Franz Wagner
Kunstbuch
oder Bilderbuch!
(Zur gegenwärtigen Situation
des Kunstbuches) (Schluß)
dolf-Trauner-Verlag unter dem genannten Titel
edierten Band hat er 197 seiner Fotografien
ausgewählt. Seine große Meisterschaft und sein
hohes handwerkliches Können machen viele sei-
ner Aufnahmen zum überzeugenden Erlebnis.
Mir schien es notwendig, mich mit den Abbildun-
gen in Bildbänden und ihrer Beurteilung so aus-
führlich zu befassen. Zum Schluß möchte ich
aber als Beispiel für das erreichbare Höchst-
maß an Qualität aller notwendigen Faktoren
„Barock in Böhmen" (ed. von Karl M. Swoboda,
Prestel-Verlag, München, 1964) nennen. Diese
Gemeinschaftsarbeit mehrerer bedeutender
Kunsthistoriker und ebenso bedeutender Foto-
grafen (dank der Bemühungen von Johann
von Herzogenberg) erreicht als „kunsthistari-
sches Sachbuch" ein selten hohes Niveau und ist
für alle, die sich von Berufs wegen oder aus
Liebhaberei mit bildender Kunst und ihrer Ge-
schichte beschäftigen, von hoher Bedeutung und
bleibendem Interesse. Die Texte sind klar, prä-
gnant, sachlich und informativ, die Fotogra-
fien entsprechen allen Anforderungen, der Druck
ist gut, die Ausstattung liebevoll und gekonnt,
das Abbildungsverzeichnis wie die Literaturan-
merkungen und das Register (mit ieweils deut-
schen und tschechischen Namensformen) exakt
gearbeitet. Warum nicht immer so?
An dieser Stelle sei es erlaubt, einem vielleicht
utopischen, vielleicht realisierbaren Gedanken
nachzuhängen, der mich seit langem beschäftigt.
Der professionelle Kunsthistoriker weiß durch
gut gearbeitete nationale und internationale Bi-
bliographien, wie er seine Bücherschätze vermeh-
ren soll und kann. „Kunstgeschichtliche Anzei-
gen" und ähnliches sind nur für ihn bestimmt,
die Buchbesprechungen in den Tageszeitungen
können nie umfassend die ganze Produktion be-
rücksichtigen, auch ist ihre Auswahl von der Zu-
sendung der Rezensionsexemplare abhängig.
Staatspreise für das „Schönste Buch" umfassen
nicht nur Bücher über bildende Kunst, auch kann
das schönste Buch nicht gerade das beste sein.
Es fehlt dem wahren und ehrlichen Amateur
eine Kennzeichnung der Qualität, auf Grund der
er seine Interessen auch mit seinem Geldbeutel
abstimmen kann. Wäre es nicht möglich, daß
sich aus der Schweiz, aus der Bundesrepublik
und aus Österreich - denn nur der deutsch-
sprachige Markt ist in diesem Fall interessant -
einige ernsthafte unabhängige Rezensenten zu-
sammenschließen, vielleicht im Rahmen dieser
Zeitschrift, um nach einem abzusprechenden Ver-
fahren Plus und Minus der Neuerscheinungen
festzustellen? Ihr gemeinsames Urteil könnte an
geeigneter Stelle ausführlich begründet und in
der Kurzform von Prädikaten in den wichtigsten
Tageszeitungen veröffentlicht werden. So wäre
die Produktion am „Kunst-Sachbuch" für den
Amateur übersichtlich und klar; ihm würde damit
im Sinne einer wahren Erwachsenenbildung wert-
volle Hilfe geleistet werden.
Ü Unser Autor z
Franz Wagner
Postfach 11
A-5163 Mattsee
Buchbesprechungen
spätere gewaltige innere Sprengung ahnen, die
schließlich zur absoluten Befreiung vorn
Vergangenen und zur neuen und stets erneuerten
Stilschäpfung geführt hat. Der erste Akt eines
langen Lebens, dessen Kräfte und Resultate die
dreifache Dimension gewöhnlicher Sterblicher
erreicht haben, das immer noch quillt von neuen
Schaffensprozessen.
AMK-Prädikat: Künstlermonographie, mit not-
wendigem wissenschaftlichem Apparat, hervor-
ragende Qualität in drucktechnischer und foto-
technischer Hinsicht. KR
Kurt Badt, Eine Wissenschaftslehre der Kunst-
geschichte, 200 S., 8c. M. DuMont-Schauberg,
Köln 1971.
