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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 20
Shakespeare-Porträte.
Nicht weniger als vier Bildnisse, die alle den Anspruch
darauf erheben, die Züge Shakespeares wiederzugeben,
werden in der nächsten Zeit aus dem Nachlaß der Baronin
Burdett-Scoutts in London versteigert.
Das wichtigste ist das sogenannte „Lumley-Bildni's“,
das seinen Namen nach dem im Jahre 1609 verstorbenen Lord
Lumley trägt, in dessen Besitz es sich befunden haben soll.
Wenn dies nachzuweisen wäre, so würde es das einzige erhaltene
Bildnis des Dichters sein, das mit Sicherheit aus seiner Zeit
stammt. Wie aber in der ,,Times“ Herr M. H. Spielmann
ausführt, der die vier Bildnisse eingehend untersucht hat, ist
dieser Nachweis nicht zu erbringen. Auch sprechen stilistische
Gründe gegen das dem Gemälde zugeschriebene Alter. Die
darauf dargestellte Persönlichkeit ähnelt in hohem Grade dem
sogenannten ,,Chandos“-Porträt, so daß Spielmann vermutet,
die beiden Bilder stellen die nämliche Person, nicht aber
Shakespeare dar.
Lebhaft umstritten ist ein zweites, „Felton“ benanntes
Bildnis, dessen Alter und Echtheit an und für sich unzweifel
haft sind, obwohl eine nicht mehr zu entziffernde Inschrift
vielleicht eine spätere Zutat bedeutet. Dieses Gemälde diente
einer berühmten Fälschung eines Kupferstechers gegen Ende
des 18. Jahrhunderts, als es zum erstenmal auftauchte, zur
Grundlage.
Die beiden anderen Bildnisse lehnt Spielmann durchaus ab.
Ihre Herkunft ist unbekannt. Das nach „Burdett Scott“
benannte Bild, vermutlich das Werk eines deutschen oder
niederländischen Meisters, ist nach der eingehend begründeten
Ansicht des Kritikers vor Shakespeares Zeit entstanden; das
sehr geschickt aufgemalte Wappen des Dichters muß eine
spätere Zutat sein. Endlich besaß dip Baronin Burdett-Coutts
das schönste einer Gruppe von Bildnissen, die man dem italie
nischen Meister Zuccaro zuzusprechen pflegt, der um 1574
nach England kam, als Shakespeare erst zehn Jahre alt war,
und schon bald darauf nach Florenz zurückberufen wurde.
Er kann daher unmöglich den Dichter als et-wa Dreißigjährigen
gemalt haben.
Spielmann läßt die Frage nach dem Meister dieses Bildes
offen, doch weist er nach, daß der Porträtierte kaum Shake
speare sein kann. Es sprechen sowohl die bekannten Züge der
echten Porträte als auch das Kostüm der Figur dagegen; die
Attribution wird übrigens durch keinerlei Dokumente unter
stützt und geht auf eine willkürliche Benennung des früheren
Besitzers des Gemäldes zurück. Trotzdem ist anzunehmen, daß
sich im Auktionsraum ein lebhafter Kampf um den Besitz
dieser Werke abspielen wird, da Shakespeare-Porträte sehr
selten auf dem Markt erscheinen.
Wilhelm v. Bo des Bibliothek.
Am 29. November und den folgenden Tagen erfolgt
bei Rudolph Lepke in Berlin die Versteigerung des
ersten Teiles der Bibliothek Wilhelm v. Bodes.
Was den Gelehrten veranlaßt, sich seiner Bibliothek
zu entäußern, darüber spricht er sich in dem Vorwort
zum Katalog aus, das ein Zeichen von unserer Zeiten
Schande ist, und darum hier wörtlich Platz finden
soll.
Es lautet: Einem Gelehrten kann kaum ein härterer
Schlag treffen, als der Zwang, seine Bibliothek zu ver
äußern. Ich bin zur Abgabe des größten Teiles meiner
Bibliothek gezwungen durch die Notlage, in die mich
unser wirtschaftlicher Niedergang seit dem Zusammen
bruche nach dem Kriege gebracht hat. In der beschei
denen Villa, die ich mir vor 36 Jahren erbaut hatte und
seither mit meiner Familie bewohnte, mußte ich auf
Verlangen des Wohnungsamtes mehrere Zimmer ab
geben. Wenn ich mein Haus nicht gänzlich umbauen
und dafür mehrere hunderttausend Mark ausgeben
wollte, wäre dies nur in der Weise möglich gewesen,
daß meine Bibliothek und mein Arbeitszimmer in zwei
verschiedene Stockwerke gelegt worden wäre, bei
meinem Alter und einem chronischen Venenleiden, eine
Unmöglichkeit! So mußte ich mich entschließen,
vom größeren Teil meiner Bibliothek, namentlich von
den meisten großen Prachtkatalogen und Zeit
schriften, mich zu trennen und mich auf meine Hand
bibliothek zu beschränken, soweit s ; e in meinem
Arbeitszimmer Platz finden konnte. Besonders schwer
wird es mir, eine Anzahl mir verehrter Werke und die
zahlreichen, wertvollen Separatdrucke von Kollegen
und Bekannten, mit zur Versteigerung zu geben. Aber
bei meinem hohen Alter, und da ich im Museumsdienst,
namentlich seit mehr als einem Jahrzehnt durch den
Kampf um die Ausführung der Museumsbauten ver
braucht bin, so werden diese Arbeiten in der Hand
jüngerer Kollegen bessere . Dienste tun, als bei mir,
der ich zwar das Bedürfnis nach wissenschaftlicher
Betätigung gottlob noch im vollem Maße empfinde,
aber bei meiner Unbeweglichkeit zu sehr auf das Durch-
und Umarbeiten älterer Publikationen beschränkt bin.
Wer weiiß, wie bald auch der Rest meiner Bibliothek,
der mir jetzt noch bleibt, denselben Weg gehen wird. 1 '
Der Katalog umfaßt im ganzen 1356 Nummern.
Einfuhr von Kanstgegenständen in die Schweiz
Die neuen am 25. Juli in Kraft getretenen Be
stimmungen betreffend die Einfuhr von Kunst
gegenständen in die Schweiz, lauten:
Art. 1. Die Einfuhr der unter nachstehende Zolltarif-
Hummern fallenden Waren:
Zolltarif-
nummem:
Gemälde 328/329
Bildhauerarbeiten aus mineralischen Stoffen . . . 599/60Ö
Glasmalereien 701ä
Bronzewaren 839b
Statuen aus Metall . 1163b
Art. 2. Einfuhrgesuche sind durch den Empfänger der
Ware auf besonderen Formularen in dreifacher Ausfertigung
beim Departement des Innern (Departementssekretariat)»
Bern, einzureichen. Formulare können vom genannten Sekre
tariat bezogen werden.
Art. 3. Der Gesuchsteller soll seinem Einfuhrgesuch wenn
immer möglich eine gute Photographie der Kunstwerke
beifügen; im ferneren kann er ihm Gutachten von Sach
verständigen über den künstlerischen Gehalt der zur Einfuhr
angemeldeten Gegenstände beilegen, deren Berücksichtigung
dem Departement des Innern Vorbehalten bleibt.
wird von der Einholung einer vom eidgenössischen Departe
ment des Innern auszustellenden Bewilligung abhängig ge
macht.
Art. 4. Findet das Departement die Besichtigung der
Kunstgegenstände trotzdem für nötig, so kann es vom Gesuch
steller verlangen, daß er dieselben auf seine eigene Rechnung