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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 136 und 137)

als räumliche malerische und poetische Einheit "." 
Die Inhalte von Laskes Bildern wiederholen sich 
häufig und dies oft in großen zeitlichen Abstän- 
den. Es sind neben Darstellungen von Land- 
schaften, Straßen und Marktplätzen (Abb. 2 
und 7) hauptsächlich Schilderungen biblischer 
Themen überwiegend aus dem Alten Testament 
(zum Beispiel „Paradies", „Noah", „Jonas", „Da- 
niel in der Löwengr-ube", „Fischpredi-gt" (Abb. 4) 
und „Vogelpredigt des hl. Franziskus") sowie 
mythologische Themen (etwa „Tierfabeln des 
klassischen Altertums") und literarische Suiets 
(„Faust-lmpressionen", „Papageno", „Cid"). Alle 
Werke Laskes zeichnen sich durch eine unge- 
heure Vielfalt der Details aus, sie spiegeln die 
Freude eines Erzählers wider, der auch nicht die 
kleinste Einzelheit seiner Geschichte vergessen 
möchte. Er erzählt Märchen selbst dann, wenn er 
Realität wiedergibt, aber er erzählt diese Mär- 
chen so, als seien sie Realität (vgl. Abb. 5). Der 
Beschauer erhält ieweils Einblick in den ganzen 
Mikrokasmos der dargestellten Figuren. Die Akri- 
bie, mit der er iede einzelne Person präsentiert, 
ist besonders an seinen Bildern, aufdenen große 
Menschenmengendargestelltsind,bewunderungs- 
würdig. „Die Menge hat es Laske angetan; ihre 
bunte Vielgestalt will er malen, ihre unruhige und 
bewegliche Seele erfassen lz." lm Zusammenhang 
mit Oskar Laske wurden deshalb häufig Pa- 
rallelen zu Pieter Brueghel d. Ä. gezogen. Rein 
formal ist der Vergleich naheliegend; sicher ist 
auch, daß Laske die berühmten Werke des 
„Bauernbrueghel" im Kunsthistorischen Museum 
in Wien studiert und bewundert hat. Vom Stili- 
stischen iedoch ist er fest in seine Zeit einge- 
bunden, ohne dabei einer bestimmten Strömung 
zugeordnet werden zu können. Trotzdem wurde 
sogar versucht, Laske mit Ensor in Verbindung zu 
bringen m. So schreibt O. Kallir in dem New Yor- 
ker Ausstellungskatalog „Austrian Expressionists" 
von 1964: „Laske's Bible illustratians - etchings 
and color lithographs - peopled with hundreds 
of figures, show a close relationship to James 
Ensor whose work he greatly admired"." Dieser 
Vergleich erscheint iedoch fragwürdig, denn wäh- 
rend in den großflächigen Gemälden Ensors das 
Maskenhafte, Dämonische, Beängstigende als 
Hauptelement dominiert, taucht es bei Laske nur 
vereinzelt und dann zweitrangig auf. Sein klein- 
teiliger Bildaufbau verweigert schon eo ipso eine 
verwandte Expressivität. Das Spezifische seiner 
Kunst ist der Grundton der Heiterkeit, in der 
auch eine Spur lronie mitschwingen kann; diese 
für sein ganzes Wesen charakteristische innere 
Heiterkeit und Ausgeglichenheit sind allen seinen 
Werken immanent. Der ihm eigene, typisch öster- 
reichische „Stimmungsimpressionismus" (F. No- 
votny) seiner farbenfrohen Aquarelle hinderte 
ihn andererseits nicht daran, eine Affinität zum 
Wiener Jugendstil in Buchillustrationen oder 
Graphiken durchscheinen zu lassen (vgl. Abb. 6). 
Seine Ausbildung als Architekt erklärt die be- 
sondere Bedeutung, die in seinen Bildern dem 
formalen Aufbau zukommt. „Sein Sinn für far- 
bensatte Wirkungen ist sa groß wie sein Talent, 
Bewegung ieder Art glaubhaft zu machen; seine 
überragende Qualität in formaler Hinsicht ist 
aber seine Art zu komponieren, den scheinba- 
ren Wirrwarr seiner übersprudelnden Erfindun- 
gen zu größter Übersichtlichkeit und Eindring- 
lichkeit zu bändigen, den gestalteten Tiefraum . .. 
doch wieder zur Bildfläche zu zwingen". Nur 
schwer Iäßt sich bei Oskar Laske eine Entwick- 
lung des Stils feststellen. Erkennbar ist eine 
zunehmende Vereinfachung der Formen. Anstelle 
der fast unüberschaubaren Details der frühen 
Werke treten großflächigere, oft heftig bewegte 
Farbkomplexe in frei ausgestalteten Raumper- 
spektiven der späteren Zeit. Parallel dazu wer- 
62 
Anmerkungen 1-17 (Anm. 1-10 s. Text S. 60, 61) 
' Ein Verzeichnis der Werke Oskar Laskes liegt bis heute 
nicht VOf. Weder seine Gemälde -[VDr1 denen er in dem 
selbst dngelegten KGtGlUQ "Kbmpasitionen und Zyklen" 
281 Ol- und Temperabilder aufführt - noch seine Graphi- 
ken sind zusammenfassend bearbeitet. Eine Liste der Gra- 
phik aus den Jahren 1904-1921 findet sich im Anhang 
(S. 17-22) des Büchleins von E. Tietze-Conrat, Oskar Laske, 
Wien u. a. 1921. Eine wichtige Quelle ist das Nachlaß- 
Verzeichnis von R. Ernst, Oskar Laske. Der künstlerische 
Nachlaß, hrsg. von L. Schulz-Laske und E. Kesselbauer- 
Laske, Wien 1954. 
'Weixlgärtner,A.,Oskar Laske, in: Die graphischen Künste, 
36. 19., Wien 1913, S. 11-40; 
Tietze, H., oskdr ldske, in; Die Kunst, 29. Jg., Wien 
1914, s. 241-249, 
Gregor, 1., Laskos „Faust-Im ressianen", in: oie graphi- 
schen Künste, 43. Jg., Wien 1 20, S. 24-29. 
'Novotny, F., Oskar Laske, Österreichische Aquarellisten, 
Bd. ll, Wien 1954. 
4 Mrazek, W., Oskar Laske. Zum 1D. Todestag des Künstlers 
in: Kleine Geschichte der modernen Kunst in Usterrei 
seit der Gründung der Wiener Secession, 1961, s. 7-1 
Künstler, G., oskdr Ldske. zum 10. Tddestdd dm so. N 
vembesr 1152i in: Alte und moderne Kunst, e, Heft 5a, 
5 Laske vertrat die österreichische Kunst nidrlt nur in seiner 
Heimat, sondern dudt auf Ausstellungen im Ausland: z. B. 
auf der Internationalen Aquarell-Ausstellung 1923 in Mai- 
ldnd (vgl. The studid, es, 1923, s. 174); ddnn 1950 und 
 
