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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 140)

matik seiner Bilder, offenbar den Einflußsphüren 
seiner Umwelt folgend, sich innerhalb der etwa 
zwölf Jahre seines Wirkens in erstaunlicher Wei- 
se wandelt. 
Seine Frühwerke, z. B. der „Hochzeitstanz" und 
der „Bauernstreit", zeigen zwar eindeutig die 
Nähe zur niederländischen Kunst, doch griff 
Liss andererseits auf Typen, Motive und Bewe- 
gungen der deutschen und niederländischen 
Graphik des T6. Jahrhunderts zurück. Beim Blick 
auf Liss' folgende Jahre - ab etwa 1620 in Ve- 
nedig und Rom - ist es faszinierend, zu beobach- 
ten, wie sich in seinen Bildern - als sei er in 
einer anderen, nicht mehr bäuerlichen Welt 
heimisch geworden - der gesellschaftliche Rah- 
men seiner Darstellungen wandelt, obwohl der 
„Verlorene Sohn", das „Morraspiel" oder die 
„Soldatengelage" - van denen jeweils mehrere 
eigenhändige Fassungen in der Ausstellung zum 
Vergleich zu sehen sind - vor allem vom The- 
matischen her noch die Einflüsse der niederlän- 
dischen Gesellschaftsstücke spiegeln. Besonders 
die letztere Komposition verdeutlicht allerdings 
auch den für Liss überragenden Einfluß Cara- 
vaggios, Für die außerordentlich positive Auf- 
nahme des Riesengemöldes bei den Zeitgenos- 
sen (Sandrart schreibt: „... daß diese Werke 
nicht allein hochgepriesen, sondern auch von 
den Kunstliebenden um großen Wehrt erkautfet 
worden") waren sicherlich die überschöumende 
Lebendigkeit und Lebensfreude ausschlaggebend, 
die Liss, noch weit über den Realismus Cara- 
vaggios hinausgehend, seiner Darstellung gab. 
Diese Fähigkeit, seinen Gestalten körperliche 
Fülle und den Anschein von wirklicher Bewegung 
zu geben, zeichnet alle seine Werke, im Ansatz 
auch die frühesten, aus. In den Zeichnungen er- 
reicht er diese Eigenschaften durch den auf- und 
abschwellenden Strich und die Laviertechnik, die 
nicht nur realistisch zur Schattierung verwandt 
wird, sondern frei und malerisch das ganze Blatt 
überzieht. Bei den Gemälden tritt die valle Be- 
herrschung dieser malerischen Kultur erst durch 
die Berührung mit der Kunst Venedigs ein. Ein 
Bild wie das „M0rraspiel" in Kassel, in dem 
von dem links unten keifenden Hund über die im 
Spiel und im Zuschauen gestikulierenden Perso- 
 
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