l\eubauten und (oneurrenzen
in Oesterreich und Ungarn.
Organ für das Hochbaufadi und seine Interessenten.
Verlag von Abonnementspreise:
MORITZ perles in wien Redigirt von Architekt OSKAR MARMOREK. Ganzjährig io n. = 20 Mark
r., Seilergasse 4. Einzelne Exemplare ... 1 fl. = 2 Mark
1^95. Erseheint am. /Anfancf jedes /Vlonates, I. JAHRGANG.
JUNI. ... h .. . ... HEFT VI.
Alle Rechte Vorbehalten.
I M U A I T • ARTIKEL: Hohe Gebäude mit stählernem Skelet in Amerika. Bruchversuche mit Deckenconstructionen. — CONCURRENZ-
UNhiALl .' NACHRICHTEN: Erbauung eines Stadtmuseums. Provinzialmuseum in Hannover. Rathhaus in Stuttgart. Skizzen für ein
Geschäftshaus mit grösserem Restaurant in Dresden. Kirche in Malstatt-Burbach a. d. Saar. Spar- und Vorschussverein »Biene« in Budweis.
Concertsaal in Solingen. Schule in Breznöbdnya. Sparcasse in Brüx. Turnhalle in Brüx. Evangelische Kirche in Szarvas. Volksgartensalon
in Linz. Allgemeine Canalisirung der Stadt Temesvar. Hallenschwimmbad in Breslau. Turnfesthalle in Donaueschingen. Sparcassenbau
in Biala. Thurm der Kirche in Nienburg. Tempel in Olmütz. Entwürfe von Masten und Wandrosetten. Krankenhaus in Haynau.
— BAUTECHNJSCHE NEUHEITEN UND PATENTE: Vorrichtung zur Verhinderung des Zurücktretens von Schmutzwasser. Thür
schloss mit Thürversperrer. Werkzeug zum Ablösen von Eensterkitt. Spülabort mit Klappenverschluss, halzziegel. Sprossenlose Leiter.
Verstellbarer Hängearm für Leuchtkörper. Selbstthätige Entwässerungsvorrichtung für Hauswasserleitungen. Vorrichtung zum Oeffnen,
Schliessen und Feststellen von oberen Fensterflügeln. Zusammenlegbarer Gerüstbock. Selbstthätiger Abschluss für Schächte. Fensterverschluss
mit Kniehebelandruck. Thür-und Fensterverschluss. Ueber die Hausschwammfrage. — TAFELERKLÄRUNGEN: Tafel 41, 42 und 43: Hohe
Häuser mit stählernem Skelet in Amerika. Tafel 44: Zinshaus, Budapest, Josefsgasse 17. Architekt: Benedict Jaumann. Tafel 45.: Entwurf
einer katholischen Kirche in Budapest-Steinbruch. Architekt: Edmund Eechner in Budapest. Tafel 46, 47 und 48: Villa der Trau Gräfin
Anna von Ferri in Graz. Architekt: Baurath Alexander v. Wilemans in Wien. — Anzeigen.
Hohe Gebäude mit stählernem Skelet in Amerika.
(Hiezu Tafel 41, 42 und 43.)
ft vergleichsweise kleinen Theile der grossen
H plki I amerikanischen Städte, wo sich das ganze Ge-
U lllira^ schäftsieben derselben conccntrirt. das rapide
' Wachsthum der Zahl der Geschäfte und damit
des Grundpreises in diesen Stadttheilen haben in den letzten
Jahren die Nothwendigkeit erzeugt, enorm hohe Häuser
zur Unterbringung von Bureaux (Offices), von Geschäften
mit Waarenlagern und von Hotels zu errichten. Zuerst
wurden diese hirnnjelhohen Häuser in Chicago gebaut,
jetzt auch in grosser Zahl in New-York und anderen
grossen Städten Amerikas. Diese Gebäude haben ein durch
aus eisernes (meist stählernes) Skelet, welches, von den
untersten Geschossen abgesehen, der allein die Lasten
tragende Theil des Hauses ist. Die Herstellung dieser Art
von Gebäuden hat die Einführung vieler Neuerungen
sowohl architektonischer, als rein bautechnischer Art zur
Folge gehakt. Die Projectirung und Ausführung solcher
Eisenconstructionen verlangt Kenntnisse, mit welchen
Architekten gewöhnlich nicht vertraut sind, so dass es
nothwendig wurde, Ingenieure zu verwenden, welche eine
Specialität aus solchen Eisenconstructionen machen. Diese
stellen die generellen Zeichnungen und Berechnungen her,
arbeiten die Details der ConstruCtion aus, überwachen die
Fundirung und Montage, während dem Architekten haupt
sächlich die Zeichnung der künstlerisch auszuführenden
Theile und die Eintheilung des Inneren der Gebäude über
lassen bleibt. Die Beanspruchung des Gebäudes durch den
Winddruck, durch wechselnde Belastungen, die Erleich
terung der Montage während des Baues und die gleich
zeitige Rücksichtnahme auf Widerstandskraft und Oeko-
nomie der Construction machen es zur grössten Wichtigkeit,
dass alle constructiven Details durch Fachmänner auf das
Sorgfältigste projectirt und dass die ganze Arbeit in vor
züglichster Weise ausgeführt werde. Der Hauptzweck
solcher Gebäude ist es natürlich, die zinstragende Geschoss
fläche auf einem gegebenen Grundstück zu vermehren,
was bei den hohen Grundpreisen begreiflich genug ist.
