I Aktuelles Kunstgeschehen l Österreich
hoher Qualität. Er scheint sich dabei, voller Humor,
hinter den Grenzen des „real" Sagbaren aufzuhalten
und betreibt sozusagen Psychoanalyse a la Fritz
von Herzmonavsky-Orlando. Doch die Welt des
Surrealen ist Vor-Bild und Ausgangspunkt für
Koller, seine „illustrativen" Federzeichnungen sind
Visionen über das Innerste mancher unserer
Zeitgenossen. (3.-27. 4. 1975)
Markus Vallozzo
Hier gibt es nur dieses: „Ich zeichne, also bin ich"
- wie Vallazza selbst von sich sagt. Hier ist der
Mensch das Wichtigste, oft das Ausschließliche in
diesen Blättern, pulsierend, sinnlich, immer
Ieib-haftig („Frauen zeichne ich am liebstenl"),
voller Beweglichkeit. Vallazza weiß, daß Wissen
nicht eine Sache des Gehirns allein zu sein braucht,
weiß aber auch - wie alle großen Zeichner -, daß
Wesentliches für die Augen unsichtbar bleiben
kann: „lch will ehrlich sein, ich liebe Geheimnisse."
Nach den wichtigen Salzburger Ausstellungen vom
März 1973 und vom Oktober 1974 von Werken
Vallazzas abermals ein bedeutendes Ereignis.
(2.-25. 5. 1975)
Nicole Bottet
Frau Bottets Aquarelle sind „reine" Malerei, ohne
Titel, voll von Farbe, von Leuchtkraft, von Ahnungen
des Körpers, besonders voll von Geheimnissen des
Geistes. Was sichtbar in ihnen ist, ablesbar,
beschreibbar, ist wenig von Bedeutung; alles das
aber, was „Esprit" sein kann, Geist, Seele, Leben,
Verstand, Witz, alles das wurde Gestalt in diesen
schönen Blättern. (2.-25. 5. 1975)
Kunstverein im Trakl-Haus
Anton Bachmayr
In Heft 138 (S. 48) dieser Zeitschrift wurde über
Bachmayrs graphischen Zyklus „Alexis Sorbas"
berichtet. Nun waren Illustrationen zu Werken von
Edgar Allan Poe sowie Blumen- und Landschafts-
aquarelle zu sehen. (24. 4.-19. 5. 1975) - (Abb. 14)
Museumspovillon
Albert Birkle
„Zeichnungen aus sechs Jahrzehnten" hat das
Kulturamt der Stadt Salzburg zur Vollendung des
75. Lebensiahres des Künstlers zusammengestellt.
Gewiß ist das Hauptwerk des seil 1933 in Salzburg
lebenden Malers in der europäischen Glasmalerei
des 20. Jahrhunderts zu finden - neben den
salzburgischen Kirchenfenstern von St. Blasius oder
der Christuskirche etwa in großen Zyklen in
Dornbirn, Graz, Konstanz oder in der Kathedrale
von Washington D. C. -, aber ebenso sind seine
Kahlezeichnungen, expressiv und gleichzeitig die
Leidenschaftlichkeit des Menschenbildes verkündend,
eine wichtige Komponente seines noch immer viel
zuwenig bekannten Gesomtwerkes.
Galerie Acodemio
Christine Heuer
Neben einigen Aquarellen erregten besonders die
Federzeichnungen mit den Themen aus Landschaft
und Architektur Aufmerksamkeit und erwiesen ein
wichtiges malerisches Temperament.
(Mai 1975) - (Abb. 15) Franz Wagner
Tirol
Innsbruck
Galerie Bloch
Anton Christian
Zeichnungen voller Fabulierlust. Verschiedentlich
wird auch ein mythologisches Thema angeschlagen.
Manchmal wird der Künstler auch ironisch. Feine
Strichführung und geballte Linienbündel wechseln
ab. Farbige Flächen geben einen Kontrapost.
