Warum Denkmalschutz?
Was wäre, wenn . . . es auf dem Wiener Stephans-
platz keinen Dom gäbe? Wäre Wien dann noch
Wien? Oder wäre Salzburg noch Salzburg ohne
Festung? Ohne Denkmäler würden unsere Städte
ihr Gesicht verlieren. - Eine Nation, die ihre
Denkmäler erhält, bewahrt sich auch vor einem
Gesichtsverlust. Zur Präsentation einer Denkmal-
schutzbroschüre [Auflage 150.000) lud Hofrat
Praf. Dr. Friedrich Langer im Namen von Frau
Dr. Hertha Firnberg, Bundesminister für Wissenschaft
und Forschung, zu einer Pressekonferenz, bei der
über die Vorhaben und Aktivitäten des Mini-
steriums anläßlich des internationalen Jahres des
Denkmalschutzes 1975 berichtet wurde. Im Beisein
von Sektionschef Mag. phil. Leopold Obermann und
im Verein mit M'n.-Rat Dr. Walter Hafner,
Generalsekretär des am 25. September 1974
konstituierten Österreichischen National-
komitees für das Jahr des Denkmalschutzes 1975,
sowie dem Präsidenten des Bundesdenkmalamtes,
Dr. Erwin Thalhammer, umriß Frau Bundesminister
Dr. Firnberg in grundsätzlichen Ansätzen der
versammelten Presse wesentliche Programmpunkte.
So u. a., daß als offizieller Höhepunkt des
Denkmalschutziahres 1975 das Altstadtsymposion
in Krems, 21.-25. April 1975, stattfinden wird und
daß den 250 Delegierten aus 17 Staaten eine
Sondernummer der Zeitschrift „alte und moderne
kunst", die ausschließlich Themen des Denkmal-
schutzes vorbehalten ist, überreicht werden wird.
Daß es weiters eine Enquete geben wird und daß
man in zahlreichen Aktionen in Schulen, Bildungs-
instituten u. ä. versuchen wird, das Bewußtsein
und Interesse des Staatsbürgers von Kind auf schon
darauf zu lenken, das außergewöhnlich vielfältige
und überreiche Erbe auf kulturellem Gebiet
schätzen und bewahren zu helfen. ln den Kunst-
hochschulen wird, ähnlich wie im Voriahr unter
dem Titel „Besuchet die Bundesmuseen", ein
Plakalwetlbewerb ausgeschrieben, der den
Denkmalschutz zum Thema hat. Frau Bundes-
minister Dr. Firnbergs besonderes Herzensanliegen
ist, nicht nur die Bereitschaft für die attraktiven und
großen Denkmäler zu verstärken, sondern in viel
stärkerem Maße als bisher auch iene zahllosen
Kleindenkmäler, die ein oft schon kaum mehr
beachtetes Schattendasein im Leben des Menschen
in seiner unmittelbaren Umgebung fristen, in das
öffentliche Interesse zu rücken, um deren allmäh-
lichen Verfall, durch Gleichgültigkeit bedingt,
hintanzuhalten. Eine schöne Fassade, ein prachtvoll
geschmiedetes Fenstergitter, einfache Marterln,
ia sogar Kohlenmeiler sind erhaltenswerte Obiekte.
Nur, alle diese Bemühungen behördlicherseits sind
eine halbe Sache, wenn nicht der einzelne hier mit-
hilft. Dräsident Dr. Thalhammer erwies am Beispiel
des Landeskonservators Oberästerreichs mit 420 Ge-
meinden die ungeheuren Schwierigkeiten der
Amtsausübung, wenn man bedenkt, daß das Jahr
eben nur 365 Tage hat. Erfolg kann hier nur durch
echte Mitarbeit der breiten Gemeinschaft und des
einzelnen Staatsbürgers erreicht werden.
