. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
lndopersische Miniaturen des Hamza-Romanes
Ausstellung anläßlich der Edition der
Faksimileausgabe in den „Codices selecti" der
Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz
Ausstellungsraum der Bibliothek und
Kunstblöttersammlung und Galerie
Altes Haus, 1. Stock
Wien 1, Stubenring 5
12. 12. 1974-12. 1. 1975 (verlängert bis 2. 2. 1975)
Besondere Augenblicke im Zeitschriftensaal von
Mal zu Mal, wenn zu besonderen Anlässen und
unter beträchtlichem Kraftaufwand die geheiligten
Riesenkassetten des Hamza-Romans, selten genug,
aus den versperrten Fächern hervorgeholt werden.
Seltene Gelegenheit, diese einzigartige Handschrift
zu bestaunen. Stets überwältigte aufs neue die
chromatische Ballung dieses orientalischen
Malerepos, sein reiches Szenarium, die gelungene
Synthese indischer und persischer Elemente. Rätsel-
haft scheint noch immer die so glückhafte Erwerbung
des größten geschlossenen Bestandes von 60
Blättern auf der Wiener Weltausstellung 1873.
Von Kind auf ist der Europäer dem Faszinosum
orientalischer Märchen- und Wesenserscheinungen
offen. Das Malerepos des „Fürsten der glücklichen
Konstellation" stellt dazu ein illustrotives
Nonplusultra dar. Mit der Edition von Farbfaksimiles
ist ein wichtiger Schritt dahin getan, diesen Schatz
ungefährdet einem größeren Interessenkreis
zugänglich zu machen. Kein leichtes Unterfangen,
diese feinst nuancierten Bildorganismen mit ihren
differenten Farbintensitäten zu faksimilieren.
Die Handschrift war in ihrer ursprünglichen
Zusammensetzung so angelegt, daß eine Seite Text
mit zugehöriger Illustration zusammenstand.
Ursprünglicher Gesamtbestand 1400 Blätter. Heute
sind davon - und diese wenigen in aller Welt
verstreut - noch knapp 150 vorhanden. Das
Österreichische Museum mit seinen 60 Blatt ist
Besitzer des größten Sammlungsrestes. Den zu
hüten man alle und iede Anstrengung unternimmt,
sind doch die auf Baumwollstoff gemalten Bilder,
auf deren Rückseite auf leichterem Papier der Text
steht, nicht mehr in bestem Zustand. Die
Faksimilierung wird hier zur Freude des Autors und
Bibliothekdirektors W. Hofrat a. o. HS Prof.
DDr. Gerhart Egger zum letztmäglichen Segen,
erlaubt sie doch den „täglichen" Studiumsgebrauch.
Zur Feier der Edition der Faksimiles lud nicht ohne
Stolz die Akademische Druck- und Verlagsanstalt
Graz. Dazu die Ausstellung des gesamten
kostbaren Verbandes der Originale, ein Triumphat
der Farben und des orientalischen malerischen
Fabulierens, ein visueller Genuß, dem Publikum,
Presse und Kenner erlagen. Man ist versucht, den
Begriff einer phantastisch dekorativen Malweise
zu prägen. Was alles nicht zeichneten doch damals
Künstler um die Figur des „Romanhelden", um die
dramatischen Begebnisse aus Feldzügen und
missionorischen Ereignissen. Die Öffentlichkeit und
auch das Museum können den Editoren danken
und diesen für weitere Initiativen bei diesem
diffizilen Hamza-Unternehmen auf internationaler
Ebene - 40 Museen sollen zusammenwirken, um
den Rest der Blätter faksimilieren zu können -
guten Erfolg wünschen. Ungern sah man trotzdem
das Abhängen der berühmten Originale. (Abb. l, 2)
Phantastische Ornamentik
Batiken und Gra hik aus den zwanziger Jahren
von Hedwig Mai ler-Lesi ang
Katalog neue Folge Nr. 6
Altes Haus, Eitelbergersaal
Wien 1, Stubenring 5
8.12.1974-19.1.1975
Fürwahr erstaunlich ist und symptomatisch, wie auf
scheinbar abgegrasten Wiesen da und dort noch
eine Blüte, sprich Begabung, übersehen und
verborgen blieb. Nie im Rampenlicht der Kunst-
szene gestanden, abseits von lsmen lebte, schuf
und agierte Hedwig Mailler-Lesigang. Früh von
künstlerischen Neigungen bedrängt, wandert ein
iunges Mädchen aus Gföhl im Niederösterreichischen
in die Metropole. In den berühmt-berüchtigten
zwanziger Jahren. Mittels Abendschulen und
Kursen erweitert sie Wissen und künstlerische
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Fertigkeit, wird kreativ in Batik und Graphik. Vor
allem die aus Indien und Java herkommende
Technik der Wachsbatik bestimmt ihr Schaffen und
läßi sie sehr gekonnte eigenständige Leistungen
hervorbringen. Hier schafft sie auf der Basis
spezieller Anwendungsprinzipien. Und noch einmal
erstaunlich, wie diese Schöpfungen heute noch mit
einer Frische und Ursprünglichkeit bestechen und
manche verkrampfte Kreationen der Gegenwart
- nostalgisch verbrämt - glatt ausstechen. Hier
erweist es sich, daß nicht immer nur der für einen
Stil oder eine Kunstepoche paradierende, fast schon
zu Tode publizierte Künstler oder eine Gruppe
von Künstlern ein Bild derselben charakterisieren,
daß eher die noch nicht Klischee gewordene
Spätentdeckung imstande ist, neue und nicht
weniger charakteristische Glanzlichter zu setzen.
