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und Graveurakademie", wie sie auch genannt
wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben dieser
Institution war die künstlerische Schulung und der
Zeichenunterricht für die bürgerlichen Handwerker.
Die günstigen Auswirkungen ließen nicht auf sich
warten. Bald veränderten auch die Möbel ihr
Aussehen - nicht nur durch den Stilwandel
bedingt -, sondern indem sie ihre provinzielle
Hausbackenheit zugunsten eleganterer Formen
aufgaben. Kostbare exotische Hölzer wurden
verwendet und, was das wichtigste war, auf eine
exakte Ausführung wurde viel mehr Wert gelegt
als bisher. Schließlich ging man auch hierzulande
dazu über, die Möbel noch zusätzlich mit Bronze-
Verzierungen auszustatten, was bisher nie
geschehen war.
Wien hatte den Anschluß an die für alle Fragen der
Geschmackskultur tonangebende französische
Hauptstadt gefunden. Diese Verbindung legte den
Grund dazu, daß man von nun an bis weit in das
I9. Jahrhundert van einem Wiener Möbelstil
sprechen konnte, dessen eigenständige und höchst
reizvolle Lösungen sich unschwer neben den
Erzeugnissen anderer Metropolen behaupten
konnten.
Um eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit
eines führenden Wiener Tischlerbetriebes iener Zeit
zu geben, sollen hier einige Auszüge aus dem
Verlassenschaftsinventar nach Meister Augustin
Haunold folgen, der seit 1758 die Stelle eines
Hoftischlers innehatte und 1805 starb. Die Werk-
stätten seines Hauses in der Jägerzeile Nr. 17
waren mit nicht weniger als 50 Hobelbänken
eingerichtet. Außerdem standen ihm noch drei
weitere Werkstätten zur Verfügung: eine in der
Hofburg mit vier Hobelbönken, eine in Schönbrunn
mit fünf und eine in Laxenburg mit vier Hobel-
bönken. An fertigen Arbeiten waren neben einigen
Schublad- und Tailettekösten auch 56 Mustersessel
„von verschiedener Art" vorhanden - wohl eine
sehr beachtliche Anzahl. Darüber hinaus hatte
Haunold hunderte van Parkettafeln gelagert; solche
aus massivem Eichen- oder Nußbaumholz, solche,
die mit Nußbaum- oder Ahornhalz furniert und mit
Eichenholz eingefaßt waren, und schließlich furnierte
„Mustertafeln". Der Materialvorrat umfaßte eine
reiche Auswahl aller iener Holzsorten, die damals
bei Möbeln von Qualität zur Anwendung kamen:
Kaiser-, Pernambuca-, Yukatan-, Fegetin-, Schlangen-,
Veilchen-, Mahagani-, Rosen-, Oliven-, Lignum
Sanctum-, Eben- und Sandelholz. Es kann kein
Zweifel darüber bestehen, daß sich unter den
Möbeln des kaiserlichen Hofes gewiß nicht wenige
befinden, die aus Haunolds Werkstatt hervorge-
gangen sind. Doch hat es die Forschung bisher
nicht vermacht, das Werk dieses Wiener Meisters
so zu erfassen, wie ihr das für seine Zeitgenossen
Riesener in Paris und Roentgen in Neuwied schon
längst gelungen ist. Franz Windisch-Graetz