Notizen
Österreichische Galerie:
Spätgotik in Tirol.
Secession:
Malerei und Graphik in Tirol 1900-1940
Im Zuge eines Austausd1programms zwisdten
dem Kulturamt der Stadt Wien - teilweise in
Zusammenarbeit mit der Österreichischen Galerie in
Wien - und dem Tiroler Landesmuseum Ferdinan-
deum kamen im Juni 1973 zwei Ausstellungen
zustande, welche Tiroler Kunst zum Gegenstand
hatten und in Wien einigermaßen wenig Bekanntes
und zum Teil auch völlig Unbekanntes zeigten. Die
eine Ausstellung im Oberen Belvedere brachte
„Spätgotik in Tirol", die andere, in der Wiener
Secession, „Malerei und Graphik in Tirol 1900-1940".
Beide Ausstellungen waren Epochen gewidmet, die
große Bedeutung in der Kunst Tirols haben. Das
Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum besitzt eine
reiche Sammlung gotischer Kunst, die in der
Schausammlung dieses Museums nicht vollständig
sichtbar ist. Deshalb bestand die Tiroler Spätgotik-
Ausstellung in einem überwiegenden Maß aus
Leihgaben dieses Instituts, die durch Bestände der
Österreichischen Galerie und durch Werke aus
Privatbesitz ergänzt wurden. In 70 Katalognummern
wurde mit dieser Ausstellung in den Räumen der
Österreichischen Galerie ein Überblick über das
Thema gegeben. Als besonders bemerkenswert sind
Werke von Michael, Friedrich und Hans Pacher, von
Marx Reichlich, Andreas Haller und Hans Schnotter-
beck sowie die Statuetten der Familienheiligen des
Hauses Habsburg von Jörg Kölderer, Leanhard Magt
und Stefan Godl hervorzuheben.
Die zweite Ausstellung, die nach Wien gebracht
wurde, trug den Titel „Malerei und Graphik in Tirol
1900-1940", war von dem Maler Wilfried Kirschl
zusammengestellt worden und eben in der Wiener
Secession zu sehen. Als zentrale Gestalt erschien
naturgemäß Albin Egger-Lienz, von dem immerhin
21 Arbeiten zu sehen waren. Vorwiegend waren
Werke der Spätzeit des Malers, wie „lla, die iüngere
Tochter des Künstlers", „Die Mütter", „Tote Hasen"
und „Studie zum Toten der ,Pietä'", vertreten. Bei
den Werken anderer Maler, die in dieser Ausstel-
lung zu sehen waren, konnte man die starke
Wirkung, die dieser Maler auf seine Zeitgenossen
ausübte, spüren. Von den Beeinflussungen abge-
sehen, denen natürlich auch dieser Maler ausgesetzt
gewesen war, wurde mit seinen Bildern abermals be-
wiesen, daß er ein Eigenständiger war, dessen Be-
gabung sich in starker Weise durchsetzte. Grob
gesprochen, traten bei fast allen anderen Malern
der Ausstellung Beeinflussungen zu Tage. So Ein-
flüsse des lmpressionismus - vor allem seiner
Münchner Prägung, wie bei Max von Esterle, Josef
Durst, Leo Putz und Friedrich Hell - oder des
Münchner Jugendstils und des Wiener Secessionis-
mus, wie bei Artur Nikodem, Eduard Thöny und
Carl Moser. Die Bekanntschaft mit dem Werk Egon
Schieles war für manche entscheidend, wie für
Alfons Walde oder Ernst Nepa. Der Einfluß der
Neuen Sachlichkeit, des Magischen Realismus und
natürlich auch der Malerei des Hauses der deutschen
Kunst in München machte sich geltend. Die Neue
Sachlichkeit und die Kenntnis der Bilder von Rudolf
Wacker ist bei Rudolf Lehner spürbar. Sepp Orglers
Bilder konnte man als Werke eines Schülers von
Herbert Boeckl erkennen. Es bot so also die erste
seit langem in Wien sichtbare Zusammenstellung
moderner Malerei aus Tirol den Überblick über
eine stark von Vorbildern abhängige Kunst. Das
Bild täuscht aber auch, da es keine einheitliche,
zusammengefaßte Tiroler Malerei dieser Zeit gibt,
sondern die meisten Tiroler Künstler eben im
Zusammenhang mit anderen Räumen, München,
Paris und Wien, zu verstehen sind. Aber es sind
Entdeckungen darunter, wie etwa Rudolf Lehner
oder Lea Putz. Hier sind Qualitäten zu finden, denen
man vorbehaltlos beachtlichen Rang zuerkennen
muß.
Die Ausstellung war insofern ein Ereignis, als sie
überhaupt zum ersten Mal in Wien Tiroler Kunst
dieses Zeitraumes dem Publikum bewußt machte.
