Kleiner Tisch, dat. 1723
Kleiner Tisch, gegen172ß
Kleine Tische, 720-1730, vermutlich von Stephan Jegg,
St. Florian
tion des Manierismus: im Mittelfeld des Tischblattes
eines der so beliebten „Maikrügeln" und in den
Eckzwickeln die nicht weniger oft verwendeten Vö-
gel. Die vierkantigen, nach unten konisch zulaufen-
den Beine haben freilich nichts mehr mit dem italie-
nischen Hochbarock zu tun; hier macht sich der
französische, etwas klassizistisch strenge Einfluß
geltend; auch die Blütengehänge an den Seiten
der Beine weisen in diese Richtung. Der Typus des
Zweistützentisches muß gerade in den Klöstern
während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts als
Zier- oder Spieltisch besonders geschätzt worden
sein, weil er sich sowohl in Kremsmünster als auch
in St. Florian, den beiden am reichsten mit Möbeln
ausgestatteten Stiften, mehrfach erhalten hat. Er ist
im wesentlichen nach dem gleichen Prinzip wie die
Einstützentische oder die Gueridons gebaut, bloß
mit dem Unterschied, daß die S-förmig geschweiften
Füße, die die beiden Stützen oder Schäfte tragen,
aus Gründen der Stabilität nicht unmittelbar auf
dem Boden stehen, sondern auf Stegen aufsitzen,
die ihrerseits wieder auf Balusterkugeln ruhen.
Diese komplizierte Bauweise gibt den Möbeln eine
etwas prötentiöse Wirkung - was wohl auch be-
zweckt werden sollte. Die verwendeten Holzarten
sind: Nußbaum- und Nußmaserholzfurniere, Ahorn
für die Marketerie (graviert und mit heißem Sand
schattiert, die breite Einfassung des Moikrügels aus
Zwetschkenbaumholz, die schmalen Rahmungen der
Felder aus Eibenholz. Tischblatt und Stege zeigen
die gleiche Schweitung des Umrisses. Gegen 1720.
Höhe 84,5, Länge B8, Breite 74 cm.
In seiner vollentwickelten und somit in seiner rein-
sten Form tritt uns das Laub- und Bandwerk auf
den letzten zwei Tischen entgegen. Hier besticht die
Exaktheit der Zeichnung, hier wird so präzise, wie
es sein sall, zwischen den Bändern und den sie
umspielenden Blättern unterschieden. Bei beiden
Tischen ist die Formgebung der Marketerie so über-
einstimmend, daß die zwei Möbel offenkundig aus
ein und derselben Werkstatt hervorgegangen sein _
müssen. Die Bauweise des Tisches von Abb. 6 weist
eindeutig nach St. Florian, wo es mehrere nahezu
gleichartige Beispiele gibt, die von Stephan Jegg
(1674-1749) in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer
Leonhard Sattler (1674-1744) angefertigt wurdenl.
Abb. 5, 6: Bei dem Tischgestell handelt es sich um
eine Lösung, die bis in die Spütgotik zurückverfolgt
werden kann und seitdem immer wieder in einer
dem Zeitstil gemäßen Interpretation zur Anwendung
gelangte. Ganz im Sinne des Laub- und Bandwerk-
stils sind hier die radial gestellten Schragen als
„Bänder" aufgefoßt, deren Schweifung von großen
geschnitzten Akanthusblättern betont wird. - Die
verwendeten Holzarten sind: Nußmaser- und
Zwetschkenbaumfurniere; die gravierte Marketerie
ist aus Ahornholz geschnitten und in schwarzen,
geschliffenen Kitt intarsiert; das große Mittelmotiv
ist von einer lebhaft geschweiften Eibenholzbordüre
gerahmt, die von einer schmaleren, weiter außen
verlaufenden Einfassung aus Palisander- und Nuß-
baumhalz (Licht- und Schattenetfekt) an vier Stellen
gekreuzt wird. Das Gestell aus Nußbaumholz; Kral-
lenfüße auf flachen Scheiben. Auch die Verwendung
von schwarzem Kitt [Ebenholzersatzll als Grund für
die lntarsien weist auf die Werkstatt von Stephan
Jegg hin, der dieses Material gerade in den frühen
zwanziger Jahren bei seinen St. Florianer Prunk-
möbeln mehrfach zu demselben Zweck verwendete.
1720-1730. Höhe 7B, Länge 99, Breite 71 cm.
Abb. 7, 8: Hier fallen wieder die gedrehten Säulen
auf, die wir bereits als ein Element des italieni-
schert Barock kennengelernt haben. Zum Unterschied
mit dem ersten Tisch sind hier die Windungen des
Schaftes profiliert. Bezüglich der Marketerie muß
hier eine Angabe im letzten Bericht korrigiert wer-
den". Bei dem dort unter Nr. 21 abgebildeten Tisch-
Anmerkung 1, 2
1 F. Windisch-Graetz, Baradxe Möbellumst in Österreich,
Überblid: und Farschungslage - Die Möbel des Stiftes
St. Florian, in: St. Florian, Erbe und Vermächtnis, Fest-
sdtrift zur 9D0-Jahr-Feier, Mitteilungen des Oberöster-
reidiischen Landesarchivs, Bd. 10, 1971, S. 369, 379,
Abb. 16, 28
Z F. Windisdi-Graatz, Barocke Möbel aus dem Stift
Kremsmünster, in: An. und moderne Kunst, m, s. 1a, 22
(Schluß s. S. 88)
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