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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 140)

Es braucht wohl nicht besonders betont zu wer- 
den, welche Bedeutung der Bestand an Werken 
der Familie Alt, im besonderen von Werken 
Rudolf von Alts, für das Historische Museum der 
Stadt Wien hat. Man weiß, wie groß die Anzahl 
der bisher nicht erfaßten Werke ist, die dieser 
Maler geschaffen hat und mit welcher Intensi- 
tät er immer auf sein Thema eingegangen ist. 
Es war die Stadtvedute, die minuziös genaue 
Darstellung von Architektur und Landschaft, mit 
welcher Rudolf von Alt, den man vorzüglich als 
Aquorellisten zu schätzen gelernt hat, seinen 
Namen erhalten und bewahrt hat. Offenbar 
brauchte er nie lange, um sich in den Charak- 
ter einer Landschaft einzuleben, er notierte und 
malte, auch auf seinen Reisen, wie es sein Ge- 
genstand erforderte. Das Reisen war für die 
Erweiterung seines Horizontes wichtig, doch blieb 
sein zentrales Thema letzten Endes doch Wien: 
schied zu diesen seine Umwelt auf eine heitere, 
aber auch skeptischere Art betrachteteß. Und 
doch, wenn man solche Überlegungen anstellt, 
könnte man letzten Endes vermuten, Alt sei nur 
ein Ersatz für einen Fotografen gewesen, der 
sauber notierte und das Gesehene auf solche 
Art überlieferte. Das Malen von Veduten, das 
Festhalten von Situationen im Stadtbild, aber 
auch von lnterieurs war sein Beruf. Nicht zuletzt 
hat er sich damit sein Geld verdient. Doch was 
er damit für Wien schuf und was er daraus 
machte, war mehr. Es wäre falsch, ihn von An- 
fang an einen lmpressionisten zu nennen, ob- 
wohl er vor der Natur malte. Insofern schloß er 
ganz an seine genannten Vorgänger an, als er 
anfangs gar sehr eine durchaus obiektive Art der 
Darstellung und dagegen iede persönliche Emp- 
findung, seine eigene Stimmung, zurückzudrän- 
gen suchte. Es entstand also eine genaue, durch- 
2 Rudolf All, Blick auf Wien vom Heumarkt, ' 
Bleisliflzeichnung, uquurellieri, 19,9x70,4 
HM lnv.-Nr. 17.665 
 
Das wird in allen Schriften über ihn betont, und 
es sind auch genug Aussprüche des Malers selbst 
überliefert worden, mit denen dies bestätigt 
wird. Der Stephansdom war sein Lieblingsmativ, 
ihn stellte er von allen seinen Motiven am öfte- 
sten dar. Also rühmt man neben der allgemein 
kulturgeschichtlichen besonders die lokalge- 
schichtliche Bedeutung seines Werkes, vor allem 
die „liebevolle Umständlichkeit", mit der er seine 
Ansichten wiedergab l. 
Das Wort von der Liebe zum Gegenstand ist bei 
Alt richtig am Platz. Vor allem das alte Wien 
bedeutete ihm viel, das um die Mitte des Jahr- 
hunderts noch nicht mehr als 400.000 Einwohner 
hatte und dem er, nach all den vielen Verände- 
rungen baulicher Eigenart, nachtrauerte. Er fühl- 
te sich eins mit dieser Stadt, wenn man ihn, 
diesen „Nachklang des biederen Winzigmalers 
Wigand", rief, um neue, veränderte oder von 
Veränderung bedrohte Winkel der Stadt im Bilde 
festzuhalten. Dach wie man ihn mit Wigand 
vergleicht, so rühmt man in ihm den Nacheiferer 
eines Thomas Ender, aber auch eines Salomon 
Kleiner, Carl Schütz, Johann Andreas Ziegler 
oder Laurenz Janscha, der allerdings im Unter- 
2 
aus gekonnte Wiedergabe des Gesehenen, wenn 
auch keine sklavische Replik. Man spürt in al- 
len Blättern die positive Einstellung z-ur Sache. 
Architekturdetails nachzuspüren, bereitete ihm 
beispielsweise sichtlich ein Leben lang Behagen. 
Zwar hat er, wie schon festgestellt, geradezu un- 
zöhlige Male den Stephansturm dargestellt, 
doch verstand er es, den Ergebnissen immer 
wieder eine andere Note zu geben! Er erlaubte 
sich keine Flüchtigkeit und stand immer souverän 
über dem Gegenstand, abwohl er sich ihm in 
großer Treue verpflichtet fühlte. Vielleicht ist es 
auch nicht falsch, zu sagen, daß die Wiener 
Blätter mit einem noch größeren Engagement 
geschaffen, zumindest aber mit noch größerer 
Überzeugungskraft ausgestaltet sind als iene, 
die auf Reisen entstanden. Dafür gäbe es eine 
Erklärung: Der Lebensraum, in dem sich der 
Künstler bewegt, kommt in der Darstellung un- 
mittelbarer und dichter zur Geltung, als das nur 
kurz, wenn auch nicht unbedingt flüchtig Er- 
schaute {e kommen könnte. 
Das Historische Museum der Stadt Wien verfügt 
über mehr als siebzig Aquarelle und Zeichnun- 
gen Rudolf von Alts, die ausschließlich die Wie- 
Anmerkungen 1-3 4, 4-85 
lK. Malkon in: Kindlers Malerei-Lexikon, Bd. l, I 
m4, s. 72. Entgegen der allgemein vertretenen A. 
sung Sehe ich in RuctQlf Alt doch in erster Linie 
Zeichner und nicht den Maler. Er dachte nicht ir 
malerischen Fläche, sondern er „kolorierte". Er r 
zumeist mit spitzem Pinsel, der iltm solcherart Zeiche 
oder Feder ersetzte. Daß dies den topographischen 
seiner Arbeit steigerte, ist WOlll verständlich. 
' Ludwig Hevesi, Rudolf Alt, Wien l9l0, S. 65 und 72. 
3 Ludwig Münl, Rudolf VDI! Ält, Wien T954.
	        
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