IILTI-IIIÄVtVg
Jitka Klingenberg-Helfert
Das „letzte" Haus
von Adolf Loos
Anmerkungnl
'Wilhe1m razek: Adolf Loos zum 90. Geburtstag am
10. Dezember 1960. Das Haus Müller in Prag, in; Alte
und moderne Kunst. 5. 1960. 11, 12, S. 2-5.
Ludwig Münz: Adolf Loas, Wien-München 1964, S. 133-
143 und S. 193.
Marie Benesava: Loaseva vila v Praze, in: Staletd Praha.
4. 1969. 5. 94-99.
o. Perugini, Pelthe Loos, o. o. ca. 1970.
lllll llllllll.
ln dem heute so verkommenen Haus Müller in
Prag ist es gelungen, eine der letzten Arbeiten
von Adolf Loos zu finden - Pläne für ein kleines
Einfamilienhaus aus Holz. Trotz seiner sehr klei-
nen bebauten Fläche läßt es alle Prinzipien einer
„Raumplan"-Anlage erkennen, die im Hause
Müller, das den Höhepunkt der räumlichen Dis-
position Loos' darstellt, verwirklicht waren '. Die-
ses Haus, dessen ursprüngliche Einrichtung und
eine hervorragende Sammlung tschechischer Ma-
lerei nach dem Tode der Inhaber zerstreut wur-
den, ist heute nur nodw ein kahles Skelett, das
zweckentfremdet benutzt wird. Es ist sehr be-
dauerlich, daß alle Aktionen zur Erhaltung des
Hauses als Ganzes versagt haben. Denn die
Verwirklichung des Hauses Müller 1929-1930
war eine der wenigen glücklichen Realisationen
von Loos, bei der der Bauherr dem Architekten
eine vällig freie Hand ließ. Dr. Frantisek Müller,
Inhaber der bedeutenden Baufirma Müller und
Kapsa, ließ sich von Laos schon in den zwanzi-
ger Jahren eine Wohnung in Pilsen adoptieren
und wollte in der Zukunft nach den vorliegenden
Plänen auch ein kleines Haus für seine Tochter
bauen. Das Proiekt besteht aus zwei eigenhän-
digen Skizzen von Loos und zehn Grundrissen
und Aufrissen in zwei Alternativen - mit und
ohne Außenkamin.
ln einer kurz nach dem Tode von Loos ge-
schriebenen Abhandlung - wahrscheinlich für
eine Fachzeitschrift gedacht - hielt Frantisek
Müller die Ideen des „letzten" Hauses fest, wie
er sie aus den Gesprächen mit Loos kannte.
Müller schreibt im Jahre 1934:
llltl llltlltt.
Arrsün-sriva
„Loos hatte immer den Wunsch, ein hölzernes
Haus amerikanischer Konstruktion zu bauen. Er
behauptete, daß das heute durch andere Bau-
materialien verdrängte Halz in der Zukunft nicht
nur auf dem Lande, sondern auch in den Städten
das meistbenutzte Material sein werde. ln sei-
nen letzten Tagen entstand dieses Projekt eines
städtischen Hauses für eine fünfköpfige, nicht
sehr vermögende Familie, die entweder ohne
oder mit minimalem Personal das Haus führt.
Für den Standard eines kleinen Steinhauses hielt
Loos das Haus Ruffer in Wien mit 100 Qua-
dratmetern, mit vier Außenwänden und einer
Säule in der Mitte, die die Konstruktion des
Dachs bei verschiedenen Niveauhöhen trägt. Das
ist eine räumliche Lösung.
Das Raumprinzip von Loos ist die Unterbringung
einzelner Räume mit verschiedenen Flächen und
mit angemessenen Höhen in verschiedenen Ebe-
nen um das Treppenhaus herum so, wie man sie
im täglichen Leben benutzt. Dabei hat man
nicht den Eindruck der Mühe des Steigens auf
einer Treppe. Das muß durch die Einrichtung
der Treppenarme ungezwungen und eindeutig
hervorgehen. Dieses Gefühl einer selbstverständ-
lichen Sicherheit hat Loos immer in seinen räum-
lichen Lösungen durch die Zimmer- und Fenster-
achsen sowie durch die Praportionierung der
Treppenarme u. a. betant. Von der Eingangstür
bis zur Schlafzimmertür gibt es keine andere Tür
als diejenigen der Zimmer, die isoliert bleiben
sollen (Küche, Arbeitszimmer].
Hier schuf Laos den Standard eines hölzernen,
räumlich gestalteten Hauses. Die Prinzipien der
4
mm um
30