(8.-27. 3. 1975)
Kärnten
Klagenfurt
40
Galerie Hildebrand
Bilder zur neueren österreichischen Literatur
In der von der Galerie Basilisk, Wien, zusammen-
gestellten Schau wurde die Wechselbeziehung
der bildenden Künstler und der literarischen
Autoren dokumentiert. Unter den Literaten finden
wir die Namen: G. Rühm, P. Handke, F. Moyröcker,
F. Achleitner, H. Lebert, A. Fuchs, A. Vogel,
H. C. Artmann, G. Saiko, Th. Bernhard u. a., unter
den Graphikern: W. Frenken, R. A. Kaufmann,
A. Fink, K. A. Fleck, D. Ritter, A. Wichtl,
H. Staudacher u. a. (2.-16. 4. 1975) - (Abb. 16)
Villach
Galerie an der Stadtmauer
Wolfgang Bergner
Des iungen Niederösterreichers Stärke ist auf alle
Fälle die Graphik. Er versucht immer wieder,
Bewegungselemente im Bildaufbau zu verwirklichen.
Musizierende Menschen geben dazu einen
geeigneten Vorwurf, ein bei allen Futuristen schon
beliebtes Thema. Hier war Bergner auch mit
Städteveduten vertreten, die ihn mit harten
Strichlagen und hellen Leerflächen in die Nähe von
Zens führen. (8.-25. 4. 1975) - (Abb. 17)
Steiermark
Graz
Neue Galerie
Dora Maurer
Die 1937 in Budapest geborene Künstlerin nennt die
Ausstellung „Verschiebungen". Mit den einfachsten
Mitteln soll die Möglichkeit eines Erscheinungs-
wechsels angezeigt werden. Sie verwendet dazu
geometrische Formen, aber auch fotografische
Abfolgen. Im Grunde werden die uns selbst-
verständlichsten und nicht weiter beachteten
Phänomene zum Bewußtsein des Betrachters
gebracht. Dora Maurer lebt in Budapest und Wien
und gilt als progressive Künstlerin des heutigen
Ungarn. (20. 3.-13. 4. 1975) - (Abb. 18)
Tibor Goyor
Auch dieser 1929 in Ungarn geborene Künstler lebt
in Budapest und Wien, auch er gehört zur
ungarischen Avantgarde, ist Architekt und kommt
mit seinen Bildobiekten vorn Konstruktivismus. Auch
er zeigt uns Bewegungsabläufe. Mit Faltungen
und anderen sparsamen Mitteln will er Vorgänge
in Raum und Zeit vergegenwärtigen. Die Resultate
sind nach spröder als bei seiner Kollegin.
(20. 3-13. 4. 1975) - (Abb. 19)
Werner Doede
1907 in Posen geboren, ist Doede Kunsthistoriker,
aber auch zeitlebens als bildender Künstler tätig.
Ein Konstruktivist alter Schule, der später zu
einer freieren Gestaltung übergegangen ist. Die
besten Blätter der B5 gezeigten Exponate
entstammen der Zeit um 1930 und zeigen einen
starken Einfluß EI Lissitzkys. Hier sind sehr
saubere und klare Aussagen, die manchmal das
berühmte Vorbild übertreffen.
(21. 13.-13. 4. 1975) - (Abb. 20)
Frederick Kiesler
Der geborene Wiener, Architekt (1890-1965), der hier
an der Technischen Hochschule studiert hatte,
ging früh nach New York, bereits 1930 baute er dort
ein Kino in der B. Straße und war von 1933-1934
Direktor für Bühnenbildnerei, später Direktor des
Designlabors auf der Columbia-Universität in
New York. Er arbeitete auf den verschiedensten
Gebieten, als Architekt, Zeichner, Plastiker,
Designer. Er war sein ganzes Leben lang von einem
ungeheuren Gestaltungswillen beherrscht und
sprühte stets von Einfällen. „Er verwendete die
Spirale, lange bevor Frank Lloyd Wrigth dafür
berühmt wurde, und er entwarf Gebäude auf
Pfeilern, ehe Le Corbusier sie zu seinem Eigentum
erklärte" (F. S. Florian). Mit dem sakralen Bau
„Schrein des Buches", den er gemeinsam mit
Armond Bartos in Jerusalem baute, hat sein
Planen einen Höhepunkt erreicht. Die Gedächtnis-
schau dokumentierte dieses große Leben.
