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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 132)

Bewußtsein füt Relativität Iüßt sie keineswegs 
so bedeutungsschwanger auftreten wie etwa den 
Deutschen Beuys, der seine Gedanken mit philo- 
sophisch-tierischem Ernst entwickelt und zele- 
briert. Doch die Leichtigkeit, mit der etwa ein 
Pichler seine Träume zeichnet, hindert ihn nicht, 
seine Objekte akribisch genau zu gestalten, läßt 
Gruppen wie die „Haus-Ruduer" oder „Himmel- 
bIau" ihre Proiekte gründlich entwidzeln - nur 
daß sie sich stets spielerisch-heiter tarnen. 
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Den Fluchtweg aus technoid-mörderischer Um- 
welt (Othmar Zechyr visualisiert sie metapho- 
risch als eine aus Masrhinen und Maschinentei- 
len zusammengesetzte Landschaft) gehen natür- 
lich auch, freilich in einer oberflächlicheren, 
den Alltag dekorierenden Weise, die Künst- 
ler des „Phantastischen Realismus", deren we- 
sentlichste Werke allerdings schon in den fünf- 
ziger Jahren entstanden. Diese wienerische Spiel- 
art, mit der die Phantasten eine gewiß eigen- 
willige Variante des internationalen Surrealis- 
mus kreierten, wirkt freilich auch heute nach 
stark nach. Erich Brauer etwa, der das Winkel- 
maß verdammt und sich selbst ein gängigen 
Architekturbegriffen widersprechende: Haus in 
Israel baute, oder Ernst Fuchs wirken nun freilich 
mehr als Animateure und wie ein buntes Muster 
im regen österreichischen Kunstbetrieb. 
Leherb führt in den sechziger Jahren gesell- 
schaftliches Normalverhalten ad absurdum, und 
sein „Zeitzerstörungsmanitest" - umgesetzt in 
allerlei plastische Gebilde - birgt, clownesk 
verbrömt, manchen Denkansatz zur Auseinander- 
setzung mit den ungelösten Problemen des 
Menschseins in einer menschenunwürdigen tech- 
nischen Welt. 
Die theatralische Attitüde, mit der phantastische 
Künstler, audi solche, die nicht unter dem 
Schlagwort „Wiener Schule" segeln, auftreten, 
läßt sie nicht von ungefähr oft beim Theater 
landen (und auch diese Neigung zum Theater 
läßt sich unschwer als spezifisch österreichischer 
Zug deuten): Fuchs, Brauer, Wolfgang Hutter, 
auch Hubert Aratym haben Hervorragendes für 
die Bühne geleistet. 
Der theatralischen Verbrämung der Wirklichkeit 
entspricht auf der anderen Seite bewußtes Rea- 
gieren auf Ist-Bestünde. Teils in poetischer Me- 
taphorik - wie etwa bei Rudolf Hausners 
„Laokoon"-Varianten als Sinnbildern mensch- 
licher Verstrickung in Technik, oder in Karl Ka- 
rabs magischer Bilderwelt, die in der surrealisti- 
schen Internationale einen ganz eigenen Klang 
setzt -, teils in kritischem Reagieren auf die 
Egoismen einer Konsum- und Überflußgesell- 
schaff - wie bei den „Wirklichkeiten"-MaIern 
oder bei den neuen Realisten (Adolf Frohner, 
Peter Carer, Ulrich Gansert, Gottfried Helnwein). 
Sie alle freilich sind österreichische Parallelen 
zu weltweiten Strömungen, auch wenn sie da 
und dort redit persönliche oder ungewöhnliche 
Akzente setzen. (Anton Lehmdens Fresken etwa 
sind ein durchaus merkwürdiger Versuch, eine 
alte Technik für heute fündig zu machen, ein 
Versuch, der kaum Vergleichbares in der moder- 
nen Kunstproduktian kennt.) 
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Sucht man nach wesentlichen Impulsen, 
Österreich ausgingen oder ausgehen, sti 
wieder auf die Architektur. „Wenn 
walde einen hügel finden, sechs schuh lc 
drei schuh breit, mit der schaufel pyrt 
förmig aufgerichtet, dann werden wir er 
es sagt etwas in uns: hier liegt jemand 
ben. Das ist architektur", schrieb Ada 
Das Bewußtsein vom kuItisch-sakralen U 
der Architektur, der Architektur als Kunst 
in unserem so materialistischen Zeitalter 
Iich verdrängt. Heute wird es von einer 
Reihe österreichischer Künstlerarchitekten 
erweckt. 
Hans Hollein stellt eine ganze Ausstell 
Mönchengladbach) unter das zentrale 
Tod, schafft für die letzte Biennale in l 
eine Reihe merkwürdiger Kultabiekte. 
Fichler, der wichtigste Künstler dieser l 
und wohl auch einer der wichtigsten, die 
reich in den letzten Jahren hervorgebra 
schafft Plätze und Pilgerstätten mit 
Funktion, entwirft Schreine und Bahr 
Kreieren „individueller Mythologien" I 
große Schlagwort der letzten „docu. 
rangiert Österreich an vorderster Stel 
Hang zum Transzendieren, zur Metaphy 
Bildung eines Mythos in wurzellosen Zei 
zieht sich freilich weniger auf Sigmunc 
denn auf die Archetypen Jungs. 
In solchen Regionen lößt sich auch das 
tive Mal-Ritual eines Hundertwasser an 
dessen Art zu malen ihresgleichen sui
	        
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