MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XVII (1972 / Heft 124 und 125)

Für den Kunstsammler 
 
 
Speziell 
erlesenes Kunstgewerbe 
des 18. Jahrhunderts 
C. BEDNARCZYK 
WIEN 1, 
Dorotheergasse 12 
Tel. 524445 
 
Aus silbernen Pokalen der Vorväter trinken 
Zum Sammeln und Erkennen 
alten Silbergerötes 
Altes Silber zu sammeln, wird immer beliebter. 
Nicht nur die damit verbundene solide Wertanlage 
vergrößert die Zahl der Liebhaber. Es ist eine Fülle 
von besonderen Reizen mit diesem Gebiet 
verbunden. Wie wird man allmählich Kenner dieser 
weiten Materie, die sämtliche großen Epochen 
unserer Kulturgeschichte spiegelt? 
Der Sammler alten Silbergerätes wird sich vorerst 
über die verschiedensten handwerklichen 
Herstellungsarten Gedanken machen und lernen, 
die ihn interessierenden Obiekte daraufhin zu 
untersudien. Die Untersdtiede von gegossenen, 
getriebenen, gedrehten, gedrückten Obiekten sind 
gut feststellbar. Auf den ungeglätteten Rückseiten 
sind die Spuren der Hammerarbeit sichtbar (nicht zu 
verwechseln mit dem gekünstelten Ebenmaß 
maschinell vorgetäuschter Hammerschlöge). Auf 
der Drehbank gedrehte Obiekte zeigen den 
Einsatz des Kreismittelpunktes als kleine Vertiefung. 
Über Farmen gedrückte Stücke sind meist redit 
dünn und ohne Hammerspuren. Es gab iedoch schon 
in früheren Jahrhunderten über einen Holzkern 
vorgedrückte und mit dem Hammer fertiggestellte 
Gefäße. Auf getriebenen Formen wurden vielfach 
kleinere gegossene Teile, wie Henkel, Knäufe, 
Griffe, Füße u. a., aufgelätet. 
Wichti für die Dotierung ist auch die Feststellung, 
ab das verwendete Silberblech maschinell 
ausgewalzt oder über dem Amboß zu Blech 
geschlagen worden ist. Die letztere, ältere Technik 
zeigt auf der unpolierten Rückseite Poren und 
schrundige Staustellen, wodurch eine Gesamt- 
wirkung wie menschliche Haut entsteht. Gewalztes 
Silberblech wurde seit zirka "IBOO verwendet. Solche 
Untersuchungen sind am intensivsten in Verbindung 
mit der eigenhändigen, liebevollen Reinigung einer 
Neuerwerbung. (Dafür dürfen keine zu scharfen 
oder scheuernden Materialien verwendet werden. 
Schmierseife und Wasser, allenfalls mit etwas 
Schlämmkreide versetzt, genügen. Weiche Tüdter, 
keine scharfen Bürsten und vor allem keine 
chemische Reinigung, die auch aus den Tiefen der 
Gravuren den letzten Rest der alten Patina entfernt.) 
Die Farbe gealterten Silbers wird auch nach 
schönster Reinigung eine gewisse Wärme niemals 
verlieren, da nach etwa fünfzig Jahren 
Veränderungen der obersten Schicht durch Oxy- 
dationsvorgänge eintreten. 
Die Legierung betrug in Mitteleuropa meist 800 fein 
(oder l3lötig), in Osteuropa gelegentlich nur 750 fein 
(l2lötig), in England 925 fein (l5lötiges Sterling- 
Silber]. Die restliche Beimengung bestand aus 
Kupfer und vielen anderen Spurenelementen, heute 
iedoch meist nur noch aus Kupfer. (Die Feststellung 
der Legierung ist durch Spektralanalyse möglich.) 
Ergänzt werden die technischen Beobachtungen 
durch die erlernbare Kenntnis der Formen, die in 
den verschiedensten Epochen üblich waren. Dabei 
helfen vergleichende Studien in Museen und in 
einschlägigen Werken weiter. 
Die Golclschmiedekunst ist schließlich besonders 
interessant durdt die seit dem Mittelalter in den 
meisten Städten eingeführte Punzierung. Die Punzen 
sind Dokumente, in denen die städtischen Zünfte 
den Feingehalt des Silbers und die handwerkliche 
Qualität der Arbeit garantieren. Sie führen zur 
Identifizierung des Herstellungsortes und oft auch 
des Meisters und der genauen Entstehungszeit. Das 
selbst trachten, sich eine kleine Handbibliathek 
aufzubauen. 
Über all diesen schönen Beschäftigungen des 
Erkennens und Forschens steht jedoch stets das 
eigene künstlerische Erlebnis, die Betätigung des 
persönlichen Geschmacks. Er wählt die Silber- 
geräte ganz bestimmter Formgebung aus ganz 
persönlichen ästhetischen oder historischen Gründen 
oder vor allem - und dies kann besonders intensiv 
sein -, um die Stücke auch immer wieder sinnlich zu 
benützen: in ihrer Funktion als festliches Tafelgerül, 
aus dem köstlichen Becher trinkend, wie unsere 
Väter es taten Jahrhunderte zuvor. 
Kurt Rossacher 
 
Q Abbildung links oben: 
Zwei silbervergoldete Fußbecher, getrieben, mit Blumen- 
dekor. profilierter Lippenrand. Besitzermanogramm PSK. 
Beschauzeichen Nürnberg um 1700 (R3765), Meister- 
zeichen HCH (E4282). Hohe 9 cm, Gew.:113g. 
Q Abbildung links unten: 
Deckelhumpen, Zylinderfarm mit glattem Hand. geschweif- 
ter, reich bearbeiteter Akanthusgrilt. gehbhter Deckel mit 
großem Kugelknaut. Der doppelwandige Mantel ist mit 
drei silbergetriebenen Göttertiguren in Halbreliel verziert. 
In umlaufender Reihenfolge sind dargestellt: Artemis mit 
trat-vier mm Hin-m Horn mit rfnm Pfau und Pallas Athene
	        
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