I Aktuelles Kunstgeschehen I Österreich
Es wird aber auch versucht, eine
vielleicht brachliegende bzw. wenig genützte
Möglichkeit künstlerischer Ergänzung zu beleben.
Bestimmt besonders gelungen war die Wechsel-
beziehung bei R. Angelika Kaufmanns Graphik zu
„Spiegeltexte" von Friederike Mayröcker, Günther
Kraus' zu „Quadratroman" von Friedrich Achleitner
und Renate Bertlsmanns zu „Ein Fest für Boris"
von Thomas Bernhard.
(24. 10.-4. 12. 1974) - (Abb. 13)
Alais Vogel
Salzburg
Museumspavillon
Anton Steinhart
Weitaus bekannter als die Gemälde dieses
Salzburger Malers (1889-1964) sind zwar seine
quantitativ weit überwiegenden Rohrfeder-
zeichnungen. Doch scheint Steinharts Bedeutung
für die österreichische Kunst unseres Jahrhunderts
ebenso in seinen Landsdiaftsgemälden zu liegen.
Wohl wäre es nur bedingt richtig, Steinhart einen
lmpressionisten zu nennen. Ab_er es ist doch die
„lmpression" und deren Festhalten an Ort und
Stelle in der Landschaft, die diesen in Fortsetzung
mancher Ideen Anton Faislauers entstandenen
Zeugnissen unermüdlicher Arbeit und strengster
Selbstkritik den Reiz hoher künstlerischer Qualität
verleiht. Wie Faistauer fußt auch Steinhart auf
Cezannes Erkenntnissen von der Farbe. Der
Farbauftrag mit der Spachtel ist virtuos und eruptiv,
die viel sensibleren Finger helfen dabei mit und
erzeugen eine Ober-Fläche, die sofort den Kontakt
mit der geistigen Tiefe dieser Bilder herstellt.
(27. 11.-22_ 12. 1974)
Salzburg-Grödig, Galerie Sazenhofen
lnge Werthmann
Begonnen hatte der künstlerische Weg mit Kartoffel-
drucken „ä la naiv". In den iüngst vergangenen
zwei Jahren aber hat sich die Salzburger Malerin
mit ihren keramischen Arbeiten ein handwerkliches
Rüstzeug geschaffen, welches eigene Vorstellungen
in persönlichen Aussagen verwirklichen hilft. Es
ist Frau Werthmann nicht nur darum zu tun, nur
seelische Vorgänge darzustellen, sondern sie hat
auhch den Mut, dazu Stellung zu nehmen. Die streng
sc warzweißen grap ischen Blätter verfügen über
kompositionelle Dichtheit und erweisen die
Kompliziertheit menschlicher „Eigenschaften".
In die mit urmalerischer Farbbehandlung aus
einzelnen „Kacheln" aufgebauten Bilder scheint
Metaphysisches, ia Psychedelisches eingeflossen
zu sein.
(September 1974)
Salzburg l Kunstverein
Ingrid Pöhler
Die 18 ausgestellten Wandteppiche der Leiterin
einer Textilwerkstatt an der Mündiner Kunst-
akademie sind eines der selten gewordenen
Beispiele dafür, daß textile Kunst etwas anderes
sein kann und vor allem sein soll als schängeistige
Tüdilein, als betont fraulicher Aufputz fürs traute,
liebliche Heim. Das - in diesem Falle abstrakte
- Bild wird nicht als „Vorlage" verwendet,
Bildkomposition und Ausführungstechnik beziehen
sich aufeinander, hier gibt es nicht einmal eine Spur
von negativ Kunstgewerblichem.
Eva Maria Blädner
Zusammen mit den Wandteppichen von Frau Pöhler
waren Arbeiten der iungen Augsburger Bildhauerin
zu sehen. Inhalte der Darstellung sind - wohl
auch auf Grund des Studienganges durch
salzburgischesommerakademische ltalianismen -
Mensch und Tier. Daß eine kleine Statuette „Große
Stehende" benannt wird, ist zwar allein noch nicht
Grundlage für Monumantalität. Aber im „Farträtkopf
Carola" oder in der „Sich Biegenden" wird deutlich,
claß das Format keine Rolle spielt, wenn die
Qualität bedeutend ist.
