Werner Kitlitschka
Die Kartons
für den Bilderschmuck
des Wiener Opernhauses
Ursprünglich hochgeschätzt, sind die Kartons für
die in den Jahren von 1864 bis 1869 entstandene
Bildausstattung des Wiener Opernhauses im
20. Jahrhundert bisher nur wenig beachtet wor-
den. Bruno Grimschitz erwähnt die zweifellos zu
den Spitzenleistungen österreichischer Zeichen-
kunst zählenden Schöpfungen in seinem an sich
ausgezeichneten Buch über „Die österreichische
Zeichnung im 19. Jahrhundert" nicht. Außer
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Carl Rahl und Moritz von Schwind nahm Grim-
schitz keinen der im Opernhaus tätig gewe-
senen Maler in die allerdings bereits l928 er-
schienene Publikation auf.
Im Winter 1955156 stellte die Österreichische Ga-
lerie Schwinds Entwürfe für die Opernbilder,
darunter auch einige Kartons, aus. Weiters
machte die im Jahre 1969 aus Anlaß des hundert-
jährigen Bestandes der Oper veranstaltete Jubi-
läumsausstellung auf die sorgfältig auf Leinwand
kaschierten und gerahmten Kohlekartons aus
dem Besitz der Graphisdwen Sammlung Albertina
aufmerksam. Mit dem 1972 im Zuge der Erfor-
schung der Wiener Ringstraße erschienenen Buch
über das Opernhaus waren die wissenschaftli-
chen Grundlagen gegeben, um die Kartons in
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einer DOIIGBFGUSSTBIIUUQ prasemreren zu K!
Die Albertina zeigt heuer in Schloß Graf
bei Krems eine Auswahl aus den rund l4l
tons und wird im nächsten Jahr einen we
Teil des Depatbestandes ausstellen.
Vor dem verhängnisvollen Brand des .
1945 waren sämtliche Prachträume der V
Oper mit Bildern ausgestattet. Sowohl d
chitekten als auch die übrigen Mitglieds
Opernhaus-Baukomitees sahen im maler
Schmuck der Räume eines der wesentli
künstlerischen Gebote. In Verbindung mi
vorragender Dekoration und Marmorskuli
von kühler Noblesse wurden die Werk
Malerei vor allem zur Erreichung eines fe
kostbaren Gesamteindrucks eingesetzt. D
haltliche Seite der Bilder kam hierbei woh
zu kurz, wurde jedoch der Gesamtwirkun
zu den frühesten und führenden Gesamt
werken im Bereich der Ringstraße zähl
Räume untergeordnet.
Beim Vergleich der ausgeführten Bilder rn
gleich großen Kartons gewinnt man der
druck, in den Malereien seien nicht alle
lerischen Möglichkeiten ausgeschöpft W!
die zur Realisierung der betreffenden Bilc
zur Verfügung standen. Die Ausführun
Kohlezeichnung auf Papier - eben als Ka
erscheint als zweite autonome Möglichkeit
dem Olbild beziehungsweise dem Fresk:
Karton ist hier nicht primär eine im Arbei
zeß notwendige Vorstufe der endgültiger
führung, sondern ein selbständiges grapf
Kunstwerk ohne - und dies ist besonders cl
teristisch - die geringsten koloristischen P
tungen. Zwei unterschiedliche künstlerische,
chen" stehen zur Formulierung ein und des:
Themas zur Verfügung. Diese „Zerspaltung
Kunstgattungen hat bereits Hans Sedlma
für das 19. Jahrhundert kennzeichnend h
gehoben.
Anläßlich einer Sitzung des Opernhau
komitees kam der offizielle Grund für di
schaffung und Aufbewahrung der Kartor
Sprache: Die Zeichnungen sollten im Fall:
terer Restaurierungen oder Erneuerunge
Opernbilder als Unterlagen verfügbar sei
die Künstler lag der Ansporn zu äußerst
fältiger Ausführung iedoch gewiß nicht in
Zweckbestimmung, ihnen schwebte vielme
„reine" Zeichnung als besonderer künstler
Wert vor. Die asketische, alles auf die Umr
reduzierende Zeichenkunst John Flaxman
Buonaventura Genellis oder die monume
Kartons des Peter Cornelius waren nicht
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