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bei Opiz erstmals abgebildet wurdew. Hier liegt
der einzige ikonographische Beleg für eine
Aschensammlerin vor, und außerdem taucht
auch der Ruf „An Oschen! Oschen!" erstmals
auf, den Ferdinand Raimund als Refrain seines
Aschenliedes im „Bauer als Millionär" verewigte,
in dem er selbst im typischen Kostüm mit Butte
und Aschenkrücke die Hauptrolle verkörperte".
Auch die Darstellung des Wasserbauers (vgl.
Abb. 6), der mit seinem Ruf „A Wosser hob i do,
Danewosserl wer schoft a Wossa!" (Ein Wasser
habe ich da, Donauwasser! Wer wünscht ein
Wasser!) Wasser für Koch- und Waschzwecke
verkaufte, ist für die unzureichende Wasserver-
sorgung Wiens im Vormärz charakteristisch ".
Zu den bisherigen neun Aquarellen von Georg
Emanuel Opiz des Historischen Museums, deren
Entstehungszeit zwischen 1825 und 1830 anzu-
setzen ist", kamen durch eine glückliche Neu-
erwerbung von 1972 noch zehn signierte Aqua-
relle vom gleichen Typus hinzu". Sie alle unter-
scheiden sich von den Kaufrufszenen von 1804
bis 1812 wesentlich, sowohl in der Vorzeichnung
als auch in der künstlerischen Ausführung und
Auffassung. Anstelle der kräftigen Farben der
Gouachen scheint bei diesen zart ausgeführten
Aquarellen die Bleistiftvorzeichnung durch. Der
derb karikierende Realismus ist einem roman-
tischen Idealismus gewichen, wie er etwa dem
Biedermeier-Sittenbild eigentümlich ist, zu des-
sen Vorläufer Opiz gehört. Ähnlich den 1825
erschienenen „Leipziger Meßszenen" mit 18 Blatt
und dem Leipziger Kaufruf von 1830 mit sechs
Blatt" war auch ein Wiener Kaufruf geplant,
für den diese 19 Aquarelle bestimmt waren.
Als Beispiel für den neuen Stil mögen die Abb. 9
und 10 dienen, während Abb. 11 einen Vergleich
mit der früheren Epoche zuläßt. Ob Opiz diese
Aquarelle während eines zweiten Wiener Auf-
enthaltes geschaffen hatte, der bisher nicht nach-
zuweisen ist, oder aus der Erinnerung auf Grund
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von Studien und Skizzen seiner ersten Wiener
Zeit, kann vorläufig nach nicht einwandfrei fest-
gestellt werden "ä Ein Gegenstück zum türki-
schen Pfeifenhöndler (Abb. 9) ist der griechische
Pfeifenhändler aus dem Bilderbuch um 1835,
beide sonst nirgends mehr belegt".
Von vier Vorlagen zu einer größeren, nicht
numerierten und zahlenmäßig nicht mehr fest-
stellbaren Serie von Wiener Typen aller Art,
Aquarell- und Federzeichnungen von Friedrich
Kaiser, die als „Mandelbagen" beim Verleger
und Kupferstecher valkstümlicher Graphik Franz
Barth um 1840 erschienen, befinden sich drei im
Besitz des Historischen Museums (ein italienischer
Gipsfigurenverkäufer, „Der arme Poet" und „Der
Allerwelts-Dinderl"", sämtliche von 1839) und
eine in Privatbesitz (ein Hausherr im Schlaf-
rock, 1838). Die Zuschreibung der unsignierten
Originale erfolgte auf Grund der z. T. signierten
Stiche, und die Dotierung ergab sich durch das
„lmprimatur" des Zensors auf den Originalen".
Vorlagen für eine nicht erschienene Kaufruf-
serie sind 41 Aquarell- und Federzeichnungen
von Franz Gerasch, zwischen 1845 und 1848
entstanden, von denen eine, der Leichenbestat-
ter, im Besitz des Museums der Wiener städti-
schen Bestattung ist". Neben Typen, die sonst
nirgends festgehalten sind, wie der „Essigmann"
oder der „Evangelimann" (Straßensänger von
Evangelientexten)", ist der „Schirmhändler"
(vgl. Abb. 12) besonders bemerkenswert, weil
er die einzige Kaufruftype ist, die biographisch
bekannt ist. Moriz Bermann beschreibt ihn sehr
lebendig, nennt seinen Namen, seinen Spitz-
namen („Hahnreiter") und seine Lebensdaten".
„Wien in 101 Bildern, beobachtet, entworfen,
liquidirt und adiustirt durch Ladislaus von
Thann. Wien im Monate Juni 1857", so betitelt
sich der erste Band von flott hingeworfenen
Bleistift- und Sepiaskizzen. Ein zweiter Band mit
der gleichen Anzahl von Typen schlaß sich an.
Der goldgeprögte ungarische Titel auf b:
Einbänden „Torzkepek" (Zerrbilder) weist
lich auf die satirische Absicht und der
Feder ausgeführte kalligraphische Titel auf
Veröffentlichung hin, die nicht erfolgte. Es
die größte Folge, die [e geschaffen w
Typen selbstverständlich aller Art, wobei
jedem Bild die Bezeichnung zuerst in ungari
und dann in deutscher Sprache stand. Der K
ler, der sich auf beigelegten 1855 und
datierten Theaterfigurinen in Aquarell A;
Than Laszlö (Ladislaus) nennt, ist sicher
dem in Thieme-Beckers Künstlerlexikon ange
ten Than (Apati) Mor (Moritz) identischl
wurde 1828 in Ungarn geboren, studierti
1851 an der Wiener Akademie, war ansi
ßend in Paris und Rom - hier zeichnete er t
sche Volkstypen - und starb 1899 in Triest
vielfach sozialkritischen Darstellungen, wie
beitslosigkeit, Wohnungsnot, Kinderbettelei
anderes", ergeben mit den übrigen Typen
aus der Monarchie in Wien zusammenströi
einen bedrückend realistischen Quersi
durch alle Schichten der Bevölkerung
Übergangszeit, wie ihn kein anderes vergl
bares literarisches oder künstlerisches Doku
bisher bot. Ein wahrer Wienerischer Mikri
mos bietet sich dem Betrachter dar, der k
lerisch und kulturgeschichtlich wertvoll g
wäre, in einem Neudruck zugänglich gemac
werden. Der in Abb. 13 gebrachte „Num
„Szinhazi szelga (Theater-Diener ", ist der l
Vertreter seiner Gattung. Die älteste und l:
einzige Darstellung brachte 1804 der Kc
von Ludwig Maillard 15. Ferdinand Raii
war während seiner Lehrzeit als Zuckerbi
auch ein solcher „Numero" im Burgtheater.
Von Ladislaus Eugen Petrovits, dessen Vers
zur Wiederbelebung des im Vormärz so r
lären Mandelbogens scheiterten, ist als Va
zu seinen zahlreichen Typen nur eine sigr