(5. 9-22. 9. 1974)
40
Galerie Academia
Anton Raidel
Der in Gmunden lebende, 31 iährige Keramiker, der
auch bei der Ohnsorg-Ausstellung in Wien und
Linz vertreten war, zeigt höchst persönliche
graphische Blätter in Mischtechnik aus Tusche und
Buntstiften, zum Teil mit Wasserfarben getönt.
(Abb. 14)
Otto Dix
Dankenswerte, repräsentative Auswahl aus dem
Werk des hervorragenden Zeichners, des Schöpfers
erschütternder Skizzen, unbarmherziger Sitten-
schilderungen und realistischer Akte höchster
künstlerischer Qualität. (Abb. 15)
Franz Wagner
Tirol
Innsbruck - Galerie im Taxispalais
Kunst des 20. Jahrhunderts
aus Tiroler Privatbesitz
75 Exponate wurden von Peter Weiermair aus fast
dreißig privaten Sammlungen zusammengetragen
und der Uffentlichkeit präsentiert. Das Gras stellen
österreichische und deutsche Expressionisten. Lovis
Corinth und Cv Twombly markieren etwa die
Spannung des Gezeigten. Viele Österreicher mit
guten Arbeiten. Für die Kunstwissenschaft durch die
erstmalige Katalogisierung mancher Werke eine
besonders wichtige Ausstellung.
(5-30. 11. 1974)
Junge Österreicher V
Ernst Caramelle beschäftigt sich mit Video-Aktionen
und Ironisierungen. Günther Lierschof versucht
auf Papierstreifen Lebensläufe einzufangen. Cora
Pangracz arbeitet mit der Fotografie, Einstellung,
Optik. Turi Werkner ist der einzige, der sich
überkommener Materialien bedient. Seine Graphiken
sind bewegt und vielversprechend.
(3.-23. 12. 1974)
Steiermark
Graz - Künstlerhaus und Neue Galerie
Joannis Avramidis - Plastik und Graphik
79 Plastiken und etwa 150 Zeichnungen gaben
erstmals einen umfassenden Einblick in das Werk.
Arbeiten aus den Jahren 1945-1974 zeigten, mit
welcher Intensität, Konzentration und mit welchem
immensen Fleiß dieser Künstler arbeitet. Der Mensch
ist in allen seinen Arbeiten gegenwärtig, der
Mensch, nebeneinandergereiht zur Polis, der Mensch
zur unendlichen Kette oder Säule in den Himmel
ragend, der Mensch als Torso, der Mensch noch im
Teil. Ähnliches ist von der Graphik in ieder
Variation (es gibt deren viele, von der
Werkzeichnung bis zur Aktstudie) zu sagen.
Avramidis, Zeuge so vieler Unmenschlichkeit, ist
trotzdem oder gerade darum ein großer Künder
humanen Denkens. Ein umfangreicher, ausführlicher
Katalog.
(5. 10.-10. 11. 1974) - (Abb. 16)
Ingeborg Strobl - Anti-design
Die Strobl will die Design-Bewegung in Frage stellen.
Realistisch nach Tierkärperteilen geformte Services
u. ä. sollen dazu beitragen. Sie will aber auch nach
der Identität des realen Objektes fragen. Ihre
Formungen sollen Anstoß zu mehr, zu eigenen
Denkvorgängen sein. Dabei wird uns die Spannung
dieser und ähnlicher Kreationen zu den Hungernden
dieser Welt wieder einmal bewußt.
(6. 10.-G. 11. 1974) - (Abb. 17)
Werke der IX. internationalen Malerwochen
in der Steiermark
Vierzehn sehr verschieden kreativ tätige Menschen
aus Italien, Jugoslawien, Ungarn und Österreich
nahmen daran teil. Der Bogen spannte sich von
dem Protokoll der lda Biard, Conzept-art, bis zu
Ahmed Karicfs Staffeleibildern in ziemlich reicher
Variation. Wobei festgestellt werden kann, daß
ieder der anwesenden Künstler eine gefestigte
Position vertrat und sich nicht von den Kollegen
beeinflussen ließ.