Die American Surety Co. hat jüngst beinahe
1,500.000 Dollars für eine Grundfläche gezahlt, welche, an
der Ecke von Broadway und Fine Street in New-York ge
legen, 85' lang und ebenso breit ist. Das heisst der
Quadratmeter kostete rund 58.000 fl. Allerdings ist das
von uns auf der Tafel 41 und 42 dargestellte Gebäude
auch circa 100 m vom Strassenniveau bis zum Haupt
gesims hoch und hat 20 Stockwerke. Die Vermehrung
der Stockwerkszahl kann aber sowohl vom hygienischen,
als auch vom commerziellen Standpunkte aus zu weit
getrieben werden.
Der Erstere kommt besonders in engen Strassen zur
Geltung, wo eine Reihe hoher thurmartiger Gebäude die
Strasse verdunkelt und die Bureaux in den unteren Stock
werken dunkel und ungesund macht. In einem solchen
Falle kann es geschehen, dass die Zinse in den unteren
Localitäten sehr klein sein müssen, indem die Miether
der Bureaux vorziehen werden, Licht und Luft in höher
gelegenen Localen zu erhalten oder, wenn die Zinse zu
hoch sind, in einen anderen Theil der Stadt überzu
siedeln. In New-York, wo bis vor wenigen Jahren die
Bureaulocale im unteren Theil der Stadt concentrirt waren,
sind in den letzten Jahren hohe Bureaugebäude auch im
oberen Stadttheil errichtet worden. ' Eigenthümer und
Miether von Geschäftshäusern gewöhnlicher Höhe haben
Recht, wenn sie Einwendungen gegen die Errichtung be
nachbarter Gebäude von grosser Höhe erheben wegen ihres
störenden Einflusses auf die Beleuchtung und Ventilation
der Zimmer, den Zug der Rauchfänge etc: In Chicago hat
es die zunehmende Anzahl dieser enorm hohen Gebäude
nothwendig gemacht, die Bauordnung radical zu ändern.
Sie begrenzt die Höhe auf 130' vom Bürgersteig bis zur
Spitze der höchsten tragenden Mauer, und kein Gebäude
der Skeletconstruction darf dort eine Höhe haben, die
grösser ist als dreimal seine kleinste horizontale Dimen
sion. In New-York werden Höhen von 150' bis 250' und
mehr vom Bürgersteig bis zum Dache angewendet. Ein
New-Yorker Architekt hat sogar ein Gebäude von 442'
Höhe bei einer quadratischen Grundfläche von 75' Seiten
länge projectirt.
Ein Architekt hat wahrlich keine leichte Aufgabe,
welcher aus einer rechteckigen Facadc von 150' bis 250'
Höhe und 50' bis 100' Breite etwas Gefälliges machen
will, besonders wenn die Nothwendigkeit einer beinahe
ebenen Fayade und der Erzielung des Maximums an
Fensterfläche berücksichtigt wird. Eintönigkeit der Form
ist beinahe unausweichlich, aber einige dieser hohen recht
eckigen Gebäude haben ein wirksames und gefälliges Aus
sehen. Viel Untertheilung und kleinliche Decoration der
Oberfläche muss vermieden werden, ebenso, wie die häufige
Uebung eines fantastischen Schmuckes des Daches und
Hauptgesimses mit Domen, Thürmchen, Giebeln etc.,
welche nicht mit der Grösse und dem Style des Gebäudes
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