l war, wie für die Erfindung der Intrige.
is Mann hat auch nicht verschwiegen, wie
g ihm bei der Konzeption seiner Roman-
n die bildende Kunst war. So heißt es
nd der Vorarbeiten zum „Doktor Faustus":
:en, Exzerpte Luthers Briefe. Dürer-Bil-
' An einer anderen Stelle notiert er: „...
ilte es an Anschauungsstütze . .. Irgendwie
ius der Vergangenheit, aus Erinnerungen,
n lntuition geschöpft werden"? Man be-
wie neben literarischem und erlebtem
lie bildende Kunst als gleich wichtige Quel-
Jngezagen wird. Manchmal hat der Dichter
orbild aufgedeckt - so etwa für den Mo-
„Das Gesetz", oder den Hermes Psycho-
as im „.loseph" -, manchmal liefert das
Anhaltspunkte, in vielen Fällen aber stellt
eim Leser angesichts der Beschreibung so
er Romanfigur oder auch Szene jenes
ümlich-quälende Gefühl des „deiä-vu" ein.
ien aber kann das Vorbild nur, wer es
Phantasiemangel - so muß man es wohl
n -, der Thomas Mann zu solchen Anleihen
', ist durch eine außergewöhnliche Beob-
gsgabe kompensiert. Er selbst schreibt
Die eine und naheliegendste Möglichkeit war die
weiter oben erwähnte, Werke der bildenden
Kunst, in diesem Falle Porträts, als Modelle für
die Romanfiguren zu verwenden. Das gilt vor
allem für historische Romane, wie etwa den
„Doktor Faustus" oder die „Josephstetralogie".
Tatsächlich lieferten für die Personen im „Dok-
tor Faustus" Gemälde Dürers und seiner Zeit-
genossen die Vorbilder. Wir wissen, daß sich
Thomas Mann mit Dürer sehr eingehend be-
schäftigt hat". Für „Die Geschichten Jaakobs"
haben Werke der monumentalen Kunst der Pha-
raonenzeit Modell gestanden.
Einige Beispiele seien im folgenden vorgeführt,
doch ist keinerlei Vollständigkeit angestrebt, die-
se kann kaum (e erreicht werden, es geht uns
lediglich um das Prinzipielle des künstlerischen
Vorganges.
Daß die Eltern und die nächste Umgebung des
Adrian Leverkühn von Dürer und seinen Zeit-
genossen stark geprägt sind, ist naheliegend,
waren (a der historische Faust und Dürer Zeit-
genossen. Thomas Mann legt Gewicht darauf,
die mittelalterliche Atmosphäre zu betonen, die
1a auch für die Thematik wichtig ist. Er spricht
von dem „schönen altdeutschen Kopf" des Vaters
Adrians, an einer anderen Stelle, daß er vom
„besten Deutschen Schlag" war". Tatsächlich
hat für den Vater das Porträt von Philipp Me-
lanchton als Modell gedient", während für die
Mutter „das Bildnis einer iungen Frau" (im ehe-
maligen Museum in Berlin) (Abb. 2) fast wört-
lich „abgeschrieben" ist. Man vergleiche den;
„... die Ohren zur Hälfte bedeckenden Schei-
tel.. sehr straff gezogen so daß die
Teilungslinie über der Stirn die weiße Kopfhaut
bloßlegte. Trotzdem einiges iases Haar vor
den Ohren sehr anmutig davon herunter"?
Ebenso deutlich erkennbar ist Adrians Onkel,
der Geigenbauer: „Er war ein Mann mit unge-
ordnet herumhängendem aschfarbenem Haar
und einem bartlosen, sympathisch ausgearbei-
teten Gesicht, dessen Backenknochen sehr stark
hervortreten, mit gebogener, etwas hängender
Nase, einem ausdrucksvollen Mund..." Daß es
sich hier um das Porträt von Wolgemut von
Dürer handelt, bis zu den „in bemühter Herzens-
güte, auch Klugheit dreinblickenden Augen"",
erkennt ieder, der das Porträt von Dürers Leh-
rer kennt (Abb. l). Die für Adrian schicksalhafte
Esmeralda trägt Züge der „Jungen Veneziane-
rin" im Kunsthistorischen Museum in Wien, dies
:iner Beobachtungsgabe als von einer Lei-
lQTT, einer Passion, einem Martyrium und
ttum: „... als Künstler zwingt dich der
1, zu beobachten, blitzschnell und mit
"zlicher Bosheit jede Einzelheit zu perzie-
"." Und es genüge ihm, heißt es, einen
sbacher z. B. nur einen Augenblick zu
chten, um mehr über ihn und seinesglei-
u wissen als manch anderer.
