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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 124 und 125)

Werkstatt Breitenbrunn. Hauszeichen 
Wil Frenken, „gerate m" 
Elfe Frenken, Holzreliefs 
Wil Frenken, Ein Stuhl Zum Solan- 
tisch des Hauses Schlager aus Dra- 
senhofen. Aktionsdruck, Reihe Um- 
gebungsdrucke, 22. Mai. 1970 
Wil Frenken, „Hängende Steine". 
Einfahrt des Hauses Frenken und 
Ausstellung „Österreichische Kunst 
70", Graz 
Elfe + Wil Frenken 
 
Ein Sand-, Buch und Baumspieler 
Eine vorrangige Stellung im burgenlöndischen 
Kulturleben nimmt die bildende Kunst ein, gewachsen 
aus einem tradierten Kunsthandwerk und 
historischen Produktionsstätten. Das vorerst 
fehlende potentielle Publikum für das Kunstschaffen 
ließ in dieser Kulturlandschaft ein eigenwilliges, 
weil eigenständiges Spannungsfeld zwischen Graz 
und Wien entstehen, das sich in vielen Einzel- 
initiativen manifestiert. Eines der Beispiele ist die 
Werkstatt Breitenbrunn von Elfe und Wil Frenken. 
Elfe und Wil Frenken gründeten vor rund drei 
Jahren die Galerie und Werkstatt Breitenbrunn, 
bestimmt für „mixed media, ausstellungen, bücher, 
aulorenstayings, meetings". Ein Besuch in dieser 
Werkstatt wird vorgefaßte Vorstellungen umwerfen, 
egal wie sie geartet sind. ln einem uralten Bauern- 
hof, man findet darin immerhin drei „Rauchkuchln", 
bemühen sich die beiden Künstler, das Haus vor 
dem Verfall zu retten und in der Folge es auch 
bewohnbar und benutzbar zu machen. Und wenn 
sich Wil Frenken als „drucker, sandspieler, bücher- 
macher, holzarbeiter, baumspieler und steinarbeiter" 
bezeichnet, ist dies keine vollzählige Sammlung von 
Berufsbezeichnungen. ln diesem Steinkasten mit 
verwirrend vielen Räumen, Gängen und verborgenen 
Eingängen trifft man die Frenkens immer bei der 
Arbeit, und nicht nur bei künstlerischer, sondern an 
der Mischmaschine, bei Verputzen oder bei 
Zimrnermannsarbeiten. Doß in diesem Aufbau einer 
Wohnstätte gleichzeitig und mit derselben 
Einstellung auch schöpferische Produktionen laufen, 
liegt im Lebensrhythmus dieser Leute. 
Und seltsam erscheint, daß die beiden mit ihren 
drei Kindern innerhalb der Dorfgemeinschaft keinen 
Fremdkörper bilden; man kennt und anerkennt sie. 
Verblüffend vor allem ist, daß sich hier aus einem 
Nichts langsam ein Zentrum künstlerischer Produk- 
tivität entwickelt, das dank des Fehlens völkischer 
Tradition im Burgenland keinem Konkurrenzneid 
ausgesetzt ist. 
Der Werdegang Wil Frenkens ist bezeichnend für 
die Aktivitäten der Werkstatt Breitenbrunn. 1935 
in Kleve in Deutschland geboren, begann er 1960 mit 
Phasendruckreihen, die er ietzt, in verschiedenen 
Editionen veröffentlicht, fortsetzt; so etwa eine 
Mappe mit Baumdrucken, die eine Querschnitts- 
entwicklung eines Baumstammes darstellen, reiz- 
voll in der sich natürlich entwickelnden Struktur 
der Stammscheiben und in der künstlichen Form- 
gebung. Daneben steht gleichberechtigt die Stein- 
arbeit, die Edition van Texten, Umgebungsdrucke, 
das Sandspiel. Bei der Frankfurter Buchmesse 
1970 hatte die Edition der Werkstatt Breitenbrunn 
einen eigenen Stand, auf dem sie ihre „lch-Bücher" 
und „Baumdrucke" vorstellte. Die Verbundenheit 
mit den künstlerischen und literarischen Traditionen, 
dokumentiert auch in einer romantischen Einstellung 
zu den Existenzgrundlagen, zeigt sich im 
verbreitetsten Büchlein der Edition Breitenbrunn, das 
von einem Stuttgarter Kleinslverlag im Offset- 
verfahren gedruckt wurde. „3 Ridl 3 Radl - Model 
8 Spruch aus dem Burgenland" enthält das 
Formenrepertoire der einheimischen Lebzelter und 
Wachszieher, verbunden mit Kinderreimen und 
Bauernsprüchen, deren „Poesie, Witz und hinter- 
gründiger Ernst" über die nur volkskundliche 
Relevanz dieses Büchleins hinausführen. 
Die Möglichkeiten der Werkstatt Breitenbrunn 
ließen sich vorerst nur andeutungsweise skizzieren, 
am Beispiel der Veranstaltungen, die von einigen 
tausend Besuchern im Jahr miterlebt werden. Was 
im steirischen Kulturgefüge nicht mehr möglich 
scheint, das gelang den Frenkens in Breitenbrunn: 
Die Weiterführung der in lokalen Traditionen 
gewachsenen Produktionen in eine neue Begriffs- 
welt des Schöpferischen als Ausgleich für die 
verschiedenartigsten Zwänge, die aus der 
Gesellschaft erwachsen. Aus diesem günstigen 
Zusammenspiel der Kräfte wächst iedenfalls ein 
vielversprechendes Zentrum einer neuen Begegnung 
zwischen dem unbelasteten Volkstümlichen und dem 
Aufbrechen zeitgenössischen Kunstschaffens. 
Manfred Mixner
	        
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