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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 127)

 
 
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bei Opiz erstmals abgebildet wurdew. Hier liegt 
der einzige ikonographische Beleg für eine 
Aschensammlerin vor, und außerdem taucht 
auch der Ruf „An Oschen! Oschen!" erstmals 
auf, den Ferdinand Raimund als Refrain seines 
Aschenliedes im „Bauer als Millionär" verewigte, 
in dem er selbst im typischen Kostüm mit Butte 
und Aschenkrücke die Hauptrolle verkörperte". 
Auch die Darstellung des Wasserbauers (vgl. 
Abb. 6), der mit seinem Ruf „A Wosser hob i do, 
Danewosserl wer schoft a Wossa!" (Ein Wasser 
habe ich da, Donauwasser! Wer wünscht ein 
Wasser!) Wasser für Koch- und Waschzwecke 
verkaufte, ist für die unzureichende Wasserver- 
sorgung Wiens im Vormärz charakteristisch ". 
Zu den bisherigen neun Aquarellen von Georg 
Emanuel Opiz des Historischen Museums, deren 
Entstehungszeit zwischen 1825 und 1830 anzu- 
setzen ist", kamen durch eine glückliche Neu- 
erwerbung von 1972 noch zehn signierte Aqua- 
relle vom gleichen Typus hinzu". Sie alle unter- 
scheiden sich von den Kaufrufszenen von 1804 
bis 1812 wesentlich, sowohl in der Vorzeichnung 
als auch in der künstlerischen Ausführung und 
Auffassung. Anstelle der kräftigen Farben der 
Gouachen scheint bei diesen zart ausgeführten 
Aquarellen die Bleistiftvorzeichnung durch. Der 
derb karikierende Realismus ist einem roman- 
tischen Idealismus gewichen, wie er etwa dem 
Biedermeier-Sittenbild eigentümlich ist, zu des- 
sen Vorläufer Opiz gehört. Ähnlich den 1825 
erschienenen „Leipziger Meßszenen" mit 18 Blatt 
und dem Leipziger Kaufruf von 1830 mit sechs 
Blatt" war auch ein Wiener Kaufruf geplant, 
für den diese 19 Aquarelle bestimmt waren. 
Als Beispiel für den neuen Stil mögen die Abb. 9 
und 10 dienen, während Abb. 11 einen Vergleich 
mit der früheren Epoche zuläßt. Ob Opiz diese 
Aquarelle während eines zweiten Wiener Auf- 
enthaltes geschaffen hatte, der bisher nicht nach- 
zuweisen ist, oder aus der Erinnerung auf Grund 
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von Studien und Skizzen seiner ersten Wiener 
Zeit, kann vorläufig nach nicht einwandfrei fest- 
gestellt werden "ä Ein Gegenstück zum türki- 
schen Pfeifenhöndler (Abb. 9) ist der griechische 
Pfeifenhändler aus dem Bilderbuch um 1835, 
beide sonst nirgends mehr belegt". 
Von vier Vorlagen zu einer größeren, nicht 
numerierten und zahlenmäßig nicht mehr fest- 
stellbaren Serie von Wiener Typen aller Art, 
Aquarell- und Federzeichnungen von Friedrich 
Kaiser, die als „Mandelbagen" beim Verleger 
und Kupferstecher valkstümlicher Graphik Franz 
Barth um 1840 erschienen, befinden sich drei im 
Besitz des Historischen Museums (ein italienischer 
Gipsfigurenverkäufer, „Der arme Poet" und „Der 
Allerwelts-Dinderl"", sämtliche von 1839) und 
eine in Privatbesitz (ein Hausherr im Schlaf- 
rock, 1838). Die Zuschreibung der unsignierten 
Originale erfolgte auf Grund der z. T. signierten 
Stiche, und die Dotierung ergab sich durch das 
„lmprimatur" des Zensors auf den Originalen". 
Vorlagen für eine nicht erschienene Kaufruf- 
serie sind 41 Aquarell- und Federzeichnungen 
von Franz Gerasch, zwischen 1845 und 1848 
entstanden, von denen eine, der Leichenbestat- 
ter, im Besitz des Museums der Wiener städti- 
schen Bestattung ist". Neben Typen, die sonst 
nirgends festgehalten sind, wie der „Essigmann" 
oder der „Evangelimann" (Straßensänger von 
Evangelientexten)", ist der „Schirmhändler" 
(vgl. Abb. 12) besonders bemerkenswert, weil 
er die einzige Kaufruftype ist, die biographisch 
bekannt ist. Moriz Bermann beschreibt ihn sehr 
lebendig, nennt seinen Namen, seinen Spitz- 
namen („Hahnreiter") und seine Lebensdaten". 
„Wien in 101 Bildern, beobachtet, entworfen, 
liquidirt und adiustirt durch Ladislaus von 
Thann. Wien im Monate Juni 1857", so betitelt 
sich der erste Band von flott hingeworfenen 
Bleistift- und Sepiaskizzen. Ein zweiter Band mit 
der gleichen Anzahl von Typen schlaß sich an. 
Der goldgeprögte ungarische Titel auf b: 
Einbänden „Torzkepek" (Zerrbilder) weist 
lich auf die satirische Absicht und der 
Feder ausgeführte kalligraphische Titel auf 
Veröffentlichung hin, die nicht erfolgte. Es 
die größte Folge, die [e geschaffen w 
Typen selbstverständlich aller Art, wobei 
jedem Bild die Bezeichnung zuerst in ungari 
und dann in deutscher Sprache stand. Der K 
ler, der sich auf beigelegten 1855 und 
datierten Theaterfigurinen in Aquarell A; 
Than Laszlö (Ladislaus) nennt, ist sicher 
dem in Thieme-Beckers Künstlerlexikon ange 
ten Than (Apati) Mor (Moritz) identischl 
wurde 1828 in Ungarn geboren, studierti 
1851 an der Wiener Akademie, war ansi 
ßend in Paris und Rom - hier zeichnete er t 
sche Volkstypen - und starb 1899 in Triest 
vielfach sozialkritischen Darstellungen, wie 
beitslosigkeit, Wohnungsnot, Kinderbettelei 
anderes", ergeben mit den übrigen Typen 
aus der Monarchie in Wien zusammenströi 
einen bedrückend realistischen Quersi 
durch alle Schichten der Bevölkerung 
Übergangszeit, wie ihn kein anderes vergl 
bares literarisches oder künstlerisches Doku 
bisher bot. Ein wahrer Wienerischer Mikri 
mos bietet sich dem Betrachter dar, der k 
lerisch und kulturgeschichtlich wertvoll g 
wäre, in einem Neudruck zugänglich gemac 
werden. Der in Abb. 13 gebrachte „Num 
„Szinhazi szelga (Theater-Diener ", ist der l 
Vertreter seiner Gattung. Die älteste und l: 
einzige Darstellung brachte 1804 der Kc 
von Ludwig Maillard 15. Ferdinand Raii 
war während seiner Lehrzeit als Zuckerbi 
auch ein solcher „Numero" im Burgtheater. 
Von Ladislaus Eugen Petrovits, dessen Vers 
zur Wiederbelebung des im Vormärz so r 
lären Mandelbogens scheiterten, ist als Va 
zu seinen zahlreichen Typen nur eine sigr
	        
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