Österreichs Museen besitzen, nicht nur im ge-
samten gesehen, eine Vielfalt van Kunstsamm-
lungen unschätzbaren Wertes, sondern auch in
einzelnen Sammlungen selber sehr kostbare Ra-
ritäten, die ihresgleichen in der Welt suchen.
Eine solche stellt die Obiektegruppe des so-
genannten „Hamza-R0mones" dar, die seit dem
Jahre 1873 im Besitz der heutigen Kunstblätter-
sammlung der Bibliothek des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst ist. Zum hun-
dertiährigen Jubiläum der Wiener Weltausstel-
lung 1873 sind in vorangegangenen Heften un-
serer Zeitschrift einige Themen behandelt wor-
den. Im Anhang daran folgt dieser Beitrag.
Gleichfalls var hundert Jahren nämlich bewirkte
eine glückhafte Fügung, daß im persischen Pa-
villon der Weltausstellung vom damaligen Lei-
ter der Bibliothek des Österreichischen Museums
für Kunst und Industrie sechzig Blätter der vor-
liegenden Handschrift aus der Zeit der Mogul-
kaiser - eines der bedeutendsten Zeugnisse der
islamischen Kunst des I6. Jahrhunderts - ent-
deckt wurden. Und nicht nur entdeckt, sondern,
in ihrer künstlerischen Bedeutung sehr wohl ein-
geschätzt, sofort für die iunge, im Aufbau be-
findliche Bibliothek des Museums erwarben wer-
den konnten. Wenn man auch noch bedenkt,
daß gerade auf dieser Weltausstellung 1873 in
Wien erstmals Europa mit der Welt des Nahen
und Fernen Ostens konfrontiert wurde, so ist
diese damals ad hac vorgenommene Erwer-
bung von heute her gesehen als besonderer
Glücksfall zu bezeichnen.
Die romanhafte Erzählung liegt in einer Reihe
van Bruchstücken vor, aus denen der Verlauf
der Geschichte in den wesentlichen Zügen re-
konstruierbar ist. Allerdings sind die dem Mu-
seum gehörenden Blätter nur ein geringer Teil
des Ganzen. Darüber hinaus existieren nach
zwölf persische, drei arabische und eine tür-
kische nichtillustrierte Ausgabe. Die „sagenhafte
phantastische Dichtung, die sich nur in wenigen
Punkten an die geschichtliche Figur ihres Helden
hält" (Glück), hat doch im ganzen gesehen einen
historischen Hintergrund. Emir Hamza mit sei-
nem Beinamen „der Fürst der glücklichen Kon-
stellation" war ein Onkel des Propheten Mo-
hammed, der an den ersten Glaubenskämpfen
des Islam teilnahm, bei der Schlacht bei Badr
erwähnt wird und in der Schlacht bei Uhut im
Jahre 625 den Tod fand.
In die sagenhaft ausgeschmückte Geschichte die-
ses Helden schieben sich nun folgende histo-
rische Ereignisse:
'l. die islamische Eroberung van Syrien und
Persien;
2. die Kämpfe des Islam gegen den Kaiser von
Byzanz;
3. die Kämpfe zwischen den sassanidischen per-
sischen Königen und Byzanz;
4. der Feldzug des Sassanidenkönigs Chosrau I.
(531-578) gegen den Kakhan, den Herrscher
der Turkvölker Transoxaniens.
Aus dem letzteren wird in dem Roman das Auf-
treten Hamzas am persischen Hof geschildert
und damit der Beginn der ganzen Erzählung.