1964 in Amerikd (vgl. Tiie Art News, 49, 1950, Ndu. 
sowie o. Kdllir, Ausstellungskatalog: Austrion EX) 
nists. WUtEYCOlOIS, drdwings, prints. The edle 
Etienne, 6,25. 1. 1964, New vdrk 1964). Als Anerk 
iiir sein sdlidtten erhielt oskdr ldske 1925 die 
rneddiile der „lnterndtidndlen Bugra" in Leipzig 
den Preis der Gemeinde Wien, 1932 die Goldene 
medaille und 194a den Preis der stddt wien. 
"Genauere An dben ddIU finden sich bei Weixlg 
A., d. d. 0., .39. 
'Vgl.Thieme, .. Becker, F., Allgemeines Lexikon der 
den Künstler VOn der Antike bis zur Gegenwart, 
Leipzig 192a, s. 40a, (H. Ankwicz). odrdn schließt 
Artikel in Vollmer, H., Allgemeines Lexikon der bil 
Künstler des 20. Jahrhunderts, Bd. 3, Leipzig 1956,: 
I Künstler, G., Cl. d. 0., s. 19. 
'Tietze, 11., d. d. 0., s. 24a. 
"l vgl. dGlU E. TietZe-Cortrdt, oskdr Ldskes Till Eulen: 
in: Die bildenden Künste, Iv, wien 1920, s 1x7 i. 
1' stdessl, 0., Bühnenbilder VOR oskdr ldske. .die 
seien Künste, ss. Jg., Wien 19:0, s. 91-9a, hier s. t 
lt Tietze, H., d. d. 0., s. 242. 
11 Vgl. z. e. sdtritier. K.. Malerei und Plastik in ast 
vdn Mdkdrt bis Wotruba, Wien-München 1963, s. r 
1' Kallir, 0., d. d. 0., ohne Seitenzahl. 
"Tietze. H.. d. d. 0., s. 24a. 
lt Born, w., oskdr Laske. Ausstellung 
Würthle, in: Österreichische Kunst 1, 
l-lett e, s. 40. 
9 Weixlgürtner, 94., d. d. 0., s. 24. 
 
 
in der 'l 
Wien
	        
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