(5. 10.-S. 11. 1974) - (Abb. 18)
Kapfenberg - Valksheim
Künstlergruppe „Der Kreis" A
Es waren Arbeiten von 24 bekannten Österreich
Künstlern vertreten, daher von iedem auch nur
ein kleiner Einblick in das Schaffen gegeben. f
Muhr, Karl Prantl und Josef Schagerl, die Bilc
gaben ein Schwergewicht. Von den Malern sin
Stoizner und Zadrazil als Antipoden, von den
Graphikern Fleck, Malli und Paar besonders z
nennen.
(29. 11.-B. 12. 1974) - (Abb. 19)
Oberösterreich
Linz - Neue Galerie
Manessier A _
Die Ausstellung von Alfred Manessier, eines
führenden Malers der Ecole de Paris, wies etw
50 Werke aus dem Zeitraum von 1944 bis 1971
Reine Abstraktionen, Farbsymphonien, die sict
manchmal (nicht immer zum Vorteil) zu symbol
Formen zusammenschließen. Die Leuchtkraft d
Farben ist oft enorm. Und doch können
wahrscheinlich nur einige Werke als von Best:
bezeichnet werden.
(24. 10-23. 11. 1974)
Herbert Dimmel V
Zum 80. Geburtstag des Künstlers und vormali
Leiters der Kunstschule wurden 40 Kohlezeichn
des Jubilars gezeigt. Die Graphik, eine Techni
bei der man am wenigsten schwindeln kann, e
die Meisterschaft. Blätter wie „Landschaft auf
oder „Ätna" zeugen von der großen Sicherhei
der Hand, „Aus Kreta" oder „Nomade" bewe
die iederzeit wache Phantasie, die einem gera
hier auf Kubin verweist. Beachtlich scheinen ur
der Schwung und die Bewegtheit der Strichfüh
(28. 11.-21. 12. 1974) - (Abb. 20)
Niederösterreich
Perchtoldsdorf - Galerie Romanum
Christine Heuer
Etwa 25 Federzeichnungen und Aquarelle nach
Wiener Motiven, hauptsächlich vom Wurstell
und der Augartengegend, wobei die naß
gemalten Aquarelle sehr der lockeren Atmaspl
des Praters kongruent sind. Der Strich bei den
Tuschezeichnungen ist fester und dichter gewo
(23. 10.-11. 11. 1974) - (Abb. 22)
Zwettl - Galerie im Stüberl
Herwig Zens
Zens zeigte Radierungen, in denen das technis
mechanische Weltbild unserer Zeit eine Rolle
Große Flächen werden nur am Rande angeze
alte Formen klaffen. Das Antlitz des Menscher
scheint isoliert.
(6. 10.-26. 10. 1974)
St. Pölten - Galerie in der Stadtbibliot
Literatur optisch
Großfotos in Gegenüberstellung zu Gedichten
Mit dieser erstmals in der Galerie in der Passt
in Wien gezeigten Schau versucht der
Literaturkreis Podium den heute sehr optisch
orientierten Menschen mit Hilfe des Bildes auf
poetische Texte aufmerksam zu machen. Eine
Schau, die wegen ihres Erfolges von verschied
Städten angefordert wurde.
(26. 11. 1974-15. 1. 1975) - (Abb. 23)
Burgenland
Eisenstadt - Landesgalerie
Robert Schmitt
Aquarelle, Zeichnungen und Bilder, Öl und Ac
geben einen sehr guten Überblick der
Arbeitsweise der letzten Jahre. Bei den Zeichn
gibt es einige bestechende Landschoftsstudier
Akte. Auch bei den Bildern scheint uns der
liegende Akt aus dem Jahre 1973 mit seinen gi
Flächenteilungen am reifsten. Die Aquarelle si
von einer meisterhaften Leichtigkeit und mit
sparsamstem Farbeinsatz ein Optimum an Au:
Mit den Acrylarbeiten hat Schmitt einen ähnli:
Weg in einem neuen Medium gefunden.
(12. 12. 1974-31. 1. 1975) - (Abb. 24)
Alois V