(20. 3.-13. 4. 1975) - (Abb. 21)
Oberösterreich
Linz
Neue Galerie
Kornelius Kolig
Der bekannte Plastiker aus Villach stellt 24 seiner
überaus präzise gearbeiteten Obiekte und
Zeichnungen, 1968-1975, aus. Die Zeitspanne, in der
die Werke entstanden sind, ist zwar kurz, trotzdem
ist eine gewisse Entwicklung festzustellen.
Abgesehen davon, daß die bekannten Kugel- und
Halbkugelformen beibehalten werden, sehen wir
auch Röhrensysteme und Flächendurchdringungen,
auch iene Reiz- und Rotationsobiekte waren zu
sehen, die mit ihrer Mobilität dem Spiel- und
Veränderungstrieb des Menschen entgegenkommen.
Beachtenswert auch die Bleistiftskizzen, die für
den Obiektbauer Vorstufen auf dem Weg zum
Werk sind. (13. 11.-12. 4. 1975) - (Abb. 22)
Niederösterreich
St. Pölten
Galerie Hippol t
Arnulf Neuwirt - Ölbilder, Aquarelle,
Collagen
Die kleine aber sehr subtile Schau stand unter dem
Motto „Zum Frühlingsbeginn" und war auch
tatsächlich duftig und von zarten Farbreizen
geprägt. Neuwirth aquarelliert und collagiert
reich- und symbolholtig und versteht es
ausgezeichnet, mit kleinsten Einfügungen maximale
Wirkungen zu erzielen. Schillernde Federn und
glänzende Papierschnipseln tun das Ihre dazu.
(20. 3.-30. 4. 1975) - (Abb. 23)
Wiener Neustadt
Galerie 9
Henriette Hofmann und Loszlo Kutos
Beide Künstler stammen aus Ungarn. Die Hofmann
zeigte kultiviert gemalte Ülbilder, Kutos Klein-
plastiken, die im Aufbau an iene des Franzosen
Henri Matisse erinnern. Auch hier scheinen die
weiche Linienführung und die Umschließung von
Räumen wesentlich. (4-28. 4. 1975)
Baden
Galerie Baden
Hans Pilhs
Der 1903 in Tullnerbach geborene Maler war lange
Zeit verschollen und wurde erst durch die Initiative
von Komm.-Rat Wilhelm Herzog wieder einem
größeren Kreis bekanntgemacht. Besonders
faszinierend sind seine Graphiken, die einen
Vergleich mit ienen von Egon Schiele herausfordern.
Mit ganz wenigen und sicher durchgezogenen
Linien wird hier gestaltet, Räume werden mit
einigen Strichen erschlossen. Die Malerei, expressiv
und kräftig, läßt an Frankl, aber auch an
Faistauer denken. Die Farben sind freilich meist
abrupter gesetzt. Eine der besten Ausstellungen
dieser Galerie. (14. 3.-5. 4. 1975) - (Abb. 24)
Alois Vogel
Salzburgllnnsbruck,
„Gruppe 73" im Kongreßhaus
Im Einverständnis mit der Leitung des Solzburger
Kunstvereins und „auf seinem Boden" hatte sich
1973 eine neue Gruppe bildender Künstler
zusammengefunden. Die Wahl Slavi Sauceks zum
Ehrenpräsidenten mag Hinweis für die verbindenden
Elemente sein: ein mehr oder minder starkes
Abstrohieren vom sogenannten „Vorbild Natur" ist
für fast alle Arbeiten ebenso bestimmend wie die
von iedem Mitglied erreichte Vervollkommnung
aller technischen Möglichkeiten auf dem Gebiet der
Druckgraphik, wie nun auch in einer Ausstellung irr
lnnsbrucker Kongreßhaus deutlich geworden war.
(30. 5. bis 13. 6. 1975.) w