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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIX (1974 / Heft 136 und 137)

 
 
Kleiner Tisch, dat. 1723 
Kleiner Tisch, gegen172ß 
Kleine Tische, 720-1730, vermutlich von Stephan Jegg, 
St. Florian 
 
 
tion des Manierismus: im Mittelfeld des Tischblattes 
eines der so beliebten „Maikrügeln" und in den 
Eckzwickeln die nicht weniger oft verwendeten Vö- 
gel. Die vierkantigen, nach unten konisch zulaufen- 
den Beine haben freilich nichts mehr mit dem italie- 
nischen Hochbarock zu tun; hier macht sich der 
französische, etwas klassizistisch strenge Einfluß 
geltend; auch die Blütengehänge an den Seiten 
der Beine weisen in diese Richtung. Der Typus des 
Zweistützentisches muß gerade in den Klöstern 
während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als 
Zier- oder Spieltisch besonders geschätzt worden 
sein, weil er sich sowohl in Kremsmünster als auch 
in St. Florian, den beiden am reichsten mit Möbeln 
ausgestatteten Stiften, mehrfach erhalten hat. Er ist 
im wesentlichen nach dem gleichen Prinzip wie die 
Einstützentische oder die Gueridons gebaut, bloß 
mit dem Unterschied, daß die S-förmig geschweiften 
Füße, die die beiden Stützen oder Schäfte tragen, 
aus Gründen der Stabilität nicht unmittelbar auf 
dem Boden stehen, sondern auf Stegen aufsitzen, 
die ihrerseits wieder auf Balusterkugeln ruhen. 
Diese komplizierte Bauweise gibt den Möbeln eine 
etwas prötentiöse Wirkung - was wohl auch be- 
zweckt werden sollte. Die verwendeten Holzarten 
sind: Nußbaum- und Nußmaserholzfurniere, Ahorn 
für die Marketerie (graviert und mit heißem Sand 
schattiert, die breite Einfassung des Moikrügels aus 
Zwetschkenbaumholz, die schmalen Rahmungen der 
Felder aus Eibenholz. Tischblatt und Stege zeigen 
die gleiche Schweitung des Umrisses. Gegen 1720. 
Höhe 84,5, Länge B8, Breite 74 cm. 
In seiner vollentwickelten und somit in seiner rein- 
sten Form tritt uns das Laub- und Bandwerk auf 
den letzten zwei Tischen entgegen. Hier besticht die 
Exaktheit der Zeichnung, hier wird so präzise, wie 
es sein sall, zwischen den Bändern und den sie 
umspielenden Blättern unterschieden. Bei beiden 
Tischen ist die Formgebung der Marketerie so über- 
einstimmend, daß die zwei Möbel offenkundig aus 
ein und derselben Werkstatt hervorgegangen sein _ 
müssen. Die Bauweise des Tisches von Abb. 6 weist 
eindeutig nach St. Florian, wo es mehrere nahezu 
gleichartige Beispiele gibt, die von Stephan Jegg 
(1674-1749) in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer 
Leonhard Sattler (1674-1744) angefertigt wurdenl. 
Abb. 5, 6: Bei dem Tischgestell handelt es sich um 
eine Lösung, die bis in die Spütgotik zurückverfolgt 
werden kann und seitdem immer wieder in einer 
dem Zeitstil gemäßen Interpretation zur Anwendung 
gelangte. Ganz im Sinne des Laub- und Bandwerk- 
stils sind hier die radial gestellten Schragen als 
„Bänder" aufgefoßt, deren Schweifung von großen 
geschnitzten Akanthusblättern betont wird. - Die 
verwendeten Holzarten sind: Nußmaser- und 
Zwetschkenbaumfurniere; die gravierte Marketerie 
ist aus Ahornholz geschnitten und in schwarzen, 
geschliffenen Kitt intarsiert; das große Mittelmotiv 
ist von einer lebhaft geschweiften Eibenholzbordüre 
gerahmt, die von einer schmaleren, weiter außen 
verlaufenden Einfassung aus Palisander- und Nuß- 
baumhalz (Licht- und Schattenetfekt) an vier Stellen 
gekreuzt wird. Das Gestell aus Nußbaumholz; Kral- 
lenfüße auf flachen Scheiben. Auch die Verwendung 
von schwarzem Kitt [Ebenholzersatzll als Grund für 
die lntarsien weist auf die Werkstatt von Stephan 
Jegg hin, der dieses Material gerade in den frühen 
zwanziger Jahren bei seinen St. Florianer Prunk- 
möbeln mehrfach zu demselben Zweck verwendete. 
1720-1730. Höhe 7B, Länge 99, Breite 71 cm. 
Abb. 7, 8: Hier fallen wieder die gedrehten Säulen 
auf, die wir bereits als ein Element des italieni- 
schert Barock kennengelernt haben. Zum Unterschied 
mit dem ersten Tisch sind hier die Windungen des 
Schaftes profiliert. Bezüglich der Marketerie muß 
hier eine Angabe im letzten Bericht korrigiert wer- 
den". Bei dem dort unter Nr. 21 abgebildeten Tisch- 
Anmerkung 1, 2 
1 F. Windisch-Graetz, Baradxe Möbellumst in Österreich, 
Überblid: und Farschungslage - Die Möbel des Stiftes 
St. Florian, in: St. Florian, Erbe und Vermächtnis, Fest- 
sdtrift zur 9D0-Jahr-Feier, Mitteilungen des Oberöster- 
reidiischen Landesarchivs, Bd. 10, 1971, S. 369, 379, 
Abb. 16, 28 
Z F. Windisdi-Graatz, Barocke Möbel aus dem Stift 
Kremsmünster, in: An. und moderne Kunst, m, s. 1a, 22 
(Schluß s. S. 88) 
87
	        
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