Man muß dem Verfasser Dank wissen, daß er sich
die Mühe gegeben hat, in einer kleinen, handlichen
Übersicht verschiedene Themen: Historik der Kunst-
geschichte, die Geschichte als Ausgangspunkt,
Heuristik, Kritik, Interpretation, Systematik, kunst-
geschichtliche Arbeit nach ihren Formen, Arbeitern
und nach ihren Zwecken wie endlich die Topik
wenigstens flüchtig untersucht und in einer leicht
faßlichen Weise dem Leser unterbreitet zu haben.
Ein wahrhaft gigantisches Unternehmen - das
naturgemäß im Bestreben, alles zu erfassen, an dem
gesteckten, winzigen Rahmen scheitern mußte.
Badt fußt vor allem auf Hegel, Heidegger und
Droysen, von dem er in einer Art Besprechung
reichlich Zitate und Auszüge aus der „Historik"
bringt. Er kennt auch antike Philosophen und
bringt weiterhin als Belege Aussprüche von
Schalastikern. Seit Droysens „Grundriß der
Historik" 1868 sind aber mehr als hundert Jahre
verstrichen! Was iener Gelehrte ex cathedra
verkündete, ist durch inzwischen neu erstandene
Wissenschaften und Forschungsergebnisse wohl zu
ergänzen!
Im Aufbau seines Werkes versucht Badt methodisch
aufzuzeigen, wie weit die kontemplative Seite der
Kunstwissenschaft sich bis heute entwickelt hat und
wo sie steht. Dies gelingt ihm in verdienstvoller
Weise dadurch, daß er die geistigen Güter und
Erkenntnisse des 19. Jahrhunderts konserviert und
erneut zur Debatte stellt. Anfang und Ende der
Kontemplation stehen und fallen aber mit der
„Frage nach dem Wesen der Kunst" (S. 17 ff.). Hier
ist der Autar am Wesentlichen der Begriffsbestim-
mungen wohl vorbeigegangen. Zur Klärung wird
man endlich nicht umhin können, die berühmte
Stelle bei Platon, Politeia p. 597 ff., neu zu
interpretieren! Und wenn man gerade im 19. und
vielleicht auch nach im 20. Jahrhundert geglaubt hat,
die Gedanken des Philosophen der Bequemlichkeit
halber als „Verkennung vom Wesen und der
Bedeutung der Kunst" deuten zu dürfen, dann ist es
hoch an der Zeit, die Ansicht zu revidieren und
daraus ein Erkennen und Verstehen zu formen!
Gleichfalls empfiehlt es sich, neben der
Nikomachischen Ethik auch Aristoteles, De arte
poetica 1 ff., zu Rate zu ziehen, daraus ergeben
sich erstaunliche Denkansätze in bezug auf das
Begreifen der Kunstl
Was Badt als Antwort auf die Frage vom „Werk
der Kunst und seiner Wahrheit" (S. 19 ff.) anzubieten
hat, ist einfach oberflächlich und mußte es bleiben,
da er offenbar auf die Ergebnisse verwandter
Disziplinen nicht zurückgreifen konnte oder wollte.
Die Dinge „Kunst" und „Wahrheil" betreffen das
Menschentum zutiefst. Man versucht von
verschiedenen Seiten her, neue Erkenntnisse zu
gewinnen. Dem Autor, der in der Einleitung
„genaues" Durcharbeiten seines Werkchens eher
wünschte als leichtes Durchlesen, hätte gerade
zu diesen Themen genaueres Durchdenken nicht
geschadet. Wenn er aber das Primäre an den
Prinzipien und damit an den Grundlagen, auf
denen die Kunstwissenschaft im Ganzen aufbaut,
wenn er akzeptable Definitionen, Determinationen
oder selbst Aspekte nicht erkannte oder aufzuzeigen
vermochte, so hat Badt doch Anstoß gegeben, den
einmal betretenen Weg weiterzugeben. Sein Werk
ist derzeit nicht zu übersehen. W. Hein
Erich Egg: „Kunst in Tiral - Malerei und
Kunsthandwerk". 412 Seiten, 224 Abb., 30 Farb-
tafeln, Format 22 x 27 cm. Tyrolia-Verla ,
lnnsbruck-Wien-München 1972.S 850.-,DMl25.-.