Jener sossonidische König Chosrau tritt als
Aenuschiraewan im Roman auf. Zu all dem aber
tritt auch die Geschichte der mohammedani-
schen Eroberung Indiens, wodurch eine gewisse
Angleichung des Kampfes der Großmogule an
die Eroberungszüge Hamzas entsteht. Durch die-
sen komplizierten historischen Hintergrund er-
geben sich manche Vermischungen, so wie Aenu-
schiraewan zum Teil als Auftraggeber Hamzas
und sein Verbündeter, da Hamza seine Tochter
heiratete, auftritt, andererseits aber doch als
Iranier gegen den Islam steht. Abgesehen von
diesen historischen Grundlagen, zeigt der Ro-
man in der Fassung des späten I6. Jc
derts - als wahrscheinliche: Datum seint
stehung müssen die siebziger Jahre des I!
hunderts angenommen werden - die Auf
der verschiedenartigsten Heldensagen um
tungemSo wurde vieles von iahrhunderteal
gentradition zurück bis zurOdyssee und de
ander-Romanen in dieser Dichtung verarl:
In kurzer Inhaltsangabe geht es in dem
um folgende Geschichte: In der Varges
werden der Hof des Perserkönigs Aenus
wan und seiner Wesire wie die Jugend I-
beschrieben. Der erste Teil beginnt mit
Aufstand gegen den Perserkönig, bei dem
zu Hilfe eilt und nach dem für den Köi
fachtenen Sieg nach Mekka zurückkehrt.
schiraewan holt aber Hamza wieder in
Hauptstadt; dort verliebt sich Hamza
Tochter des Königs, Mihrnigar. Im folg
werden eine Reihe von Abenteuern Hamz
schildert, aus denen er immer wieder als
heimkehrt. Alle diese Unternehmungen sin
auf die Intrigen der Wesire des Königs z
zuführen, die die Heirat Hamzas mit de
zessin verhindern wollten. So zieht Harn
gen den König von Ceylon und befreund
dort mit seinem anfänglichen Gegner Lot
hur, der von da an einer seiner treuestt
gleiter bleibt. Weiter kämpft er gegen E
gegen die Ägypter und unternimmt eine
lang dauernde Aktion gegen das Geist
im Kaukasus. Dort heiratet er eine Gen
er schließlich den eroberten Teil des l
schenkt, die auch bis zum Schluß der Erzt
mehrfach wieder auftaucht. Nach all
Abenteuern und endlicher Rückkehr au'
Kaukasus findet die Ehe mit Mihrnigar st
folgenden aber gerät er mit dem Perse
in Streit, der nach Abessinien flieht un
Hamza verfolgt wird. Hamza wird dc
kurze Zeit gefangengenommen, von :
treuesten Freund Emr befreit und kehrt s
lich als Sieger wieder zurück. In einem
lichen Streit mit dem Perserkönig wird f
gar ermordet und an ihrem Grab der trat
Hamza gefangengenommen, von Freundei
wieder befreit.
Im zweiten Teil führt Hamza eine Reih
Heldentaten und Feldzügen gegen Unglä
das sind die Franken, die Byzantiner, d
nischen Feueranbeter und die Sonnenai
Hamza wird dabei von seinen Söhnen Ul
keln und einem Bruder unterstützt, der:
bens- und Liebesgeschichten in die Erz:
eingeflochten werden. In diesem Abschnitt
wohl historische Ereignisse aus der mittelt
chen Geschichte des Islam ihren Nieder:
Am Ende dieses Abschnittes resigniert de
serkönig Aenuschiraewan, und sein Sohn tri
Islam über. Dieses Ereignis weist auf die e
tige Eroberung Persiens durch den Islam u
Mohammedanisierung dieses Landes hin.
Im dritten Teil erscheint ein Riese, Zun
Schah, mit einem Heer von Zauberern, Ul
diesem verbündet lraeg, der Anführer der
anbeter. Wieder erlebt Hamza viele Abe
und Schlachten gegen diese Feinde, b
viele von ihnen zum Islam und erreicht St
Iich den Tod und die Besiegung der I
Anführer. Die Blätter der hier vorlieg
Handschrift stammen zum größten Teil am
sem Abschnitt.
Den Schluß der Erzählung bildet die Rüt
Hamzas nach Mekka und das Zusamment
mit seinem Neffen, dem Propheten Mohai
mit der großen historischen Schlacht von
in der Hamza als Glaubensheld fällt. An
Seite finden seine Freunde Laendaehur
und Sae'd den Heldentod. In diesem Teil