Robert Waissenberger
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Basel - Robert Strübin, Ahnherr der Op-Art,
und N. D. Brown mit J. Selway
in der Galerie Schreiner
Der Galerie Schreiner in Basel am Rümelinsplatz -
sie ist auch in Paris, Rue St. Denis, beheimatet-
ist es zu verdanken, daB ihr zeitlebens verkannter
großer Landsmann Robert Strübin, man sprach
sogar von einem 2. Fall van Gogh - in einer
Ausstellung gezeigt werden loonnte. Strübins Werk,
das vor allem auf Musik basiert, bezeugte bereits
Jahrzehnte vor Vasarely den Ursprung der Op-Art
derart eindringlich, daß man ihn mit Fug und Recht
den Ahnherrn der Op-Art nennen kann.
Anschließend zeigte man hier vom 8. Juni bis
7. Juli I. J. die Schau „New Realism - Neil Dallas
Brown and John Selway" (Abb. 25).
Berlin - Erich Heckel, 90. Geburtstag
Die Berliner Galerie Nierendorf bringt zum
90. Geburtstag eine Retrospektive von Erich Heckel.
Vom 2. Juli bis zum 20. November 1973 wird das
Guvre des Künstlers in Aquarellen, Zeichnungen und
Graphik vorgestellt. Der zum Anlaß erscheinende
Ausstellungskatalog - eingeleitet von Alfred
Hentzen - beschreibt die 200 ausgestellten Werke
und ist zugleich das 30. Heft in der Reihe der
„Kunstblätter der Galerie Nierendorf" (Abb. 26).
Essen - Kinder und Erwachsene spielen
Mit einer interessanten Veranstaltung trat das
Museum Folkwang, Essen, in der Gruga 1973 vor die
Öffentlichkeit. Unter dem Titel „Kinder und
Erwachsene spielen" rollte den Juli über in Abstän-
den ein viergeteiltes Kombinationsspiel ab, das sich
unterteilte in die Einzelspiele: Puppenspiel, Sand-
spiel, Malspiel, Schallspiel. Beitrag Österreichs sind
Elfe und Wil Frenken aus der Werkstatt Breiten-
brunn, die die Autoren des Sandspiels gewesen sind.
FlorenzlMailand - Ghizzardi und
5 Naive aus Italien
Von Dr. Arsen Pohribny der Fondation Prinaf,
FIorenzlMailand, vorbereitet, veranstalteten die
Galerie am Rabensteig und das Italienische
Kulturinstitut Wien die Ausstellung „Ghizzardi und
5 Naive aus Italien". Hauptträger-der Schau war
Pietro Ghizzardi, der seit vierzig Jahren besessen
malt und zeichnet. Vorwiegend Frauenporträts. Er
findet Frauen zwar schön, doch ihr Inneres-sieht er
böse. Landschaft und Tiere malt er gütiger und
wird dabei märchenhaft. Die übrigen „5 Naiven"
Francesco Galeotfi, StanislaoiNeIlo Ponzi, Primo
Berganton, Enrico Benassi und Rosario Lattuca sind
mit ihren Arbeiten in der so bekannten Welt der
naiven Malerei richtig heimisch (Abb. 27).
Italienisches Kulturinstitut
Vittoria de Vito-Piscicelli
Das Italienische Kulturinstitut in Wien und der
Kulturverein „Dante Alighieri" präsentierten vom
13. bis 30. Juli 1973 Werke der iungen italienischen
Malerin Vittoria de Vito-Piscicelli. Der Direktor
des Museums des 20. Jahrhunderts, Dr. Alfred
Schmeller, zur Künstlerin: „Es ist immer wieder
überraschend, wenn spontan und zwingend ein
Mensch seine schöpferische Begabung entdeckt und
sich selbst findet. Das Schöne daran ist, daß damit
die Trennwand zwischen dem Künstler und dem
Laien durchlöchert wird" (Abb. 28).
London - Thomas Gibson Fine Art Ltd.
Im Juni 1973 präsentierte die Londoner Gibson
Fine Art Ltd. in der Londoner New Band Street das
Werk von Alberto Giacometti, Porträt der Mutter
des Künstlers, 1947. O1 auf Leinwand, 44,5 x 31 ,B cm.
Das Werk war bereits 1955 in der Londoner Arts
Council Gallery und 1965 in der Londoner Tote
Gallery in Ausstellungen gezeigt worden (Abb. 29).
Nürnberg - Picasso-Dessins 1970-1972
Wir notierten kurz die von der Albrecht-Dürer-
Gesellschaft im Nürnberger Pilatushaus veranstal-
tete Ausstellung „Picasso-Dessins 1970-1972". In
einer Einbegleitung zitiert der Vorsitzende der
Gesellschaft, Harald Loebermann, Picasso, der ge-
legentlich einer Ausstellung von Kinderzeichnungen '
über sich selbst sagte, „als ich ein Kind war,
konnte ich zeichnen wie Rattael, aber ich habe ein
Leben gebraucht, um so zeichnen zu lernen wie sie".