Nach dem Band über Tirols Plastik und Architektur
legt der Autor nunmehr die Darstellung der
Malerei und des Kunstgewerbes vor. Die
internationale und zentrale Stellung der Tiroler
Malerei, ihre Funktion als Brücke zwischen
Italien und dem Norden, ihr Reichtum an immer
neuen schöpferischen Impulsen, die vor allem nach
Wien, aber auch nach Süddeutschland wirken,
wird vor allem an der Darstellung der Barock-
malerei evident. Auch das Kunstgewerbe ist dank
der Erfahrung des Verfassers als Direktor des
Landesmuseums Ferdinandeum glänzend dargestellt.
Die Aufgliederung in Essays macht das Buch für
iedermann leicht faßlich, der Fachmann orientiert
sich in dem nach Druckseiten organisierten
Anmerkungsteil zur Literatur. Alle notwendigen
Indizes vorhanden.
AMK-Prädikat: volksbildend, mit hinreichendem
wissenschaftlichem Apparat, regionale Anthologie
mit europäischem Aspekt. KR
Wanda Aschenbrenner TfGregor Schweighofer:
Paul Troger. Leben und Werk. 226 Seiten Text,
461 Abb., davon 16 farbig. Verlag St. Peter,
Salzburg 1965. S 576.-, DM 82.30, sfr 96.-.
Der Hauptmeister des Tiroler Barock ist in dieser
schon 1965 erschienenen Monographie - vor allem
in seinen Werkverzeichnissen - hervorragend
dargestellt. Auch die historischen Quellen sind
durch die inzwischen verstorbene Verfasserin
Wanda Aschenbrenner gründlich zusammengefaßt.
Seit dem Erscheinen des Buches hat es einige
weitere Neuentdeckungen - meist in unserer
Zeitschrift publiziert - gegeben. Es wird demnächst
aus dem Nachlaß Wanda Aschenbrenners an diesem
Orte ein kompletter Nachtrag vorgelegt werden.
Er wird in keiner Weise die Gültigkeit und
Aktualität der vorliegenden Monographie
beeinträchtigen.
AMK-Prädikat: Monographie, allen
wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechend, in
hervorragender foto- und drucktechnischer
Ausstattung. KR
Otto R. v. Lutterotti: „Hans Pontiller - Der
Tiroler Bildhauer 1887-1970." Großbildband.
128 Seiten, davon 28 Seiten Text, 1 Zeittafel zum
Leben Pontillers,Werkverzeichnis. Tyrolia-Verlag,
lnnsbruck-Wien-München 1971.
Der Künstler verfolgte in seiner Entwicklung alle
wesentlichen internationalen Strömungen seiner
langen Schaffenszeit auf der Grundlage alter
Tiroler Bildhauerkunst mit ihrem Hang zum
Rückblick und zum Expressiven, die Schärfe
zeitgenössischer Richtungen dabei stets zum
traditionellen „Bildschnitzerischen" hinüber-
brechend. Zweifellos eine Künstlerpersänlichkeit
von besonderem regionalem Rang, die immer
wieder um Anschluß an internationales Niveau
rang.
AMK-Prädikat: populärer Bildband, monographisch,
mit Literaturverzeichnis. KR
Franz Colleselli: „Tiroler Bauernmäbel".
Großbildband mit 16 Farb-, 141 Schwarzweiß-
bildern, 7 Textillustrationen, 2 Karten. 20 Seiten
Text. Bilderläuterungen in Deutsch, Italienisch,
Englisch und Französisch. 200 Seiten, Tyrolia-
Verlag, lnnsbruck-Wien-München 1972,
3. erweiterte Auflage. S 390.-, DM 58.-.
In einem vorbildlich schön gestalteten Bildband
wird die vielfältige Kunst des Tiroler Bauernmöbels
in ihren Sonderformen der kleinen Talregionen in
ausgewählten Beispielen vorgestellt. lnformierende
Texte in drei Sprachen.
AMK-Prädikat: volksbildend, ohne weiteren wissen-
schaftlichen Apparat. KR
Walter Buchowiecki, Handbuch der Kirchen Roms
2. Band, Verlag Brüder Hallinek, Wien, 1970,
ÖS 770.-, 924 Seiten.
Wir haben schon 1968 im Heft 98 auf den ersten
Band hingewiesen und iedem, der sich mit der
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