Wenn man sich in der Ausstellung der Hedwig
Mailler-Lesigang umsieht, findet man das bestätigt.
Die bewußt auf Schlichtheit und klare Uberschau-
barkeit ausgerichtete Schau kommt den sorgsam
präsentierten Obiekten zugute und spiegelt uns
die künstlerische Linie und das Dekorum der
zwanziger Jahre und deren Zeitgeist wider. Da
quillt alles in überreichen Phantasmagorien
polychrom und in dichtem, federgestricheltem
Schwarzweiß. Da ein subtil in eine Wiese
hingebettetes zartes weibliches Zauberwesen, schier
zugedeckt von zahllosen Ornamentblüten, so daß
man dieses Wesen wie in einem Vexierbild erst
suchen muß. Indes der König finster-forschend
rückwärts blickt. Dort eine Batik mit so reichem,
tatsächlich phantastischem Ornamentdekor
überzogen, daß die Summe der kleinen Einfälle
überrascht und summa summarum ein überreiches
Ganzes ergibt.
Dr. Dora Heinz, die Leiterin der Textilsammlung
des Museums, würdigt und tegalisiert das Schaffen
der erst spät zu Ausstellungsehren gekommenen
Künstlerin: „Die Hinwendung zu Ornament und
reicher farbiger Gestaltung, wie sie in allen
Bereichen des Wiener Kunsthandwerkes in den
zwanziger Jahren sichtbar wird, bestimmt auch die
künstlerische Grundeinstellung von Hedwig
Mailler-Lesigang. In ihrer persönlichen Eigenart
und dem Spezifikum ihrer Botikarbeiten, die in
dieser Ausstellung erstmals in größerem Umfang
gezeigt werden, bilden ihre Werke einen gültigen
Beitrag zum Wiener Kunstschaffen des Art deco."
So gesehen war die „Auffindung" von Hedwig
Mailler-Lesigang durch den Direktor des Hauses,
W. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, eine geglückte
und für das Haus erfreuliche.
Am Zustandekommen der gut aufgenommenen
Schau waren sowohl die Damen der Textilabteilung,
Gloria Brachetko, Hedwig Lang und Felicitas Hagen,
wie auch die Herren Albrecht und lwanofsky
beteiligt, denen einmal öffentlich Dank gesagt
werden sollte für ihren stillen Einsatz bei laufenden
Aktivitäten und ihr Nadelmühen, wertvollstes
Textilgut zu restaurieren.
Man spricht viel vom Wandel der Stile, der Kunst
schlechthin. Mehr oder weniger umschreibt man
hiebei oft das Zurückgreifen auf trächtige Perioden
künstlerischer oder sonstiger Kreativität, kaschiert
damit manche künstlerische Zangengeburten, denen
durch geschicktes Agieren über die Gebühr langes
Leben gelingt, während manche Künstlerschaft
übersehen wird, weil sie sich einfach nicht zu
verkaufen versteht.
Hier und heute aber steht noch eine solche
guterhaltene Dame in hohen Jahrzehnten, Hedwig
Mailler-Lesigang, mit beiden Beinen in der Realität
des Daseins und am Gaspedal, entsteigt unvermutet
zum Abräumen ihrer Ausstellung einem Fiat,
Vertreterin einer Zeit, die kraft ihres Werkes der
mitunter bläßlich-nostalgischen Schwindsucht ins
blaugeliederte Make-up bläst. (Abb. 3-5)
Riedel-Glas - Ein Glasmacher der Gegenwart
Festschrift des Österreichischen
Museums für angewandte Kunst
Altes Haus, Eitelbergersaal
Wien 1, Stubenring 5
19. 2-31. 3. 1975 (14 Tage verlängert)
Claus Josef Riedel hielt nicht zum erstenmal Einzug
in das Haus mit seinen und aus seiner Glashütte
kommenden Glasschöpfungen. lm Lauf der Jahre
entstand so etwas wie eine traditionelle Bindung
von Institution und Unternehmen.
