Für den Kunstsammler
Waltraud Neuwirth
Wiener Keramik
der Jahrhundertwende -
Die Wiener kunstkeramische Fabrik
A. Förster Si Co. (1899-1908)
Firmengeschichte
Alexander Förster, der Gründer der kunstkerami-
schen Fabrik A. Förster, wurde am 28. Oktober 1861
als Sohn des „Pfeitenetuimachers" Jakob Förster
in Wien geboren. Er studierte Bildhauerei an der
Wiener Akademie, wandte sich auf Wunsch seiner
Mutter iedoch bald anderen Gebieten zu.
Während eines einiöhrigen Paris-Aufenthaltes
erlernte er die feine Verarbeitung von Leder und
eröffnete in den achtziger Jahren des 19. Jahr-
hunderts in Wien 5 in der Wehrgasse 2 eine eigene
Werkstätte für Lederverarbeitung, in der große
Mappen, Kassetten und andere Lederwaren
erzeugt wurden.
Nach seiner Heirat mit Marianne Stölzle trat Förster
im Jahre 1898 in den Verwaltungsrat der Glasfirma
Stalzle ein. Ein Jahr später, 1899, gründete er in
Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 50, seine
„Wiener kunstkeramische Fabrik A. Förster".
Bereits 1900 erhielt er für seine keramischen
Exponate auf der Pariser Weltausstellung eine
silberne Medaille. Die anderen Erzeugnisse der
Firma Förster, Silber- und Lederwaren sowie Möbel,
waren mit dem Grand Prix und einer Galdmedaille
ausgezeichnet worden. Die Installation der Firma in
Paris galt als eine der gelungensten der ganzen
Weltausstellung.
Im Jahre 1905 wurde Rudolf Schalter Gesellschafter
der kunstkeramischen Fabrik, nunmehr „Wiener
kunstkeramische Fabrik A, Förster 8 Co.". Sie war
mit 23 Arbeitern im Jahre 1907 zwar nur ein kleines
Unternehmen, zählte iedoch bedeutende Wiener
Bildhauer zu ihren künstlerischen Mitarbeitern:
Hermann Klotz, Emanuel Pendl, Richard Tautenhayn
und Josef Grünhut hatten an der Wiener Akademie
unter Zumbusch, Hellmer oder Kundmann studiert,
Der Kontakt Försters zu den Künstlern datierte
wohl noch aus der Zeit seines kurzen Bildhauer-
studiums an der Akademie.
E-ne ganze Reihe von Mitarbeitern nennt der
Katalog der Winterousstellung 1906107 des Oster-
reichischen Museums für Kunst und Industrie:
Max Blondat, Ferdinand Dablinger, Florian van der
Fecht, Friedrich Gornik, Hermann Klotz,Josef Lugert,
Meyer, Michael Mörtl, Emanuel Pendl, J. Schlermann
sowie Tautenhayn. Förster führte auch Modelle
von Gustav Gurscher, die ursprünglich für Bronze
gedacht waren, in Keramik aus.
Alexander Förster mußte seine kunstkeramische
Fabrik im Jahre 1908 aus finanziellen Gründen
verkaufen. Sie wurde von seinen ehemaligen
Mitarbeitern Robert Busch und Heinrich Ludescher
erworben und als „Wiener kunstkeramische
Werkstätte" noch iahrzehntelang weitergeführt.
Forster selbst wandte sich nach 1908 den anderen
Sparten seines vielseitigen Unternehmens, vor allem
der Lederverarbeitung, zu. Er starb am 5. Februar
1932 in Wien. Nach seinem Tode übernahmen
seine Söhne Ernst, Alexander und Paul die heute
noch bestehende Firma. Sie erhielt eine Reihe von
Auszeichnungen: Goldmedaillen auf den Triennalen
von Mailand 1933 und 1936 sowie auf den Welt-
ausstellungen von Paris 1937 und Brüssel 1958.
Das Praduktionsprogramm war trotz des kurzen
Bestehens der keramischen Fabrik interessant und
vielfältig. Vor allem auf dem Gebiete der Porzellan-
und Biskuitplostik leistete sie Pionierarbeit. Seit
der Auflösung der Wiener Porzellanmanufaktur
im Jahre 1864 hatte es in Wien keine Porzellan-
erzeugung mehr gegeben, wenn sich auch die
Porzellcinmalerei zu einem eigenen lndustriezweig
entwickelte. Ernst Wahliss, Wien, der 1898 die
Manufaktur Stellmachers in Turn übernommen hatte,
stellte zwar immer wieder Porzellane aus, die
iedach in Turn entstanden sein dürften. Auch die
Tafelgeschirre der Firma Josef Böck waren fast
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Reproduktion von Abb. i,
2 und a mit freundlicher
Genehmigung des Verlages
Ktinkliardt s Biermann,
Braunschweig (w. NBUWirtit,
Wiener Keramik -
Historismus, Jugendstil,
Artdeco).