Desgleichen mußte auf Anfragen bezüglich eines
Expertenaustausches über Grenzen hinweg von ihm
darauf verwiesen werden, daß iedes Land heilfroh
ist, seine Spezialisten im eigenen, oft brandnot.
wendigen Wirkungsbereich halten und einsetzen
zu können. Auch einer der Kernpunkte ieglicher
Restaurierung, der des so gut wie perfekten und
gleichwertigen Nachschaffens in alten Techniken
und dazu herzustellenden Materialien, kam zur
Sprache, und hier wurde vom Präsidenten
Dr. Thalhammer das Hohelied des einsamen
„Ruinenmaurers" angestimmt, dessen Spezialisten-
tum geradezu symptomatisch ist für den ohnehin
oft unbedankten Stand der Restauratoren. Man
weiß, daß die Mehrzahl der Spezialisten auf
diesem Gebiet ganz und gar nicht aus den Kunst-
hochschulen, sondern eher aus familiärer Tradition
und von wahrer Neigung bestimmt hervorgehen.
Dies, weil man über die simple Form des Deckens
van Strohdöchern auf die Frage des Heranbildens
von Nachwuchs kam und da meinte, das könne
nur in Schulen geschehen. Auch hier kann gesagt
werden, daß versucht werden wird, den nicht zu
dicht gesäten Bestand an Fachkräften auf eine,
was die Anlernkräfte betrifft, neue Basis zu stellen,
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um sich für die Zukunft ein unerläßliches Reservoir
zu schaffen. Ein wesentlicher Aspekt in diesem
Zusammenhang ist das Aufeinanderkommen von
alten Techniken und neuen Technologien. Hier
wartet noch ein reiches Feld von Entwicklungs-
möglichkeiten.
Ein wesentlich neues Kriterium des Denkmalschutzes,
so Min-Rat Dr. Hafner, ist - neben den
bisherigen Hauptakzenten wie historisch, kulturell
und künstlerisch - das der Lage. Dies vor allem im
Hinblick auf den Ensembleschutz, dem in der
Hauptsache durch sukzessive additive Unterschutz-
stellung gedient werden soll. Tief-kontroversielle
Gegensätze der Beteiligten in einzelnen Fällen
erleicl -:rn die Aufgabe des Denkmalschützers
nicht gerade. Auch sind in diesem Zusammenhang
gewisse Usancen in allgemein politischer Hinsicht
gebräuchlich, die als Einzelerscheinungen in der
Vielschichtigkeit und Undurchschaubarkeit mensch-
licher Charaktere bedingt sind, und der Spekulation,
auf welchem Gebiet immer, ist auch durch ge-
schicktestes Lavieren nicht in iedem Fall
beizukommen.
Frau Minister Dr. Firnberg wies u. a. auch darauf hin,
daß man in Wien - zwischen dem Kunsthistorischen
und Naturhistorischen Museum - Sandsteinplastiken
aus den Bundesländern solchen Wiens gegenüber-
stellen werde, um zu untersuchen, in welchem Maße
die urbane Umweltverschmutzung Über der des
freien Landes sei. Das Publikum wird hiebei
Gelegenheit haben, die letzten Entwicklungen
auf der Basis moderner Konservierung kennenzu-
lernen. Letztlich wird es als unausweichlich legis-
lative Maßnahme eine Novelle zum Denkmal-
schutzgesetz, bereits im Wissenschaftsministerium
erstellt, geben, zum besonders dringlichen Anlaß
fast ein Selbstverständnis. Kernpunkte dieser
Novelle: Förderung anstatt Strafen, d. h.
Strafen wie bisher und sogar wesentlich härter,
wenn nötig, iedoch auch die Schaffung von Anreiz
zur Revitalisierung. Weiters die gesetzliche
Möglichkeit des Ensembleschutzes und die Konsti-
tutionierung einer Expertenkommission, die über
die Unterschutzstellung von Obiekten entscheiden
wird. Ferner ist ein um 70 Prozent erhöhtes Denk-
malschutzbudget, insgesamt 34 Millionen Schilling,
vorgesehen, das weitere Revitalisierungsproiekle
historischer Obiekte gewährleisten soll.
