Für den Kunstsammler
Zur Bedeutung des Rahmens
Sich zu schmücken, um möglichst vorteilhaft aus-
zusehen, ist ein Grundbedürfnis des Menschen. So
sucht auch der Maler seine Bilder so einzukleiden,
daß sie ein bestmögliches Aussehen erhalten.
Doch wie der Schmuck einer schönen Frau den
Blick auf ihre Person lenkt, so begnügt der Rahmen
sich, den Blick zu sammeln, um ihn sogleich auf das
Bild zu ziehen.
Dieser Vorgang kann aber nur stattfinden, wenn
der Rahmen so gebaut ist, daß er die Funktion
des Mittlers zwischen der lrrealität des Bildes und
der Realität der Außenwelt imstande ist zu erfüllen.
Ortega y Gasset hat in seiner Abhandlung über den
Goldrahmen diese Mittler- und lsolatorrolle
philosophisch klar herausgestellt. Auf der einen
Seite Übergang zu sein und doch Abgrenzung zu
vollziehen: das ist die Funktion.
Nicht von ungefähr ist eben der neutrale Goldton
immer wieder für diese Aufgabe herangezogen
worden, entweder in seiner gesamten Flächigkeit,
oder in sparsamer Verwendung des Goldtones in
Verbindung mit Farb- und Holztönen, die sowohl
im Bilde wie auch im realen Innenraum mitschwingen
sollten.
Vergessen wir nicht, daß im 19, Jahrhundert mit
dem geschmacklichen Niedergang auch die Rahmen-
kunst am Ende war. Aus der gedankenlosen
Nachahmung des Rokokos entstand ein Rahmen-
werk von konstruierten Profilen mit dickem Stuck
und falscher, gleichförmiger Vergoldung. Für
„Renaissance" und „Barock" wurde die späteste
Verfallszeit zum Vorbild genommen und durch
wuchernde Ornamentik oder Spießigkeit der
Schnitzerei eine Karikatur erzeugt, die zum Teil
noch bis auf unsere Zeit nachwirkt.
Es wundert nicht, wenn sich die Künstler der
letzten 80 Jahre von solch faulem Zauber frei-
machten und oft selbst Rahmen entwarfen und
bemalten. Hier besteht iedoch die Gefahr, dem
Rahmen zu große Bedeutung dem Bilde gegenüber
zu geben oder ihn so sehr mit dem Bilde sozusagen
als Fortsetzung zusammenzuführen, daß er seine
grundlegende Bedeutung, neutrales Element zu sein
und zu bleiben, einbüßt.
Wie faßten nun die alten Meister die Rahmenkunst
auf? Diese Frage ist wesentlich, zum einen wegen
der Vervollständigung des Verständnisses der
Malerei der verschiedenen Epochen, zum andern um
die Frage zu klären, wie nun Bilder, so sie der
originalen Rahmen entbehren, gerahmt werden
sollen. Der Idealfall wird immer der sein, einen
Rahmen aus der Entstehungszeit und Herkunft des
Bildes zu erwerben und, wenn nötig, an das Format
anzupassen. Wie oft allerdings wird so ein Glücks-
fall eintreten, nachdem nicht nur der Zahn der Zeit,
sondern vor allem die Verständnislosigkeit und
Mode fleißig an der Vernichtung alter Rahmen
gearbeitet haben. Nicht zu vergessen ist die
Tendenz, Galerien einheitlich zu gestalten, in der
früher üblichen Hängung Bild an Bild und Bild
über Bild. Der Pitti-, Schinkel- und Dresdener
Rahmen zeugen davon.
Diese Einstellung zum Bilde ist nicht mehr die
unsere, die wir ein Gemälde in seiner Transzendenz
als etwas Einmaliges, von seiner Umgebung
Gelöstes verstanden wissen wollen. „Wie kann so
viel auf einer so schmalen Fläche sein? Offenbar
weil es ist, ohne zu sein" (Ortegol. Wollen wir
doch als Betrachter im alten Bilde die ganze Welt
des „Damaligen" erleben, ebenso wie das
moderne Bild uns das „Heutige" offenbaren soll.
So ist ein Bild nicht mehr nach Gefälligkeit und
Mode zu rahmen, sondern einzig noch dem Ge-
sichtspunkt seiner Herkunft und Aussage. Ein Rah-
men ist nicht beliebig austauschbar. Für iedes
Bild gibt es den optimalen Rahmentyp, der, sollte
er fehlen, wiedergefunden werden muß.
Soll es zu einer optimalen Synthese kommen,
bildet die Voraussetzung dazu die historische
Kenntnis der Rahmenkunst einerseits, anderseits die
traditionelle Beherrschung der alten Techniken vom
Holz bis zur Oberflächenbehandlung in Blattgold
und Farbe. Hier sind kunsthandwerkliche Grundla-
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