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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 129)

gerunrte LhOrgeSlUhl gellerert nat. Aulier rranz 
lgnaz Günther hat in München vor allem Roman 
Anton Boos (1733-1810) sich stilistisch am Relief- 
stil J. B. Straubs orientiert, wobei er diese Art 
der Reliefgestaltung bis in die Anfänge des Ro- 
kokoklassizismus fast unverändert beibehielt. 
Dies ist zu erkennen, wenn man ein Relief van 
R. A. Boos, „Heilung des Blinden" (114 x 60 cm), 
einst am Korpus der Kanzel (1782) in der Mün- 
chener Frauenkirche, mit den Wiener Straub- 
reliefs vergleicht. Dies ist künstlergeschichtlich 
insofern aufschlußreich, als der alte Bildhauer 
(gest. 1784) die Entstehung eines solchen Werks 
noch selbst miterlebt hat". Die Perfektion in der 
technischen Durchführung dieses Reliefs, das von 
R. A. Boas, dem Schüler bzw. dem späteren 
Schwiegersohn des Künstlers, geschnitzt wurde, 
kann iedoch keinesfalls darüber hinwegtöuschen, 
daß die rund ein halbes Jahrhundert ölteren 
Wiener Straub-Reliefs in der künstlerischen Erfin- 
d ng den jüngeren Stücken bedeutend überlegen 
sl 
Zwischen der gerade damals in Wien besonders 
im Flar stehenden Kunst des Reliefs einerseits 
und dem charakteristischen Reliefstil Straubs 
andererseits gibt es stilistisch keine Berührungs- 
punkte. Der gleiche Sachverhalt ergibt sich, was 
nicht überrascht, zwischen dem Stil der Wiener 
Großplastik jener Zeit und dem der Skulpturen, 
die Straub damals in Wien schuf: nachzuprüfen 
bei den Figuren an der Kanzel in Laxenburg. 
Der Straubsche Reliefzyklus kann es in der 
Qualität überraschenderweise mit gattungsglei- 
chen Werken aufnehmen, die der Wiener Prota- 
gonist Georg Raphael Donner" schuf, wabei 
freilich zu berücksichtigen ist, daß von diesem 
so gut wie keine Halzreliefs bekannt sind. Aus 
einem solchen Vergleich ergibt sich weiterhin, 
daß bei Straub die Stilfixierung - auch auf dem 
Gebiet des Reliefs - längst abgeschlossen war, 
bevor er sich, auf der Wanderschaft, für einige 
Jahre in Wien niederließ. Bei der sich anschlie- 
ßend ergebenden Frage, welche Reliefs im 
künstlerischen Werdegang Straubs als stiIbilden- 
des Element vorausgesetzt werden müssen, ist 
hier in erster Linie auf "n überaus reich ausge- 
stattetes Chorgestühl mit einem umfangreichen 
Reliefzyklus hinzuweisen, das der aus Uberlingen 
stammende Bildhauer Georg Anton Machein 
(1685-1739) "' für die ehemalige Prämanstraten- 
serklasterkirche in Schussenried zwischen 1715 
und 1718 angefertigt hat. Hier, d. h. in der 
Kunstlandschoft Oberschwaben, liegen unserer 
Ansicht nach die unmittelbaren Voraussetzungen 
für die Reliefschnitzkunst des schwäbisch-bayeri- 
schen Bildhauers J, B. Straub. Der von diesem 
Meister gegen 1732 vollendete Reliefzyklus, der 
in der vorliegenden Arbeit erstmals veröffent- 
licht wird, gehört zweifellos zum Bedeutendsten, 
was auf diesem Gebiet im vortheresionischen 
Wien geschaffen wurde. 
23 J. B. Straub, Chorgestühl, um 1755. Eichenholz, 
Aufsatz in Weiß und Gold gefaßt. Schdftlarn, 
ehem. Prämonstratenserklosterkirche 
24 G. A. Machein, Chargestühl, Südseite, 1715- 
1718. Nußbaum geschnitzt. Schussenried, ehem. 
Prömanstratenserklosterkirche St. Magnus 
c Unser Autor; 
Dr. Gerhard P. Woeckel 
Zentralinstitut für Kunstgeschichte 
Forschungsunternehmen 
Q-München, Meiserstraße 10 
Anmerkungen 8-10 
' R. Jonen, Roman Anton Boos in: Münchner Jahrbuch der 
bildenden Kunst, N. F., 1937130, Xll, S. 281 ff., bes. S. 296 
mit Kat. m, s. 30a (Gegenstücke im Bayerischen Natio- 
rlalmuseum in München] - Weinmüller Aukt. 146 v. 14., 
15. u. 16. 3. 1973, Kot-Nr. 1070 (Umschlag-Abo). 
' Bei dem Versuch, DonnerrReIie s mit solchen von Straub 
in Wien zu vergleichen, stößt man auf zeitliche Schwierig- 
keiten, sind doch die Reliefs des Erstgenannten meist er- 
heblich später entstanden. Die Donner-Reliefs 
Kanzel im Dom zu Gurk wurden beispielsweise so 
um lnom gegossen. Vgl. K. Blauensteiner, 
Raphael Donner, Wien W44, s, 44 mit Nr. swz, s 
den Abb. awz. 
lnrliea xxlll, s. slsxsia (unter „Mclchus".) Vgl 
o. Woeckel, Johann Joseph Christian von Riedllng 
aberschwäbisrher Bildhauer des Rokoko, Lindau u 
stanz 195a, s. 71a.
	        
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