Von Sektionschef Dr. Leopold Obermann kam der
Vorschlag an die Damen und Herren der Presse,
doch den kleinen Modellfall, die rühmenswerte
Einzelinitiative besonders herauszustellen, man
würde nicht glauben, wie erfolgreich ein solches
Unterfangen sein kann. Selbst in Lokalarganen
und gerade in solchen beginnt die Bewußtseins-
bildung und das Bereitmochen für den hohen Sinn
des Denkmalschutzes. Die bisher bekannte
Fernsehsendung Plus und Minus, die mittlerweile
im reformatorischen Sog des ORF ihr Leben
ausgehaucht hat, wurde als 90 Prozent positives
Musterbeispiel bezeichnet. Daß am gleichen Abend
der Pressevertreter des ORF wohl zwei seit langem
aktuelle Gemeinplätze der Denkmalschützer in
seinem Bericht als Berichtskern in Sekunden
erwähnte, war nicht anders zu erwarten. Anzu-
nehmen, daß man quasi in ORF-eigener Sache
vielleicht über Plus und Minus in neuer Form schon
etwas zu sagen hätte, war verfrüht. Doch kann sein,
daß der ORF-Vertreter vor diesem Behondlungspunkt
das Ministerium bereits verlassen hatte.
Abschließend verwies Hofrat Prof. Dr. Langer noch
darauf, daß es zum Jahr des Denkmalschutzes
eine Stiftung von Medaillen und Diplomen
„Für Verdienste um den Denkmalschutz" geben
wird, die vorn Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung an iene Österreicher verliehen
werden, die hervorragende Leistungen auf dem
Gebiete des Denkmalschutzes erbracht haben.
Leopold Netopil
RANK XEROX AUSTRIA
Zeichenwettbewerb 1975
„Kontraste - Zeichnen heute"
RANK XEROX als weltweites Unternehmen, das sich
mit der Entwicklung moderner Vervielfältigungs-
maschinen beschäftigt, sieht sich besonders ver-
antwortlich dafür, daß Originalität und Kreativität
von ihrer entscheidenden Stellung in der Kunst
nicht verdrängt werden.
RANK XEROX kann bisher auf große Leistungen
auf sozialem Gebiet zurückblicken, nachdem es sich
zur Aufgabe gemacht hat, Leistungen, die aus der
Gesellschaft kommen, wieder an diese zurückfließen
zu lassen. Nun will man auf dem Gebiete der
Kunst - und hier soll vor allem heimischen Künstlern
Gelegenheit gegeben werden - mittels eines
Zeichenwettbewerbes dem Original und der Krea-
tivität des Künstlers, am Ursprung, wieder mehr
Bedeutung geben.
RANK XEROX AUSTRIA wandten sich daher an alle
in Österreich lebenden Künstler, die zeichnen. Eine
sorgfältig ausgewählte Jury mit Hofrat Prof.
Dr. Walter Koschotzkv, Direktor der Albertina,
Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, Direktor des
Österreichischen Museums für angewandte Kunst,
Kristian Sotriffer, Kunstkritiker, Peter Baum, Direktor
der Neuen Galerie Linz, und Dr. Dieter Schräge,
Kulturreferent der „Z", wird am 17. und 18. März die
eingelangten Werke beurteilen und prämieren.
Ausgeschrieben sind: 1. Preis S 30.000.-; 2. Preis
S 20.000.-; 3. Preis S 10.000.- und acht Anerkennungs-
preise zu ie S 5000.-.
Eine Wanderausstellung soll, ausgehend vom
Österreichischen Museum für angewandte Kunst,
in bedeutenden Museen und Galerien die Öffent-
lichkeit mit dem nachahmenswerten Vorhaben und
dessen Ergebnis bekannt machen.
Münster, Westfälisches Landesmuseum
Vom 15. Dezember 1974 bis zum 26. Jänner 1975
zeigte das Landesmuseum in Münster „Aquarelle
und Zeichnungen" des vor 125 Jahren im Holsteini-
schen geborenen Christian Rohlfs. Rohlfs als Maler
ist seit langem ein fester Begriff, als Zeichner iedoch
war er noch nicht in gleichem Maße bekannt und
gewürdigt. Rohlfs selber hatte nach vor seinem Tod
am 8. Jänner 1938 eine Auswahl der Zeichnungen
unter dem Leitwort „Künstlerischer Werdegang"
zusammengestellt, insgesamt 113 Blätter, die er
selbst als repräsentativ für seine Entwicklung
betrachtete. Diese Folge wird komplett in der Aus-
stellung gezeigf, ebenso die schönsten Aquarelle
und die für das Spätwerk so charakteristischen
Temperablätter. Ein vorzüglicher Katalog ist ietzt
schon bleibendes Dokument dieses wichtigen
künstlerischen Ereignisses. w
Christian Rahlfs, Liegende Kuh, 1922