Einzug des Abkömmlings eines, wie ihn seine
Zeitgenossen nannten, böhmischen Glaskänigs,
Josef Riedel. Mit der natürlichen Attitüde und
Noblesse quasi eines modernen Glas„fürsten"
residierte er auch im feierlichen Rahmen des
Renaissancesaales, wo die Eröffnung seiner
Ausstellung, die Arbeiten van 1965 bis 1975 zeigte,
stattfand. Prof. Claus Josef Riedels imposante
Erscheinung und sachlich-emotionelle Dialektik
ließen den gerade 50 Jahre alt Gewordenen im
Mittelpunkt des festlichen Eröffnungsaktes stehen.
Eine ansehnliche Festgemeinde sah als Sprechende
W. Hofrat Prof. Dr. Wilhelm Mrazek, den
Direktor des Österreichischen Museums für
angewandte Kunst, den Jubilar, Prof. Claus Josef
Riedel, Frau Bundesminister für Wissenschaft und
Forschung, Dr. Hertha Firnberg, und den Herrn
Bundespräsidenten, Dr. Rudolf Kirchschläger.
Letzterer verwies auch in seiner Eröffnungsrede
auf gemeinsame Begegnungen anläßlich einer
Präsentation Riedelschen Glases in seiner Prager
Amtszeit. Hiebei vermerkte der Bundespräsident
besonders den nachhaltigen Eindruck, den die
Riedelschen Glasschöpfungen damals, gerade im
Mutterland der Glasmacher, hinterlassen hatten.
Nach dem Eröffnungsakt begab sich die Fest-
gemeinde in den Eitelbergersaal, der in
geschlossenem, koiengeteiltem Geviert, durch
geschickte Lichteffekte akzentuiert, das reiche
Schaffenspotential eines Dezenniums der Glashütte
Riedel präsentierte. Alle möglichen Spielformen des
Glases, nach formal und funktionell optimalsten
Kriterien erfunden, erdacht und entworfen und zur
Freude des „Glasprofessors" J. C. Riedel, strahlten
da. Nichts kannte diesen wohl in diesen Augen-
blicken mehr mit Stolz erfüllen als die Tatsache,
daß er, nun im Zenit des Lebens, aus aussichtsloser
Position ein solches Glasimperium schaffen kannte.
Hatte er doch nicht einen Knopf in der zerschlissenen
Tasche, als er, aus den Wirren van Krieg und
Gefangenschaft kommend, in Tirol aus dem Zuge
sprang. instinktiv daselbst, einem uralten Glasland,
neue Basismöglichkeiten sah und aus dem Nichts sein
Werk aufzubauen begann. Alte Tiroler Glasmacher-
tradition und alte böhmische Glaskunst gingen eine
neue fruchtbringende Synthese ein. Heute floriert
das Unternehmen, und den Glasmacher C. J. Riedel
drängt es bei allem so notwendigen kommerziellen
Engagement, nach wie vor zu neuen Schöpfungen.
Welthöchste Auszeichnungen und Preise fordern
ihn selber immer wieder heraus. Aus Tradition und
vom Blute her Glasmacher, sprudeln seine Ideen
gleichsam in die zarte Materie, werden funktions-
gerechte Farm, nach strengsten Maßstäben
analytisch-kombinatorischen Denkens, Produkte
phantasiebeflügelter Ästhetik. Eine Publikation,
großzügig angelegt und mit reichem Bildmaterial
von dem Fotografen Fred Peer ausgestattet, gibt
dem Jubilar und der Ausstellung beste Unterstützung
und Weihe. Peer „entdeckt" in gekonnten Graß- und
Detailaufnahmen den vielschichtigen Mikrokosmos
der Riedelschen Glaskreationen überzeugend. Man
kann angesichts alles dessen dem Jubilar Prof.
C. J. Riedel zu seiner Bi-Genialität - künstlerische
Potenz und kommerzielles Geschick - viel Glück
für ihn und alle seine Glasmacher wünschen, nicht
zuletzt zum Wohle Österreichs selber. Sein
expandierender Unternehmensdrang - ein Werk in
Persien soll errichtet werden - möge nie erlahmen.
Und möge er selber, der Glasmacher par excellence,
fast schon zu Lebzeiten Legende, seinen
Nachkommen Erfahrungen und Riedelschen Geist in
genügend hoher Dosierung vermitteln, damit sein
gesundes Unternehmen beispielgebend auf die
Zukunft ausrichtend. (Abb. 6-8)
Leopold Netopil