prornierien senncnen vuiuien uineiscincuiiciiei
Größe aus einem nach unten zu anschwellenden
Baluster, einem Motiv, das der Symmetrie halber
ieweils auch dreimal auf den reliefierten Quer-
seiten verwendet wird, sowie durch gelegentlich
vorkommende agraffenartige Eckprofile, die
sich aus stilisiertem Akanthuslaub entwickeln.
Außer kleinen Festons mit Rosenzweigen setzt
sich der übrige Dekor der Wangen aus völlig
symmetrisch verwendetem Laub- und Bandel-
werkornament zusammen. Als Vorbild für diese
Motive kommt wohl in erster Linie die in zwölf
Heften ersdlienene Folge „Neu lnventirtes Laub
und Bandel Werck" des Nürnberger Goldschmie-
demeisters und Ornamentstechers Johann Leon-
hard Eysler (gest. 1733) in Betracht". Den passig
geschweiften acht Reliefs auf der Rückseite ent-
sprechen auf der Stirnseite des Gestühls eben-
falls ie acht Relieffelder. Auf Grund dieser sicher
keinesfalls zufälligen Symmetrie sowie des Ge-
samtaspekts ergibt sich, daß der ursprüngliche
Umfang der aus der einstigen Schwarzspanier-
klosterkirche stammenden „Oratarien" mit dem
der heutigen Kirchenbänke in der Augustiner-
kirche offensichtlich kongruent ist. In den ab-
weichend gerahmten stirnseitigen Reliefs ent-
faltet sich eine reiche, sehr dekorativ gestaltete
Emblematik. Die Form dieses Arrangements ist
von bemerkenswerter Eleganz. Sie erinnert durch-
aus an höfische Arbeiten, wie sie nach Entwür-
fen des Oberhofbaumeisters Joseph Effner der
junge Straub als Geselle vor seiner Wander-
schaft, das heißt bis zum Jahre 1725, für die
Innenausstattung in den „schönen Zimmern" der
Residenz in München und für Schlaß Schleißheim
zu schnitzen hatte. Die auf der Stirnseite des
Kirchengestühls angebrachten emblematischen
Arrangements, die, ihrem Stil nach zu urteilen,
unzweifelhaft Zusammenhänge mit dem soge-
nannten „Effner"-Stil in München erkennen las-
sen, beziehen sich sowohl auf allegorisierende
Darstellungen aus dem Alten und Neuen Bund
wie auch auf die Wiedergabe einzelner kirchli-
cher Geräte. Der achtteilige Reliefzyklus an den
Rückwänden setzt sich aus passig geschweiften
Relieftafeln stets gleichen Formats (72 x 101 cm)
zusammen. Sie sind an einer Bank ieweils paar-
weise angebracht. Dadurch daß zur dekorativen
Umrahmung ieweils nur ein Schema verwendet
wurde, ergibt sich für den Betrachter der Quer-
ansicht des Kirchengestühls ein sehr geschlosse-
ner Gesamteindruck. In der kräftig zupackenden,
schnitzerischen Gestaltung äußert sich ein Form-
wille, der als ausgesprochenes „BildhaueW-Or-
nament zu charakterisieren ist. Es liegt deshalb
nahe, von dem ganzen Werk als einem typischen
„Bildhauer"-Kirchengestühl zu sprechen. Unter
Berücksichtigung der Reihenfolge in der ur-
sprünglichen Aufstellung sind in diesem Zyklus
folgende Themen dargestellt.
I. ALTES TESTAMENT
1. Mases schlägt Wasser aus dem Felsen (2. Mos.
17, 1-6).
2. Aufrichtung der Ehernen Schlange (4. Mos. 21,
8-9).
3. Prüfung Abrahams durch die von Gott befoh-
Iene Opferung seines Sohnes Isaak (1. Mos.
22, 1-18).
4. Brandopfer des Hoheripriesters Aaron, d. h.
Sühneopfer zur Reinigung seiner aussützigen
Schwester Miriam (4. Mas. 19, 1 ff. - nach
4. Mos. 12, 10).
24
a. cnrisnis uilu aus eneorecneiisuie vveiu (JUII.
B, 3-11).
Die einigende ikonagraphische Idee dieser Sze-
nen ist die Gestalt Christi. Die vier alttestament-
lichen Reliefs weisen alle auf Christus hin, und
zwar: Opferung Isaaks, die Erhöhung der Eher-
nen Schlange (vgl. Joh. 3,14-15) und das Sühne-
opfer für Miriam auf Christus als Sühneopfer des
Neuen Bundes, das Quellwunder Moses auf Chri-
stus als Gnadenquell des Neuen Bundes (vgl.
1, Kor. 10, 4). Diesen alttestamentlichen Proto-
typen entsprechen aber nicht mehr wie in der
mittelalterlichen lkonographie die darauf bezo-
genen Ereignisse des Neuen Testaments. Die vier
aus dem Neuen Testament ausgewählten Szenen
erweitern die Christusvorstellung durch neue
Seiten: Lehramt, Priesteramt und Einsetzung der
Kirche. Christus als Lehrer tritt uns in dem Relief
„Christus lehrt im Tempel" entgegen. Die Vertrei-
bung der Wedlsler aus dem Tempel und das
ehebrecherische Weib weisen auf das Priester-
amt Christi hin. Die Petrusszene wurde immer als
Einsetzung der Kirche betrachtet (vgl. 3. Mos. 4,
13). Im Hintergrund des Reliefs ist ein Rundbau
zu sehen. Er stellt „Ekklesia" dar. Angesichts des
hier vorliegenden, genau durchdachten theologi-
schen Programms fragt man sich, wer es ent-
worfen hat. Wie das der Straub-Kanzel in Laxen-
burg zugrundeliegende Programm ist es gleich-
falls dem Protektor des Bildhauers zuzuschreiben.
