War der Papst-Kaiser-Konflikt in der darauf-
folgenden Zeit auch nicht so aktiv, so war dach
an Friede und Verständigung weder van seiten
Karls V. noch von seiten Clemens VII. oder
Leos X. zu denken. Besser wurde es nur für kurze
Zeit unter Paul lll. Die Päpste und auch der
Kaiser waren der festen Überzeugung, daß nur
sie, nur er, die Herren des Abendlandes seien
und daher nur sie, nur er, Stellvertreter Christi
auf Erden und nur sie Nachfolger Konstantins
genannt werden könnten. Monumentale Archi-
tektur sollte die Nachfolge der Päpste nach den
römischen Kaisern sichtbar zum Ausdruck brin-
gen. Rom wurde alter Glanz durch Pflege der
Ruinen und die Errichtung neuer Gebäude in al-
ter Art verliehen.
Der hergebrachte Titel der römischen Kaiser
„Aeternus", der „Ewige", war schon vor einein-
halb Jahrtausenden auf Rom übertragen wor-
den und die Stadt „urbs aeterna, die Ewige
Stadt", genannt worden. Es bat sich an, mit der
Restaurierung der Stadt in diesem Sinne zu be-
ginnen. Unmittelbar vor J'ulius ll. hatte dafür
bereits Sixtus IV. den Ehrentitel „instourator ur-
bis" erhalten. Nach Julius waren es vor allem
Paul lll., Julius lll., Sixtus V., Clemens Vlll. und
planes von Antonio da Sangallo, auf den von
Julius ll. genehmigten Plan Bramantes zurück.
Da Michelangelo voll und ganz die Bedeutung
der Übernahme des römischen Gußmauerwerk-
Wölbungsbaues zu schätzen wußte, baute er an
den Bramantischen Kuppelpfeilern und Bogen
weiter. Er änderte die Lösung der Seitenka-
pellen mit den Nebenkuppeln, wollte den Rosse-
lini-Chor abbrechen und plante eine andere Kup-
pel. Dach dachte er die Kirche wahl als reinen
Zentralbau, ohne Rücksicht auf das nach be-
stehende, von Sangallo durch eine Trennwand
abgemauerte konstantinische Langhaus. In sei-
nem Tadesiahr war das neue Gebäude bis zum
Wölbungsansatz der Kuppel gediehen. Nach
einem Zwischenspiel unter Vignola nahm 1585
Giacomo della Porta mit Damenica Fantana als
Gehilfen die Bauarbeiten im Auftrag Sixtus' V.
wieder auf. Ihm gelang es 1590, die Kuppelwöl-
bung zu schließen, wobei die Frage offenbleibt,
ob die Ovalkontur der Kuppel doch noch eine
Idee Michelangelos war, was sehr wahrschein-
lich ist, oder eine Korrektur Giacomos ist. St. Pe-
ter wurde iedenfalls in seiner heutigen Gestalt
wesentlich durch Michelangelo bestimmt, der das
Gebäude in römischer Konstruktion durchführte,
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Rom, Kapitalsplatz, wohl nach einem
Kupfarstich van Duperac, 1568. Wien, (
chische Nationalbibliothek
Rom, Kapitalsplatz, Reiterstandbild des
Mallic Aurel, 1536-1538 auf dem Kapitol
ste t
Rarn, Peterskirche und Petersplatz mit l
lonnaden, von Lorenzo Bernini 1667 volle
Urban Vlll. gewesen, die Rom renovierten, auf-
gefundene Obelisken und Säulen wieder auf-
stellen ließen, Straßenzüge und Plätze einrichte-
ten und vor allem Kirchen an alten Stellen im
neuen System bauen ließen.
Von wesentlicher Bedeutung in diesem Zusam-
menhang war der Auftrag Pius' lV. an Michel-
angelo aus dem Jahre 1561, die Restaurierung
der Diokletian-Thermen durchzuführen, um darin
eine Kirche und ein Kloster unterzubringen. Für
die proiektierte Kirche, Santa Maria degli An-
geli, begnügte sich Michelangelo damit, die nach
vollständig stehenden Gewölbe des großen Ther-
mensaales zu sichern und für den Gebrauch zu
adoptieren. Erst nach Michelangelos Tad konnte
der Kirchenraum 1566 vollendet werden, der
von allem Bisherigen völlig abwich, gewaltige
Monumentalität aufwies und zeigte, daß ein pro-
faner Thermensaal eines heidnischen römischen
Kaisers sehr wohl geeignet sein kann, dem Chri-
stentum und der neuen Zeit in Rom zu dienen.
Die Hauptarbeit Michelangelos in Rom unter
Paul III. und seinen Nachfolgern galt der Wei-
terführung von St. Peter, die er 1546 übernom-
men hatte. Er, der einzige, der Bramantes Lei-
stung verstand, griff, unbeachtet des Zwischen-
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es aber in erster Linie zu einer Memorie machte,
die nicht nur das Grab Petri, sondern auch das
riesige Grabmonument des großen Papstes Ju-
lius aufnehmen hätte sollen. Nach der Vollen-
dung des Memorienbaues für den Apostelfür-
sten im Jahre 1593 unter Clemens Vlll. blieb das
große Problem der Weiterführung und Platzge-
staltung noch offen. Denn das Langhaus von
Alt-SL-Peter, dessen Vorhalle, die Loggia gesta-
toria und andere Gebäude standen immer noch.
1586 hatte Domenico Fontona die große Auf-
gabe der Hebung und Versetzung des vatikani-
schen Obelisken übernommen und glücklich voll-
endet. Nach Giacomos Tod 1602 übertrug Cle-
mens Vlll. Carlo Maderno die Bauleitung.
Als sich im Jahre 1605 unter Paul V. im konstan-
tinischen Langhaus ein Teileinsturz ereignete,
gab der Papst dem Drängen nach Abbruch und
dem Wunsch, einen großartigen Reprösentations-
raum an den Neubau anzuschließen, nach und
bestätigte den Plan Madernos für eine große
Halle. Der Abbruch des Langhauses und des
Rosselini-Chores wurde von 1606 bis 1607 sehr
schnell durchgeführt, viele Teile der Innenein-
richtung in verschiedene Kirchen Roms verteilt
und nur zwei Säulen für die neue Vorhalle ge-
14 Jerasch (Jordanien) - Gerasa. Forum,
Jahrhundert