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Nostalgie einer romantischen Generation: Selbst
Kleinkunst, die oft nicht über den „Souvenir"-
Wert hinauskommt, ist ein gefragter Artikel ..
12 Alfred Kubins Zeichnung „bric ä brac" (Trödler-
krom) um das Jahr 1915
rer Kunstwerke von Werten bis etwa
Schilling, die sich zu einem großen Teil a
ziehern fester Gehälter rekrutieren, müsse
eindringlicher als früher überlegen, ob sie
Lebensstandard zugunsten ihrer Kunstsan
gen einschränken sollen." Was wiede
Folge hatte, daß zum Beispiel kleinere
nehmungen, aber auch die Münchner A
tätenmesse oder die Oktoberauktionen 1
1973 zeigten, wo 1974 den Händlern Preisle
turen nicht erspart geblieben sind und m1
abgebaut werden mußte, was man währe:
Krise gehortet hatte.
Diese „Zeit"-Analyse gibt die Situation
wieder. Sie berücksichtigt allerdings nicht, t
Entwicklungskurve sich seit den sechziger .
im großen obzeichnete. Denn sie versch
doß die dollarknappen Amerikaner - e
wie nun ganz unvorhergesehen die Japc
sich von der Londoner Weltkunstbörse zur
zogen haben. Gierige Sammelwut wie n:
Zeiten des US-Pressezoren William Rat
Hearst, der nach 1900 ganze Klöster in E
aufkaufen und nach Amerika abtranspo
ließ, gibt es nicht mehr. Zu den letzten g
Anköufen zählten 1961 Rembrandts „Aristr
für fast 70 Millionen Schilling, 1968 R
„Pont des Arts" für 43 Millionen, 197i
Goghs „Zypressen und der Baum in Blüt
34 Millionen, alle bei Parke-Bernet verst
sowie das 1966 für rund 150 Millionen von
sten von Liechtenstein nach den USA ver
Leonardoeda-Vinci-Porträt „Ginevra dei l
Wohl werden in New York und London na
mer Millionen für das eine oder andere
national „gesuchte" Meisterwerk gezahlt,
Sensationspreise, wie noch 1971 die 100
nen für Tizians „Tod des Actaeon", g
kaum noch.
Die Prognose für den internationalen
markt wie für die regionalen Entwicklun
denzen sollte aber trotz solcher Einschrr
gen dennoch nicht sonderlich pessimistisc
fallen: Denn wer planvoll Qualität gesa
hat, hat in den vergangenen Jahren die
„Aktien an der Wand" gehortet; wer t
nur aus Angst vor dem Geldschwund mit
der Krise wahllos investierte, ist natürlich
vorteilt und ein Opfer der Entwicklung g
den. Und man kann sich hinsichtlich der l
des Booms nur an eine Analyse der „Frc
ter Allgemeinen Zeitung" halten, die g
den positiven Aspekt dieser Entwicklung
kierl: „Je länger die Politik des knappen (
anhält, desto größer die Hoffnung, da
Spreu vom Weizen geschieden wird, s
auf der Seite des Kunsthandels (wo sich Zl
Pseudohändler und Geschäftemacher ett
haben] als auch bei den Käufern. Nach d
ligen Marktbereinigung wird der deutsche
markt im internationalen Verbunde soga
ser als je zuvor dastehen." Was grunds
genauso für Österreich gilt und auch vo
meisten Kunsthändlern und Galerieleiten
längst erkannt wurde: „Der Boom hat dem
vorübergehend zwar geschadet, aber er
eine reinigende Wirkung." Und er hat iedi
gezeigt, wie man es auf keinen Fall mache:
wenn man mit Kunst rasch zu Geld komme
ohne Rücksicht auf Marktmechanismen Ge
machen will, die alle Inflationsraten überst
Ü Unser Autor:
Karlheinz Roschitz
Kunstkritiker
Sonnenfelsgasse 3
A-101O Wien