Es war dies der als ungewöhnlich kunstfreundlich
gerühmte Anton Vogel von Krallern, Prälat des
Schwarzspanierklosters von 1708 bis zu seinem im
Jahre 1751 erfolgten Tode.
Den gegebenen Zeitumständen nach hätte man
eigentlich erwartet, daß Stiche aus der rund
eine Generation älteren Bilderbibel von Johann
Ulrich Krauß (Augsburg 1705) als Vorbild für die
Reliefkompositionen herangezogen worden wä-
ren. Überraschenderweise ist dies iedoch nicht
der Fall. Man muß schon bis in das 17. Jahrhun-
dert zurüdrgehen, um auf der Suche nach den
dafür in Betracht kommenden Bildquellen fün-
dig zu werden. Immerhin gelang es, für nicht
weniger als fünf der acht Relieftafeln entspre-
chende, wenn auch ieweils nur partiell verwen-
dete Vorbilder in Gestalt von querformatigen
Stichen zu finden, wohingegen für die wesent-
lich seltener dargestellten Szenen der Reliefs
Nr. 4 und 7' solche bisher nicht eruiert wer-
den konnten. Als partielles Vorbild für die ie-
weilige Hauptfigur bzw. Hauptgruppe der übri-
gen Wiener Reliefs erwiesen sich Stiche aus
zwei seinerzeit weitverbreiteten Bilderbibeln,
deren Illustrationen ihrerseits wieder unterein-
ander nahe verwandt sind. Es handelt sich dabei
zunächst um das jüngere Werk „Figuren bib-
lischer Historien Alten und Neuen Testaments"
(Ausgabe Wien 1679) des Kupferstechers Mel-
chior I. Küsel (1626 - um 1683)5. Er ist der Schü-
ler und Schwiegersohn von Matthäus Merian
d. Ä. (1593-1650)f, von dessen Bilderbibel (Ge-
samtausgabe Straßburg 1630) nur eine Illustra-
tion als partielles Vorbild für das Relief Nr. 8
Verwendung fand. Der von Fall zu Fall anzu-
stellende Vergleich ergibt demnach, daß für die
Zentralfigur der Kompositionen der Reliefs Nr.1,
2, 5 und 6 partiell der ikonographisch entspre-
chende Küsel-Stich als Vorbild herangezogen
wurde. Für die in Innenräumen spielenden Sze-
nen, d. h. für die Reliefs Nr. 5, 6 und 8, er-
scheint es charakteristisch, daß als Fußboden
Il wien, Augustinerkircne, J. o. Strauo, iurl
stühl, Relief Nr. 8, Christus und das eheb
sche Weib
12 M. Merian, Christus und das ehebrect
Weib. Kupferstich, 1630
Anmerkungen 3-6
"R. Berliner, Ornamentale Vorlage-Blätter des
1B. Jahrhunderts, Leipzig 1926, extbd., S. 81
Tatelbd. Il, 324, 2 und 341, 3 (hier „um 1720" d:
Versehentlich wurde aus dem zweiten Vornamen
hard" ein „Lea old", was hiermit zu berichtil
Vgl. G. Waecke, Die Anton Braunsche Rechenr
in Wien (1727) und ihre Getiöuseverzierung di
hann Baptist Straub in: Alte und moderne Kur
1973, S. 19 ff., bes. S. 24. Ferner: Th-B X,
'Mit der Komposition von Relief Nr. 7 ist motivi
Zeichnung (16,4 x 10,1 cm) von Joseph Christ (17
zu ver lelchen, die vielleicht als Vorlage für eirii
grnpirflr anzusprechen ist. Vgl. A. Feulner, Die Sa
Hofrat Sigmund Röhrer, Augsburg 1926, lll, Zelch
Nr. so, s. 4a. _
'Reprographisdier Nachdruck der Ausgabe wie"
Faksimiledruck nach dem Ex: der Herzog-Au us
thek, Walfenbüttel, Hildesheim 1968 (Georg hi
lagsbudihondlung). Altes Testament, I, Nr. 1B, ll
und Nr. 11, ebenda, Neues Testament, I, Nr.
Nr. 39,11, Nr. 2.
ÄZu M. Merian vgl. die van P. Meinhold besorg
abe „Matlhaeus Merian. Die Bilder zur Bibel'
gurg 1965, Abb. S. 75, 216 und 236. - Uberrasi
weise gehen die Illustrationen von zwei anderen
Niederlanden bzw. in Frankreich gedruckten
Bibeln" ebenfalls dUf M. Merian zurück. VgL: Jar
Schabaelie, Historische Besdiri'ving Van hat Ieval
Heeren Jesu Christi, Leeuwar an (: Löwen) bei
16131, Illustr. gegen. s. 7a, 430 und 656. - Ferner
Louis Le Maitre, dit de Sacy, Paris 1752
Desprez - P. G. Cavellier (1. Auflage 1725?],
S. 117, 437 und 461.