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Doroheum
KUNSTABTEILUNG, WIEN, I.,DOROTHEERGASSE11,
Tel. 52 3129
602. Kunstauktion
4., 5., 6. und 7. Dezember 1973
Gemälde alter und moderner Meister, Graphik,
Skulpturen und Holzarbeiten, antikes Mobiliar,
Antiquitäten, Asiatika, Waffen
Besichtigung: 29. und 30. November,
1., 2. und 3. Dezember1973
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schwierigsten: die Beschaffung der Kunstobiekte.
ln einer Zeit stärkster Aufgeklärtheit und Transpa-
renz, in der der Konsumgedanke eine so große
Rolle spielt, gelingt es dem Händler nur mit Wagnis
und Spürsinn für das Kommende, das eine oder
andere Zeugnis vergangener Epochen zu erwerben.
Die jahrelang aufgebauten Kontakte zu Sammlern
speisen wiederum den Kunstmarkt mit neuen, der
Öffentlichkeit noch nicht bekannten Kunstgegen-
ständen. Gerade die Beziehung zwischen Sammler
(Kunde) und Händler wirkt befruchtend und bringt
wechselseitig neue Erkenntnisse. Denn in erster
Linie verdanken wir dem z. T. extravaganten
Spieltrieb (Sammeltrieb) einzelner, daß uns wert-
volles Kulturgut erhalten blieb. So bilden und
bildeten private Sammlungen immer die Grundlage
für Museen. Kostbare Obiekte wurden zur eigenen
Freude und Erbauung erworben. Die private Samm-
lung ist in unserer Zeit geschätzt und berechtigt,
denn sie ist persönlich und unmittelbar. Daher zählt
es zu den wichtigsten Aufgaben des Kunsthändlers,
den Sammler, seine Kunde, fachgerecht zu betreuen.
Dazu bedarf es eines umfassenden Wissens, das
ständig erweitert werden muß. Denn nur dann
werden von seiner Seite zutreffende Angaben über
das zu erwerbende Stück gemacht werden können,
nur dann kann er Bescheid geben über Herkunft,
Entstehung und Material, Angaben beibringen zum
Künstler oder Hersteller. Und eine stilgeschichtliche
Einordnung basiert natürlich nur auf diesen Voraus-
setzungen. Der Kunsthändler findet echte Befriedi-
gung in dem Vertrauen, das ihm entgegengebracht
wird, in seiner Wertschätzung als Fachmann und
Experte.
Allerdings der Leichttertigkeit und Großzügigkeit
in der Klassifizierung eines Obiektes muß mit
Entschiedenheit entgegengetreten werden. Die
ungeheure Breite der verschiedensten Sammel-
gebiete, ieden Lebensbereich erfassend, bringt
auch beim Kunsthändler eine Spezialisierung mit
sich. Der Interessent findet daher meist auch seinen
Partner in dem Händler, der sich vorwiegend mit
seinem Sammelgebiet beschäftigt. Verantwortungs-
bewußt wird der Kunsthändler die Interessen seines
Kunden wahren. Neu Hinzukammenden zeigt er die
konzentrierte geistige Kraft auf, die in den schein-
bar leblosen Dingen steckt, die so groß ist, daß sie
nach dem Leben, nach dem Weiterleben im geistigen
Bereich verlangt (Feuchtmüller). Nicht zu vergessen
ist die Tatsache, daß viele Kunsthändler selbst
Sammler sind. Sie lieben ihr erhaltenes Kulturgut
und sehen, wie der feinfühlige Private, in der
geistigen Auseinandersetzung mit diesem den
besonderen Reiz. Daraus wird verständlich, wie
schwierig es für sie sein mag, sich van dem einen
oder anderen Obiekt wieder zu trennen - doch der
lnteressentenkreis wächst ständig, ebenso ver-
pflichtend der Ruf.
Abschließend sollte kurz noch auf den steten
Anstieg des Preisniveaus verwiesen werden. Durch
die immer stärkere Konkurrenzierung der Sammler,
der Museen (öffentliche Hand) und Händler sowie
durch die ständige Verknappung des Anbotes wer-
den oft so erstaunliche Preise erzielt, daß es dem
autorisierten Händler nicht mehr möglich ist, ein-
zukaufen. Er besitzt vielfach nicht mehr die finan-
zielle Kraft, um frei und beweglich disponieren zu
können. Dies führt - alles in allem - zur Tatsadte,
daß ein wirtschaftlich gesunder Kunsthandel seine
kulturell wichtige Mittlerfunktion nie verlieren wird.
Wolfgang A. Siedler
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