten Photographen 
ursprünglich Maler waren. 
Bald war iedoch den die Photographie Aus- 
übenden der finanzielle Erfolg das wichtigste, 
und somit glitt die Photographie immer mehr 
zum Handwerk ab. Anfänglich allerdings zu 
einem sehr solide und mit viel Kunstverstöndnis 
ausgeübten. 
Der Niedergang der Photographie sowohl in 
ästhetischer als auch in finanzieller Beziehung 
führte gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einer 
Reaktion. Eingeleitet wurde diese von Photo- 
graphen, welche sich mit dieser Kunst - die 
sie auch als Kunst angesehen wissen wollten - 
aus Liebhaberei beschäftigten. ln ihrem Streben 
wurden sie von einigen bedeutenden und erfolg- 
reichen Photographen unterstützt. Die erste in 
dieser Richtung bahnbrechende Ausstellung fand 
im Jahr 1891 in Wien statt. Es war die „Aus- 
stellung künstlerischer Photographien" im Mu- 
seum für Kunst und Industrie. Der damalige 
Direktor des Museums, Hofrat R. v. Falke, führte 
anlößlich der Eröffnung, welche ein gesell- 
schaftliches Ereignis war, an: „... die Photo- 
graphie habe sich als eine selbständige Kunst, 
als ein Kunstmittel, gleich wie Ulfarben und 
Wasserfarben, wie Tusche, Pinsel und Stift be- 
währtf." Bemerkenswert ist auch die Zusam- 
mensetzung der Jury, sie bestand aus acht 
Malern und zwei Bildhauern. Ein Photograph, 
der k. u. k. Hofphotograph und Kaiserliche Rat 
Fritz Luckhardt, fungierte nur als Beiratf. 
Es entwickelte sich nun auch unter den Photo- 
graphen der Begriff der „Wiener Schule", deren 
bekannteste Vertreter Henneberg, Kühn und 
Watzek waren. Sie signierten ihre Photographien 
mitunter mit einem Kleeblatt und wurden auch 
als „das Kleeblatt" bezeichnets. 
Zu dieser Zeit strebten die Photographen da- 
nach, es den Malern des Jugendstils gleichzu- 
machen. Der die Details unterdrückende Gummi- 
druck war das dafür geeignetste Verfahren und 
wurde für Ausstellungsbilder bevorzugt. Auch in 
den Bildformaten machte man es den zeitgenössi- 
schen Malern nach, indem man Motive wählte, 
welche sich in schmale hohe oder niedere long- 
gestreckte Rahmen einzwöngen ließen. Die Be- 
deutung, welche damals der österreichischen 
Photographie beigemessen wurde, geht aus dem 
Vorwort zum Jahrgang 1903 der in Deutschland
	        
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