an s: aus:- um
Steinbruch St.
Kreide. Feder.
Porträt lnge (Ausschnitt), Ul.
Athosmönch (Ausschnitt), Kreide,
Feder.
Alkohalikerin, Kreide, Feder.
Heimo Schrittwieser.
Mädchen mit langem Haar, Aqua-
rell, Feder.
Landsdiafl mit Räumen, Kreide,
Feder.
Venedig, Aquarell, Feder.
Margarethen,
Heimo Schrittwieser
Wenn wir einen in seiner Eigenart so fest
umrissenen Künstler wie Heimo Schrittwieser in
seinem Werk betrachten, das nunmehr seit
über 20 Jahren in Österreich ebenso wie im
Auslande einer breiten Öffentlichkeit bekannt
geworden ist, müssen wir uns angesichts des Weges
des 1928 in Wien geborenen Zeichners und
Malers insbesondere seiner künstlerischen Herkunft
vergewissern. Gerade bei ihm trifft es zu,
daß der Künstler der Prototyp des Individuums,
des für sich selbst, aus sich selbst schöpferischen
Menschen ist, in dem die primäre Kraft des in sich
selbst Bestehens die eigentliche Wurzel eines
höheren Potentials ist, für das es im Bereich der
modernen Kunst wohl keinen besseren Begriff als
den der „Bezeichnungskraft" gibt.
Was nun können wir über diese immanente Kraft
im Werk Schrittwiesers aussagen? Seine geistige
und künstlerische Herkunft läßt sich nicht ohne einen
Rückblick definieren, der die inneren - nicht
die äußeren - Ansatzpunkte und Voraussetzungen
seines Schaffens aufzeigt.
Als Braque und Picasso in den Jahren zwischen
1908 und 1914 die Grundlagen eines analytischen
Kubismus erarbeiteten, schufen sie einen
Ausgangspunkt für alle Kunst der Moderne,
der ungeachtet ieder möglichen Abwandlung im
Wesentlichen bis heute verbindlich blieb.
Picasso drückte die neue Sinngebung mit den
Worten aus: „Es war nicht unsere Absicht zu malen,
was das Auge sieht, sondern darzustellen,
was wir vom Dasein der Dinge wissen."
Wie es hier umrissen wird, gilt es auch heute,
daß der Künstler, welchen Stil er immer vertrete,
seine Ausdrucksform in keiner Technik des Sehens
oder Erkennens vorbestimmt oder gar
vorgegeben findet. Trotz der Vielfalt der
graphischen Verfahren hat eine Forderung Bestand
gehabt: nicht so sehr das Verlangen nach
„WerkgerechtigkeiW, als vielmehr der Anspruch
auf echte Manifestation künstlerischer Vorstellung,
auf „SinngerechtigkeiW. Es geht nicht um die
Multiplikation des Vordergründigen, sondern um
die Division des Hintergründigen. Es ist ein innerer
Vorgang, in dem sich letzten Endes gleichsam das
Sein als Zähler und das Sehen als Nenner ergibt.
So sagt der Philosoph Karl Jaspers: „Wir können
die Wahrheit des Vergangenen nur ergreifen,
wenn wir sie in Erscheinung umwandeln . . .,
während wir im Ursprung gegründet sind,
bedürfen wir der Unbefangenheit, um die große
Wandlung zu vollziehen."
Diese große Wandlung von Vision in Erscheinung,
so glauben wir, wird sichtbar gemacht in der
Unmittelbarkeit der Bilder Schrittwiesers, im
Menschlichen ebenso wie im Landschaftlichen:
sei es in dem Verströmen des Lebensgefühls
einer alten Frau, in der sinnlosen Gefangenheit
ihres Ausblicks in eine leere Umwelt - in der
erwartungsvollen, künftigen Reichtum schauenden
Inbesitznahme einer aufblühenden Welt des
Wissens und Empfindens durch die Jugend - in der
übersinnlichen Reife eines in Träumen weise
gewordenen Greises - in der Herausforderung
des Zweifels durch den fragenden Blick eines
Lebenserfahrenen - in der Ausstrahlung des Porträts
einer iungen Frau, deren Selbstvergewisserung
über den Raum als amorphe Struktur triumphiert.
Ähnliches erleben wir in der vielschichtigen Welt
der Landschaft, die durch ihre Hingabe an das
Menschliche wie eine Miniatur im Freskostil wirkt;
in dem Blick auf einen Steinbruch, der Kunst und
Natur - wie am Tage der Schöpfung - als
elementare Kräfte des Werdens und Lebens erweist;
oder etwa in der vielfältigen Verästelung von
Gebilden der Natur, die sich wie tastende Fühler
in den Raum erstrecken, um am allgegenwärtigen
Kreislauf der Welt teilzuhaben
Philipp Suesserott
37