Die Albrecht-Dürer-Gesellschaft ist beglückt dar-
über, daß diese erste Ausstellung in ihren neuen
Ausstellungsräumen im Pilatushaus einer so großen
Künstlerpersönlichkeit wie Picasso gewidmet werden
konnte.
Ebenfalls in Nürnberg fand in Zusammenarbeit mit
dem Van Abbe-Museum, Eindhoven, die vorher in
Düsseldorf gezeigte Ausstellung „Die Straße -
Form des Zusammenlebens" statt. Hierorts mit dem
angesdtlossenen Sonderteil „Wir Nürnberger und
unsere Straßen: Probleme - Tendenzen - Lösungen".
Der Direktor der Kunsthalle Nürnberg, Curt Heigl,
führte in die Ausstellung ein, die eine Vielfalt von
Themen aufweist, u. a. Die Straße, Folge und
Voraussetzung des lZusammen-lLebens - Die Aktion
hat die Straße schon verlassen - Die Straße, die
Gemeinschaft und ihre Evolution - Die chinesische
Straße als politisches Phänomen - Die Natur in der
Nähe u. a. m. Die Schau fand vom 16. Juni bis
I9. August 1973 statt (Abb. 30).
München - Neues BMW-Zentrum
Der österreichische Architekt Prof. Karl Schwanzer
konnte endlich am 18. Mai das seit lanem vor-
bereitete und vielbesprochene Proiekt des BMW-
Zentrums realisiert sehen. Dieses neue Wahrzeichen
der Stadt an der Isar, 22stöckig, mit vierteiligem
Rundbau des Verwaltungsturmes, mit Museum,
Bildungszentrum, Kantine, Werkstätten und
Garagen, bildet den neuen städtebaulichen Kristal-
lisationspunkt, der laut Roland Rainer durch die
„nahtlose Übereinstimmung von Funktion, Konstruk-
tion und baulichem Gestaltungswillen das Sinnbild
einer Autofirma" darstellt.
ParislWien - Verlon bei Würthle
Andre Verlons Wandteppiche waren in einer
Festwochen-Ausstellung der Wiener Galerie
Würthle in der Weihburggasse zu sehen. Zu diesen
sagt Peter Söhlke, Paris: „Die Wandteppiche Verlons
stellen gegenüber den alten Techniken der
Tapisserie eine Erneuerung im Geist und in der
Form dar." Verlon, der in den letzten 15 Jahren
in über 50 Einzelausstellungen in Europa und
Übersee sein Werk zeigte, wird 1975 in der
Österreichischen Galerie Ulbilder und im Öster-
reichischen Museum für angewandte Kunst eine
Retrospektive seiner Wandteppiche und der seiner
im März d. J. verstorbenen Frau (Hanna Lipshiz)
zeigen (Abb. 31).
Praa - Piranesi und Manzü
Die Nationalgalerie Prag im Palais Waldstein
zeigte vom 15. Juni an eine Exposition des (Iuvre
gravee von Giovanni Battista Piranesi (1720-1779).
Der hervorragende italienische Künstler des
18. Jahrhunderts wird in 14 Serien von Radierungen
importanter Werke gezeigt.
Eine zweite Ausstellung italienischer Kunst präsen-
tiert die Nationalgalerie in dieser Saison mit dem
Werk des Bildhauers Giacomo Manzü, die im
Palais Belvedere vom 26. Juni bis 29. Juli stattfand.
115 Werke des Künstlers, entstanden in den Jahren
1937 bis 1973, waren, nach der ersten Exposition 1966
in der Prager Galerie Kramar, Grundstock dieser
zweiten so wichtigen Ausstellung des Künstlers.
StraßburglEuroparatlZürich - Start der
Kampagne zum Schutz der Denkmäler
Europas
Vom 4. bis 7. Juli 1973 tagten in Zürich 300 Dele-
gierte aus 28 europäischen (darunter Österreich)
und drei nichteuropäischen Ländern. Architekten,
Konservatoren, Designer, Stadtplaner, Lokalautori-
täten, Journalisten, Parlamentarier und offizielle
Regierungsvertreter bildeten unter dem Vorsitz Mr.
Duncan Sandys, Großbritannien, dem Präsidenten
der EAHY und „Europa Nostra", eine universelle
Institution. Man faßte in einer Generalresalution,
drei Resolutionen und zwei Anhängen die ge-
samte Problematik des Schutzes der „Monumente
Europas" zusammen. Unter dem Slogan „A Future
for Our Fast" soll 1975 als das „European Architec-