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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 3

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Garderobe, und zur Einrichtung des leeren Bretterschuppens als Theater. Kelemen 
sammelte die Mitglieder, die sich zum Theil schon zerstreut hatten, wieder und warb neue 
an, unter denen sich die Namen Franz Sehy, Ladislaus Pesthy, Johann Läng, Ignaz 
Szep, Gabriel Papp, Varsanyi, Michael Varady, Maria Lipthay, Elisabeth Kelemen, 
Fräulein Bagolyi finden. Von Kelemen aufgefordert, wurde der theaterkundige Benedikt 
Protasevitz Regisseur und später Director. Am 5. Mai 1792 fand die erste Vorstellung 
statt; man gab den „Findling". Die erhaltenen Berichte zollen den Vorstellungen das 
größte Lob. Dennoch konnte sich die Gesellschaft, mit wechselndem Glück, nur wenige 
Monate erhalten. Sie feierte eine Zeit lang, aber sie verlor Muth und Hoffnung nicht, 
vielmehr gelang es ihr, als die deutschen Bühnen einen neuen Pächter bekamen, zu 
erwirken, daß sie abwechselnd mit den Deutschen in dem einen oder anderen deutschen 
Theater spielen durfte. 
So vergingen sechs Jahre des Kampfes unter mannigfacher Anerkennung und 
Aufmunterung und im Ganzen mit ansehnlichem moralischen Erfolg, während freilich die 
materielle Lage in Folge der überwiegenden Gleichgiltigkeit bereits das Elend streifte. 
Im Jahre 1796 löste sich die Truppe auf. Ein Theil griff zum Wanderstab und ver 
suchte unter Kelemens Leitung sein Glück in der Provinz. 
In diesen sechs Jahren der ersten Schauspieltruppe entstand auch eine ungarische 
Bühnenliteratur. Die Schriftsteller gingen mit großem Eifer an die Schaffung von 
Originalstücken, wie an die Bearbeitung und Übersetzung fremder Bühnenwerke, so: 
Kazinczy, Dugonics, Ladislaus Szentjöbi-Szabö, Christoph Simai, Matthäus Szomor, 
Peter Bärany u. s. w., und von den Schauspielern: Kelemen, Lang, Sehy, Varsanyi, 
Ernyi und Andere. 
Das erfolgreichste Mitglied der Truppe war von Anfang an Anna Moor, die sich 
im Jahre 1793 mit dem Comitatsbeamten Josef Rehäk verheiratete. In heroischen und 
sentimentalen Stücken war sie hinreißend durch ihre edle Erscheinung und die einfache 
Natürlichkeit ihres ergreifenden Vortrags. Fanny Termeczky, die spätere Frau Ernyi, 
versuchte sich auch in Singspielen und hätte, nach den damaligen Berichten, bei gehöriger 
Ausbildung ihrer Singstimme eine wahre „Virtuosa" werden können. Maria Lipthay 
scheint der Liebling der Jugend gewesen zu sein, welche für sie, gegen Kelemen und Anna 
Moor, sogar Demonstrationen veranstaltete. Unter den Männern war unstreitig Ladislaus 
Kelemen selbst das größte Talent; als Schauspieler, Inspizient, Regisseur, Director, 
Schriftsteller und Übersetzer entfaltete er einen unermüdlichen Eifer, auch vertrat er die 
Truppe den Behörden gegenüber stets würdig und wirksam. 
Die ganze Zeit hindurch war es das Pester Comitat, das die Sache der Schau 
bühne mit der größten Wärme förderte. Ihm schlossen sich fast sämmtliche Comitate an,
	        
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