2 Blumenornamentkachel des Unterbaues. Die groß-
artige hochreliefierte Qualität dieser Blattkacheln
und die seitlichen Fialenrandleisten sind zu be-
achten
3 Großkadiel mit Wappen des Erzstiftes und des
Landesherrn Erzbischof Leonhard von Keutschach,
zum Teil freiplastisch geformte Ornamentteile
4 Großkachel Marienkrönung. Nach einem Kupfer-
des Meisters E. S. Am Gesims die Dotierung
5 Ausschnitt, obere Kachelreihe des Unterbaues,
eine Fülle herrlichster Blumenornamente
Anmerkungen:
'A. Wald-er van Molthein, Bunte Hafnerkeramik der
Renaissance. Wien 1906, S. 55 ff. S. 59 dort sieben
Löwen vermerkt; und derselbe: Kunst- und Kunsthand-
werk, Jg. Vlll, 1905, S. 232-242.
'Rasemarie Franz, Der Kachelofen. Graz 1969, S. 58.
S. 55 ff. Kachelgruppen (Wien und Buda est), S. 54 f. 55,
Ofen Hohensalzburg, Wurzeln vielleicht Budapester Werk-
statt nach Franz. S. 55.
' Wie oben.
'Dazu: lnsignia Principum Salzburgensium. Eingel. v.
Franz Martin. Mirabell-Verlag und Verlag Max Jaffe,
Wien 1948. S. B: „4. Möderndorfer, denen seine Mutter
entstammte". Nictit, wie Walcher v. Molthein. Anmerk.
1 S. so, noch irrtümlich meinte, selbstgewähltes Spott-
Wappen.
ßriiiiipp Maria Halm. Studien zur süddeutsdien Plastik,
Augsburg 1926, s. m. ,
tAber auch Walaher v. Moltheins Vermutung, daß bei
der n uralen Gestaltung Midiael Pacher oder sein
Sdiüler reis hereinwirkt, ist weiter zu verfolgen (asisr-
reichisdie Kunstorthagraphie, Bd. Vlll. Die profanen Denk-
mäler der Stadt Salzburg, S. 126 f.).
2
Wenn der Erzbischof und Landesherr Leonhard
von Keutschach im Hof der Festung Hohen-
salzburg mit seinem eigenen Bildnis ein Denkmal
seiner Konflikte mit Domkapitel, Adel und Bür-
gerschaft von Meister Valckenauer errichten ließ,
so setzte er in seinem eigensten Wohnbereich,
im Innern des Hohen Stockes, mit dem Pracht-
ofen, der seinesgleichen sucht, ein anderes Denk-
mal, das bis auf heute von der großartigen
Höhe des Hafnerkunsthonclwerkes um 1500 kün-
det.
Als kostbare Schale umgibt die Goldene Stube
mit reichem Schnitzwerk und Deckengetäfel, frü-
her auch vergoldeten Ledertapeten, dieses herr-
liche Ofengebäude. Hier traf der seltene Glücks-
fall ein, daß Ofen und Raum, für einander
komponiert, noch heute, nach 470 Jahren, eine
Einheit bilden können. Allerdings wurde das
Kunstwerk in den Kriegsiahren 1939-1945 aus
Luftschutzgründen unter Aufsicht des Bundes-
denkmalamtes abgetragen und nach 1945 wie-
der aufgebaut. Es ist nach wie vor der reiche
freiplastische Fialen- und Figurenschmudc, der
sowohl die Umrisse des Ofenkörpers in so groß-
artig reicher Weise auflöst als auch die Stube
ringsum in rhythmischen Abständen verziert.
Wenn man sich den allerersten in Formen und
Farben überwältigenden Eindruck dieses spät-
gotischen Wunderwerkes, das sicherlich zu den
Gipfelleistungen dieser Epoche zu zählen ist,
durch genauere Betrachtung festigen will, nimmt
man eine auch bei anderen weniger aufwendi-
gen Ofenbauten der Zeit vorhandene und ver-
breitete Gliederung in drei Teile wahr.
Auf fünf' geschnitzten graubröunlich gefaßten
Löwen und einem Eisengestell ruhend, erhebt
sich der würfelförmige Unterbau in ie vier Reihen
annähernd quadratischer Blattkacheln (H 23,5 cm
x 23 cm, einige rechteckige 23 cm hoch und 11 cm
breit). Auf diesen sind wahre Wunderblumen
der Spätgotik, Rosetten-, Trauben-, Granatapfeh,
Distel-, Aoronsstab- und Artischocken- sowie
Gräsermotive zu den mannigfachsten Ornamen-
ten in Relief (bis zu 8 crn Tiefe) und freiplasti-
scher Technik in den auch den übrigen Ofenauf-
bau beherrschenden Glasurfarben - ie zwei
Schattierungen, grün und gelb, blau, braun, dazu
wenig Weiß, aber auch intensives Orange -, vor
allem an den beiden frei stehenden Schauseiten
angebracht; die Wandseite hingegen, in den
sonst sehr ausführlichen vorausgegangenen Be-
schreibungen der Literatur vernachlässigt, be-
steht aus den im folgenden deswegen eingehen-
der beschriebenen Blattkachelreihen; beginnend
an der Kaminrückwand: 1. Reihe: Kachel 1 und
2 - Propheten mit Schriftband; Kachel 3 - Salz-
burger Stadtwappen (später, flacher, flaue Far-
ben); Kachel 4 bis 6 - Propheten mit Schrift-
band; Kachel 7 - schmal-rechteckig, Pflanzen-
ornamente; Reihe 2: Kachel 1 - dunkelgrün
glasiertes Rautenmuster; Kachel 2 bis 6 - Pro-
pheten oder Heilige mit Schriftband; Kachel 7 --
Pflanzenornament; Reihe 3: Kachel 1 und 2 -
dunkelgrün glasiertes Rautenmuster, wie Kachel
1 der Reihe 2; Kachel 3 - Rübenwappen Erzbi-
schof Leonhard von Keutschachs; Kachel 4 -
Wappen mit Adler und Bischofsstab; Kachel 5 -
Prophet mit Schriftband, wie bis ietzt alle grün-
gelb, orange, braun, „Malachias" zu lesen auf
Schriftband; Kachel 6 - dieselbe Maladiias-
kachel, aber grün glasiert; Kachel 7 - Nischen-
kachel Christus Salvator, stark plastisches Relief,
Brustbild auf grünem Hintergrund, Kleid orange,
braun, gelber Heiligenschein, Haar braun; Reihe
4: Kachel 1 und 2 - dunkelgrün glasiertes Rau-
tenmuster, wie oben beschrieben, Beginn der
Reihe 3 und 2; Kachel 3 - hl. Johannes, Name
auf Schriftband, Kelch, in den Farben Braun,
Grün, Gelb; Kachel 4 - hl. Jakobus, Name auf
Schriftband, Pilgerstab; Kachel 5 - Schimäre mit
Menschenkopf; Kachel 6 - Pflanzenornament
weiß, braun, gelb; Kachel 7 - abgeschrögte End-
kachel, Pflanzenornament.
