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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 138)

chigkeit in den Formen. Damit unterscheidet er 
sich von den bisher betrachteten Hauptgeschoß- 
räumen und ähnelt denen des Erdgeschosses, 
dürfte also vor den übrigen Houptgeschoßröu- 
men entstanden sein. Die Wandtlöche ist durch 
Bildergruppierungen gegliedert, bei denen auf 
dramatische Abwechslung der Formate gehalten 
wird. Die Aufstellung des Tisches im Zentrum 
war in Speiseräumen üblich; sonst bleibt iedoch 
die Mitte in „historistischen" lnterieurs meist frei. 
Auch der Thronsaal ist aus naheliegenden Grün- 
den weitgehend individualisiert. Durch einen 
Brand wurde er im 20. Jahrhundert zerstört. Die 
Gesamtkonzeption, zweigeschossig, mit Abwand- 
lung der „open timber roofs" englischer Gotik 
durchbrochene Lüster gegliedert, wie es in die- 
ser Epoche ebenfalls sehr häufig ist. Der Mei- 
ster der riesigen Surcheminees ist dem Verfasser 
unbekannt. Von den zwei Geschossen des Saales 
scheint das obere, die Sparrendachzone mit 
ihren Raumkompartimenten, dem Boden entrückt 
über dem Untergeschaß des Saales zu schweben. 
Die einem Thronsaal gemäße „Repräsentation" 
irdischer Macht ist hier zum Symbol potenziert. 
Es war dem Erzherzog Max unverständlich, daß 
König Ferdinand beider Sizilien seit der Revolu- 
tion von 1848 aus Gründen „realer" Sicherheit 
in der Festung Gaäta lebte, in ganz gewöhn- 
lichen Räumen eines häßlichen Hauses, von Ba- 
stionen eingeschlossen. Ein Herrscher, der nicht 
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und „Minstrels Gallery" an der Schmalseite er- 
innert an „halls" englischer Landschlösser. Das 
offene Sparrendach ist außerordentlich raum- 
greifend gestaltet; es bildet Raumkompartimente 
aus. Ebenfalls verröumlicht, aber mit voluminö- 
ser Wucht mächtiger Verkröpfungen in dichter 
Akkumulation und vertretenden Türödikulen, ist 
die Unterzone des Raumes gegliedert. Doch be- 
reitet die Verräumlichung des Untergeschosses 
die Steigerung nach oben nur vor, die in ihrer 
reichabgestuften Durchbrochenheit aus einer 
Dachkonstruktion Formalsymbolik gemacht hat, 
bei welcher die „Funktion" im utilitaristischen 
Sinne wesenlos geworden ist. „Open timber 
roofs" wurden im „Historismus" sehr oft abge- 
wandelt, so in zwei Beletagenröumen von Schloß 
Grofenegg bei Krems, der Halle in Schloß Anif 
bei Salzburg und im Saal der Österreichisch- 
Ungarischen Bank, Wien l., Herrengasse. Die 
Raumweite wird ferner durch tief herabhöngende 
und raumgreifend gestaltete, verwirrend reich 
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mehr in Caserta residierte, das den Erzherzog 
begeistert hatte, sollte nach seiner Auffassung 
abclanken. Der Romantiker Erzherzog Max er- 
wartet die Abdankung eines Monarchen also 
nicht wegen Mochtreduktion, sondern wegen 
Aufgabe des künstlerischen Milieus, aus dem die- 
ser Monarch in ein ärmliches Gebäude über- 
siedelt war, um die Fortdauer seines „faktischen" 
Herrschertums zu gewährleisten. Das Milieu hat 
für Erzherzog Max eindeutigen Vorrang vor der 
„realen" Machtw. Friedrich von Hellwald schrieb 
über Miramar: „Maximilian war prochtliebend, 
aber es war der Künstler in ihm, der sich die 
m rr 
Schönheit dienstbar machte . 
7 Unser Autor: 
Dr. Klaus Eggert 
Kunsthistoriker 
Dürergasse 6 
1060 Wien 
10 Schloß Miramor, Erdgeschoß, Bibliothek. 
Die Vorlagen zu den Schwarzwetßabbildungen stammt 
aus einem vom Halfotografen Sebastianuttt m Triest no 
im w. Jahrhundert cdterten Album, das Hzrr Dr Gerha 
Großberger, Grafenegg bei Krems, freundlicherweise 1 
Verfügung Statuts. 
Anmerkungen 19,20 
" Hasltp, zit. Anm. 2, S. 43. 
i" Maximilian l., Kaiser von Mexiko, "I. 
S. 46-47. 
Teil, Wien 186
	        
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