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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 132)

Unter den ersten Bauten, mit denen Josef Hoff- 
mann in den Jahren 1902-1903 in Wien Auf- 
sehen erregte, befanden sich auch die Villen 
seiner Künstlerfreunde Kolo Moser und Carl 
Moll. Im Jahre 1906 bezog dann Carl Moll ein 
neues Haus in der Wollergasse in Döbling, das 
in der Literatur als Haus Moll ll bekannt ist. 
Nach Carl Molls Tod im Jahre 1945 erlitt dieser 
Bau zahlreiche Veränderungen, so daß seine 
ursprüngliche Gestalt kaum mehr zu erkennen 
war. Erst der neue Besitzer, ein begeisterter 
Sammler des Wiener Jugendstils um die Jahr- 
hundertwende, betraute dann Architekt Prof. 
Erich Boltenstern mit der Aufgabe, den ur- 
sprünglichen Zustand wiederherzustellen und 
lieferte damit ein äußerst schätzenswertes Bei- 
spiel einer zeitgenössischen Anerkennung der 
architektonischen Konzeption Josef Hoffmanns. 
Im folgenden berichtet Prof. Boltenstern über 
die Maßnahmen, die notwendig waren, um 
dieses eher bescheidene Haus in seinen einstigen 
Zustand zurückzuversetzen. Mit diesem Auftrag 
eines engagierten Besitzers und der Realisie- 
rung durch einen hervorragenden Architekten 
im Geiste Josef Hoffmanns wurde für Wien ein 
Bauwerk aus einer Glanzzeit der österreichi- 
schen Architektur gerettet. I 
Am 23. März 1971 erteilte mir der Bauherr des 
Hauses Wollergasse 10, das Josef Hoffmann für 
den Maler Carl Moll um die Jahrhundertwende 
errichtet hatte, den schriftlichen Auftrag zur 
Renovierung desselben. Dieser Brief enthält 
folgenden Satz: „Soweit wie überhaupt nur 
möglich, jedoch ohne den Zubau abzufragen, 
sollte der Charakter des ursprünglichen Hoff- 
mann-Hauses wiederhergestellt bzw. erhalten 
werden. Dies bezieht sich nicht nur auf die 
Fassade, sondern auch auf Türen und Fenster." 
Es ist dies die Einstellung eines Bauherrn, wie 
sie heute selten zu finden ist und die es er- 
möglichte, ein denkmalwürdiges Haus, das der 
Bauherr in einem sehr verwahrlosten und ver- 
bauten Zustand übernommen hatte, wieder zu 
neuem Leben zu erwecken. 
Das Haus war ursprünglich als Einfamilienhaus 
erbaut worden. Im Erdgeschoß befand sich ein 
Iönglicher Wohnraum, der von der Straßenseite 
bis zum Garten reichte und eine Veranda vor- 
gelagert hatte. Der Wohnraum lag auf der lin- 
ken Seite eines Vorraumes, der in der Mitte 
zum Stiegenaufgang führte und auf dessen 
rechter Seite die Küche lag. 
Die Stiege war um vier Pfeiler angelegt, die vom 
Parterre bis zum Dachgeschoß reichten und in 
der Mitte einen durchgehenden Freiraum hatte. 
Im ersten Stock waren Schlafräume und Bade- 
zimmer untergebracht. lm Dachgeschoß befand 
sich ein großes Atelier mit einem Nordfenster. 
Durch Einbeziehung der Dachschrögen war eine 
sehr lebendige Raumform entstanden, die mit 
ihren verschiedenen Höhen und Verschneidun- 
gen sehr abwechslungsreich wirkte. 
Nach dem Tode von Carl Moll im Jahre 1945 
wurde das Haus geteilt und von zwei Parteien 
bewohnt, die eine Reihe von Einbauten vornoh- 
men, die die ursprünglichen Ideen Hoffmanns 
weitgehend zerstörten. Im Erdgeschoß wurde 
der große Wohnraum mehrfach unterteilt, und 
vor oIIem wurden in den schönen Stiegenraum- 
Besenkammern und Abstellräume eingefügt, die 
den Raumeindruck völlig auslöschten. 
Im Äußeren war an der Gassenseite die ur- 
sprüngliche Form noch erkennbar, in dem turm- 
artigen Eckbau war im I. Stock ein Fenster aus- 
gebrochen worden, das ohne [ede Beziehung zu 
den übrigen Fenstern der Fassade stand. 
An der Gartenseite waren dem ursprünglich 
sehr einfachen Baukörper noch unter Moll Zu- 
bauten angefügt worden, nach 1945 waren ein- 
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