so außerordentlichen Beobachtungsgabe
lem Dichter in der Sprache ein einzigar-
Vergegenwärtigungsvermögen zur Verfü-
Die fotografische Treue der Beobachtung
er nicht nur formend, sie ist deutend und
ld zugleich. An einer bis in die tiefsten
ten der Erscheinung dringenden Beobach-
abe entzündet sich die dichterische Ge-
gskraft und mit ihr das psychologische
itnisvermögen des Dichters.
also die Vorausserzungen und Gründe,
omas Mann zur Verwendung von visuellen
len zwingen und so das Phänomen des
tates" hervorbringen. Sie liegen, um es
l sagen, im Phantasiemangel des Dichters.
genden wollen wir einige Bildmontagen
üsseln, als Beispiele nur, denn vor allem
ezeigt werden, daß Thomas Mann nicht
ich in den Bildmontagen, ebenso wie in
terarischen Montagen, „offene" und „ge-
', so geheime, daß man sie eher schon
armetische" bezeichnen müßte, verwendet,
n doß es verschiedene Möglichkeiten für
s Mann gab, das visuelle Vorbild in den
lstaff zu verweben.
6 Musikantinnen.
Theben
7 Damengesellschatt. Fresko. Museum Kairo
Fresko im Grab des Nakht,
Anmerkungen 20-29
" Th. Mann, Die Entstehung, a. a. O., S 28
" Th. Mann, Die Entstehung, a. a. O., S 27
7' Th. Mann, Bilse und ldl, a. a. O.
" U. Finke, a. a. O.
1' Th. Mann, „Doktor Faustus", Das Leben des deutschen
Tonsetzers Adrian Leverkühn erzählt von seinem Freunde,
Stockholm 1947, S. H.
75 Th. Mann, a. a. O., S. 36; lrmgard Kern, „. .. was zu
entlarven". Eine Identifikation der Eltern Adrian Lever-
kühns, in Frankfurter Allg. Ztg., 24. April 1959.
u Th. Mann, „Doktor Faustus", a. a. O., S. 36.
7' Th. Mann, „Doktor Faustus", a. a. O., S. 62.
"H Zolascer, les Hypostoses du Temps dans Vaeuvre de
Thomas Mann, in: La Revue du Caire, Kairo 1959.
1' E? lmgngh Joseph und seine Brüder, Stockholm 1952.
hat Thomas Mann in einem Brief bestätigt".
Soweit einige Montagen von Bildwerken im
„Doktor Faustus", daß ihre Zahl weit größer
sein dürfte, muß nicht erst gesagt werden. Auch
einige Beispiele aus den „Geschichten Jaakobs"
seien angefügt. Wer z. B. erkennt in dem
„tüchtigen Ehezwerg Dudu", dessen Frau den
Arm um ihn schlingt, und in seinen „zwei über-
großen Sprossen"" nicht die Figurengruppe
aus dem „Ägyptischen Museum" in Kairo, die
einen Zwerg mit einer lebensgroßen Frau und
seinen zwei Kindern darstelltl? (Abb. 3.) (Hier
stellt sich auch die ebenso interessante wie wich-
tige Frage der Priorität: Hat die Figurengruppe
Thomas Mann angeregt, die Gestalt des Zwer-
ges und seiner Rolle im Ablauf des Romange-
schehens zu schaffen, oder gab das Bildwerk
nur gewisse äußere Eigentümlichkeiten für eine
bereits konzipierte Figur?) Wer erkennt nicht in
seinem Gegenpart, im Zwerg Gottlieb, mit ägyp-
tischem Namen Bes-em-heb, der sich in „ewiger
Gala" befindet - so bezeichnet Thomas Mann
nicht ohne Humor den ichtyphalischen Gott -,
den gleichfalls zwerggestaltigen Fruchtbarkeits-
gott Bes, der in unzähligen Amuletten darge-
stellt wurde? Die großartige Figur des Bekne-
chan, Amons Hohepriester, ist einer eindrucks-
vollen Porträtplastik im ehemaligen Museum in
Berlin nachgebildet (Abb. 4). Man vergleiche die
Beschreibung, die Thomas Mann vom Priester
gibt, mit der Plastik: „Sein eiförmiger Kopf mit
dem niemals bedeckten, glattrasierten Schädel
war bedeutend und nach seinem Ausdruck gänz-
lich bestimmt durch ein tief und scharf einge-
27