chigkeit in den Formen. Damit unterscheidet er
sich von den bisher betrachteten Hauptgeschoß-
räumen und ähnelt denen des Erdgeschosses,
dürfte also vor den übrigen Houptgeschoßröu-
men entstanden sein. Die Wandtlöche ist durch
Bildergruppierungen gegliedert, bei denen auf
dramatische Abwechslung der Formate gehalten
wird. Die Aufstellung des Tisches im Zentrum
war in Speiseräumen üblich; sonst bleibt iedoch
die Mitte in „historistischen" lnterieurs meist frei.
Auch der Thronsaal ist aus naheliegenden Grün-
den weitgehend individualisiert. Durch einen
Brand wurde er im 20. Jahrhundert zerstört. Die
Gesamtkonzeption, zweigeschossig, mit Abwand-
lung der „open timber roofs" englischer Gotik
durchbrochene Lüster gegliedert, wie es in die-
ser Epoche ebenfalls sehr häufig ist. Der Mei-
ster der riesigen Surcheminees ist dem Verfasser
unbekannt. Von den zwei Geschossen des Saales
scheint das obere, die Sparrendachzone mit
ihren Raumkompartimenten, dem Boden entrückt
über dem Untergeschaß des Saales zu schweben.
Die einem Thronsaal gemäße „Repräsentation"
irdischer Macht ist hier zum Symbol potenziert.
Es war dem Erzherzog Max unverständlich, daß
König Ferdinand beider Sizilien seit der Revolu-
tion von 1848 aus Gründen „realer" Sicherheit
in der Festung Gaäta lebte, in ganz gewöhn-
lichen Räumen eines häßlichen Hauses, von Ba-
stionen eingeschlossen. Ein Herrscher, der nicht
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und „Minstrels Gallery" an der Schmalseite er-
innert an „halls" englischer Landschlösser. Das
offene Sparrendach ist außerordentlich raum-
greifend gestaltet; es bildet Raumkompartimente
aus. Ebenfalls verröumlicht, aber mit voluminö-
ser Wucht mächtiger Verkröpfungen in dichter
Akkumulation und vertretenden Türödikulen, ist
die Unterzone des Raumes gegliedert. Doch be-
reitet die Verräumlichung des Untergeschosses
die Steigerung nach oben nur vor, die in ihrer
reichabgestuften Durchbrochenheit aus einer
Dachkonstruktion Formalsymbolik gemacht hat,
bei welcher die „Funktion" im utilitaristischen
Sinne wesenlos geworden ist. „Open timber
roofs" wurden im „Historismus" sehr oft abge-
wandelt, so in zwei Beletagenröumen von Schloß
Grofenegg bei Krems, der Halle in Schloß Anif
bei Salzburg und im Saal der Österreichisch-
Ungarischen Bank, Wien l., Herrengasse. Die
Raumweite wird ferner durch tief herabhöngende
und raumgreifend gestaltete, verwirrend reich
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mehr in Caserta residierte, das den Erzherzog
begeistert hatte, sollte nach seiner Auffassung
abclanken. Der Romantiker Erzherzog Max er-
wartet die Abdankung eines Monarchen also
nicht wegen Mochtreduktion, sondern wegen
Aufgabe des künstlerischen Milieus, aus dem die-
ser Monarch in ein ärmliches Gebäude über-
siedelt war, um die Fortdauer seines „faktischen"
Herrschertums zu gewährleisten. Das Milieu hat
für Erzherzog Max eindeutigen Vorrang vor der
„realen" Machtw. Friedrich von Hellwald schrieb
über Miramar: „Maximilian war prochtliebend,
aber es war der Künstler in ihm, der sich die
m rr
Schönheit dienstbar machte .
7 Unser Autor:
Dr. Klaus Eggert
Kunsthistoriker
Dürergasse 6
1060 Wien
10 Schloß Miramor, Erdgeschoß, Bibliothek.
Die Vorlagen zu den Schwarzwetßabbildungen stammt
aus einem vom Halfotografen Sebastianuttt m Triest no
im w. Jahrhundert cdterten Album, das Hzrr Dr Gerha
Großberger, Grafenegg bei Krems, freundlicherweise 1
Verfügung Statuts.
Anmerkungen 19,20
" Hasltp, zit. Anm. 2, S. 43.
i" Maximilian l., Kaiser von Mexiko, "I.
S. 46-47.
Teil, Wien 186