matik seiner Bilder, offenbar den Einflußsphüren
seiner Umwelt folgend, sich innerhalb der etwa
zwölf Jahre seines Wirkens in erstaunlicher Wei-
se wandelt.
Seine Frühwerke, z. B. der „Hochzeitstanz" und
der „Bauernstreit", zeigen zwar eindeutig die
Nähe zur niederländischen Kunst, doch griff
Liss andererseits auf Typen, Motive und Bewe-
gungen der deutschen und niederländischen
Graphik des T6. Jahrhunderts zurück. Beim Blick
auf Liss' folgende Jahre - ab etwa 1620 in Ve-
nedig und Rom - ist es faszinierend, zu beobach-
ten, wie sich in seinen Bildern - als sei er in
einer anderen, nicht mehr bäuerlichen Welt
heimisch geworden - der gesellschaftliche Rah-
men seiner Darstellungen wandelt, obwohl der
„Verlorene Sohn", das „Morraspiel" oder die
„Soldatengelage" - van denen jeweils mehrere
eigenhändige Fassungen in der Ausstellung zum
Vergleich zu sehen sind - vor allem vom The-
matischen her noch die Einflüsse der niederlän-
dischen Gesellschaftsstücke spiegeln. Besonders
die letztere Komposition verdeutlicht allerdings
auch den für Liss überragenden Einfluß Cara-
vaggios, Für die außerordentlich positive Auf-
nahme des Riesengemöldes bei den Zeitgenos-
sen (Sandrart schreibt: „... daß diese Werke
nicht allein hochgepriesen, sondern auch von
den Kunstliebenden um großen Wehrt erkautfet
worden") waren sicherlich die überschöumende
Lebendigkeit und Lebensfreude ausschlaggebend,
die Liss, noch weit über den Realismus Cara-
vaggios hinausgehend, seiner Darstellung gab.
Diese Fähigkeit, seinen Gestalten körperliche
Fülle und den Anschein von wirklicher Bewegung
zu geben, zeichnet alle seine Werke, im Ansatz
auch die frühesten, aus. In den Zeichnungen er-
reicht er diese Eigenschaften durch den auf- und
abschwellenden Strich und die Laviertechnik, die
nicht nur realistisch zur Schattierung verwandt
wird, sondern frei und malerisch das ganze Blatt
überzieht. Bei den Gemälden tritt die valle Be-
herrschung dieser malerischen Kultur erst durch
die Berührung mit der Kunst Venedigs ein. Ein
Bild wie das „M0rraspiel" in Kassel, in dem
von dem links unten keifenden Hund über die im
Spiel und im Zuschauen gestikulierenden Perso-
15