Eine die Höhe des ganzen Unterbaues einneh-
mende Reliefgestalt eines Mannes schließt die
äußere Schauseite gegen die Kaminwand neben
der Tür zum Saal ab. Sie gibt mit ihren vermut-
lich den freiplastischen beschriebenen Teil des
Spruchbandes haltenden, aber am Unterarm ab-
gebrochenen Händen der Deutung noch immer
Rätsel auf, ob man in dieser weltlich gekleideten
Gestalt den künstlerischen Entwerfer oder den
nachbildenden Hafner, oder beide zusammen in
einer Gestalt, oder aber eine Allegorie des
Hafnerstandes vor sich habe. Für einen Zunft-
heiligen - wofür der Baldachin spräche - sieht
sie zu modisch aus. Bedeutet der Mann aber eine
weltliche Figur, so ist hier der spätgotischen
Märchen-, Heiligen- und Fürstenlandschoft des
Ofens allerdings ein Kontrastpunkt, Symbol der
heraufdämmernden Neuzeit mit Ständebewußt-
sein und Religionswirren, gesetzt. Zu seltsam ist
die Gleichsetzung einer weltlichen Figur, ia so-
gar Überbetonung durch die überragende Größe
und die Krönung durch eine ebenso die Maß-
stäbe sprengende Baldachinanlage. Denn sonst
sind an diesem Unterbau an den beiden vor-
deren Kanten der zwei Schauseiten nur zwei auf
gedrehten Säulenstäben stehende freiplastische
Figuren, von Fialenbaldachinen gekrönt, vorge-
sehen. Diese sind aber nur etwas größer als
eine Kachelhöhe der vier den Unterbau bil-
denden Kachelreihen. An der Kante neben der
Wandseite ist ein Bischof, an der Außenkante
eine schwer deutbare Figur - beide aus Holz
geschnitzt, etwa Ersatz für Verluste aus dem
19. Jahrhundert - angebracht. Bei Franz ist die
zweite Statuette als weibliche Heilige bestimmt,
mir scheint jedoch zwar die Kleidung und der
Körperbau, aber nicht die Mütze und das kurze
Haar dieser Deutung zu entsprechenz.
Von Bedeutung ist mir aber, um vielleicht die
Herkunft in dieser Richtung weiter erhellen zu
können, ein bei Franz abgebildeter, aber nicht
bei der Beschreibung des Festungsofens direkt
behandelter anderer Umstand. Die Blumenorna-
mentkacheln der zwei Schauseiten des Unter-
baues haben fast alle, mit einer Ausnahme in
der obersten und drei in der 2. Reihe von oben
an der Türseite, seitliche Randleisten aufgesetzt,
die als Fialen mit und ohne Standsäule in drei
Variationen ausgebildet sind. Diese Eigenschaft
finden wir auch in den bei Franz abgebildeten
Wiener Kacheln vom sogenannten Ofen aus dem
Stephansdom um 1500, Abb. 107 und 108 Me-
tropolitan-Museum New York, Abb. 106 Wien,
Österreichisches Museum für angewandte Kunst,
Abb. 111 Nischenkachel aus der Werkstatt des
sogenannten Ofens aus dem Stephansdom in
Wien, um 1500, Nürnberg, Germanisches Mu-
seum, Abb. 109, Hamburg, Museum für Kunst und
Gewerbe. Dasselbe Motiv, aber sorgfältiger,
reicher, plastischer und in anderen Maßstäben,
weisen auch die bei Franz abgebildeten Kacheln
aus Budapest, Burgmuseum, 1454-1457, Abb. 100
und 101, auf. Ebenso ähnliche Motive hat die
bei Franz als Abb. 92 abgebildete Kachel, ge-
funden in Besztercebanya (Banska Bystrica), ietzt
Budapest, Kunstgewerbemuseum, aufzuweisen.
Nach Franz haben die Budapester Hafner, viel-
leicht durch Beatrix von Aragonien, Gemahlin
des Königs Matthias Corvinus, Kontakt mit ein-
gewanderten spanisdien Maiolikaarbeitern be-
kommen und dadurch die frühesten Werkstätten
dieser Art in Budapest errichteta. Die Verfasserin
vermutet weiter, daß sich vielleicht nach dem