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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 135)

Für den Kunstsammler 
Kurt Rossacher 
Das Sammeln barocker Kleinplastik 
Wenn wir heute zum Sammeln von Statuetten des 
17. und 1B. Jahrhunderts anregen, wird man fragen, 
0b ein solches Vorhaben heute noch realisierbar sei. 
Schrittweise und unter ständiger Beobachtung eines 
hauptstädtischen Marktes und seiner besten ein- 
schlägigen Geschäfte ist im Laufe von Jahren eine 
solche Sammlung auch heute realisierbar. Die Preise 
sind freilich relativ hoch. Doch es kommt nicht dar- 
auf an, einem bestimmten Meister zugeschriebene 
Stücke zu erwerben, sondern man soll das hochran- 
gige unbestimmte Obiekt suchen. 
Welches sind brauchbare Kriterien, nach denen man 
dabei vorgehen möge? Man beachte, daß das be- 
deutende Stück im kleinen Format innere Monumen- 
talitüt besitze, so daß man vor einer Fotografie des 
Stückes an ein wesentlich größeres - wenn nicht 
sogar lebensgroßes Werk denken würde. Wichtig 
ist die Drehbarkeit, die Mehransichtigkeit des Wer- 
kes. Suchen Sie unter ständigem Drehen die schönen 
Ansichten und meiden Sie Skulpturen, die nur eine 
einzige brauchbare Vorderansicht haben. Das Höch- 
ste ist die vollruncl konzipierte Figur, die bis zu acht 
künstlerisch bedeutende Visierungen besitzt. Bei der 
Holzplastik ist oft die Rückseite skizzenhaft ange- 
legt. Am Geist dieser Skizze zeigt sich der Meister, 
rückwärts lieblos abgeflachte Figuren sind oft Schü- 
lerarbeiten. Beachten Sie auch die oft vorkommende 
Untersichtigkeit eines Werkes, das erst in einer be- 
stimmten Höhe seine Qualität zeigt. In Elfenbein 
und in den Harthölzern Buchs und Birne gibt es 
wahre Köstlichkeiten, meist iedoch von Meistern 
des kleinen Formats, die das harte Material in 
mühevoller Ausdauer meistern. In Weichholz gibt 
es oft überraschende, schnell konzipierte Entwürfevon 
Großplastiken. Unter den Kleinformaten gibt es vor 
allem immer wieder Modelle für Großplastiken, 
welche dem Auftraggeber vorgelegt wurden. Sie 
atmen die monumentale Kraft des größeren ausge- 
führten Werkes. - Ein besonders interessantes Teil- 
gebiet sind die Bozzetti, die meist nur flächig be- 
hauenen oder flüchtig in Ton gearbeiteten Entwürfe 
für Großplastik. Sie sind Skizzen, welche der Mei- 
ster in seiner Werkstatt in seiner Auseinanderset- 
zung mit dem Auftrag anfertigte. Wie iedes Sam- 
meln muß auch auf diesem Gebiete Selbststudium 
weiterhelfen, einschlägige Literatur und vor allem 
der Besuch von Museen, die solche Werke besitzen, 
wie das Kunsthistorische Museum in Wien oder das 
Bayerische Nationalmuseum in München. 
Die Aufstellung dieser kleinen Schätze muß nicht 
hinter Glas in Vitrinen erfolgen. Besonders schön 
eignen sich dafür die heutigen modernen Wondein- 
bauten, wo die Plastiken zusammen mit Büchern 
aufgestellt werden. Doch auch ein großer Barock- 
schrank, der innen beleuchtet ist, eignet sich wie ein 
Schatzhaus zur Aufnahme solcher Sammelstücke. 
Das Wichtigste ist, doß der Interessierte an die Mög- 
lichkeit des Fundes glaubt und offenen erlebnis- 
bereiten Auges den Markt erforscht. 
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