Varia
5 Jahre
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung
Mit einer Ausstellung unter dem Titel „Die
Bundesmuseen - Kataloge und Plakate" (einge-
schlossen die österreichische Nationalbibliothek)
gibt das noch iunge, 1970 begründete Bundes-
ministerium für Wissenschaft und Forschung unter
der Führung von Frau Bundesminister Dr. Hertha
Firnberg einen QEWICIIIIQQH Tätigkeitsnadiweis in
Sachen Kunst und Kultur. Mit den umfangreichen
Vorhaben auf dem Gebiete von Wissenschaft und
Forschung Hand in Hand geht das ministerielle
Bestreben, in besonderem Maße das traditionell
stets etwas antiquierte Kunst- und Kulturbewußt-
sein des Österreichers durch gezielte Aktivitäten
mit frischem Geist zu erfüllen. Das kann und muß in
erster Linie über die Hauptplattform, das Museum,
geschehen, dessen Aufgabe neben seinen
wissenschaftlichen Vorhaben es auf Zukunft
gesehen ist, in immer stärkerem Maße Kommuni-
kationszentrum auf verschiedenen Ebenen zu sein.
Mit immer moderneren Mitteln will man alle
Möglichkeiten ausschöpfen, das Verständnis für
Kunst generell zu wecken, von der Selbstverständ-
lichkeit, mit Kunst bereichert zu leben, überzeugen.
Neben echten großen Erfolgen in dieser Richtung
herrscht aber nach wie vor in breitesten Kreisen und
Gesellschaftsschichten die Meinung vor, „man
könne auch ohne Kunst Ieben". Eine ungeschminkte
Tatsache, der nur durch verstärkte Einfühlung und
noch wirksamere Aktivitäten begegnet werden kann.
Dessen ist man sich zu höchster Stelle voll
bewußt, und so ist die Ausstellung des Ministeriums
nichi nur Rechenschaftsbericht auf dem kulturellem
Sektor, sondern ein Gesamtbild mehr oder minder
erfolgreicher Aktivitäten, getragen und initiiert
vom Willen einer volksnahen Ressortministerin, die
in Zukunft noch stärker und freier, offener und
gezielter als bisher einer gesunden Programmatik
entspringen müssen. Allen so lebensnotwendigen
Prioritäten zum Trotz kann eine echte Bereicherung
des menschlichen Lebens nur über die breite
Ausdrucksskala des Schöpferischen erfolgen. Echte
Berührungspunkte und wesenentsprechende
Anklänge über Themata mit dem Kunstkonsumenten,
sprich Publikum, sollten geschaffen werden, wenn
man auf breiter Basis und auf Dauer Erfolg haben
will und wenn man iene Hinwendung zu
geschmäcklerischer Pseudokunst, durch ein
ungeheures Angebot verführend und „Ieicht
verständlich" in den gewissen Salons dargeboten,
unterbinden und zu echter Beziehung mit Kunst
hinführen will. Kulturpolitik ist der edelste Zweig
aller gesellschaftspolitischen Bestrebungen. Daß
gerade in den letzten fünf Jahren, besonders was
das Ausstellungswesen und dessen schon sehr
gesunde Konzeptionen anlangt, von seilen des
Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung
viel geschehen ist, davon wird diese Ausstellung,
die in der Wiener Graphischen Sammlung Albertina
vom 30. September bis 26. Oktober stattfinden wird,
Zeugnis ablegen.
Ausstellungszyklus T975
Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung und Wiener Museen
mit derZentraIsparkasseder GemeindeWien
Eine begrüßenswerte Initiative setzt in Zusammen-
arbeii mit dem Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung die Zentralsparkasse der Gemeinde
Wien mit ihrem für T975 vorgesehenen
Programm, einen Zyklus von Ausstellungen aus
Wiener Museen in ihren Zweigstellen durchzuführen.
Banken und Geldinstitute betrachten es als eine
ihrer vornehmsten Aufgaben, neben ihrer sonstigen
Fördertätigkeit mit Aktivitäten die Funktion der
Kunst im Alltag neu zu beleben und zu festigen.
Man will dabei beileibe nicht die Museen
konkurrenzieren, eher im Gegenteil „appetit-
anregend" wirken. Die hier besprochene Großaktion
der Zentralsparkasse begegnet in mehrfacher
Weise sowohl den Intentionen des Wissenschafts-
ministeriums wie denen der Museen. Erstens kann
50
dem seine Geldgeschäfte abwickelnden Staatsbürger
auf leichte, ia zwanglose Weise Kunst vor die
Augen gebracht werden. Man setzt Ruhepunkte
in die oft hektische Betriebsamkeit der Geldinstitute,
animiert zum Verweilen und kann Kunst entdecken
helfen. Ferner ist die Möglichkeit geschaffen,
das verborgene Museumsobiekt, das meist kein
Sekundärobiekt dem Werte nach ist, einem
relativ unbekannten unmuseolen Publikumskreis zu
erschließen; kann in der Folge damit bewirken,
das Interesse für die großen und reichen
Hauptsammlungen in den Museen selber zu steigern
und zu deren Besuch anregen. Vor allem an der
Peripherie, wo abseits der zentralgelegenen
Kunstsammlungen wenig Gelegenheit gegeben ist,
Kunst an den Mann von der Straße zu bringen,
scheinen solche Zweigstellen als Kommunikations-
zentren von wesentlicher Bedeutung.
Die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien hat und
wird 1975 in etwa 40 ihrer Zweigstellen diesen
Ausstellungszyklus veranstalten, der neben
Ausstellungen aus den Bereichen der Volkskunde,
der Mineralienkunde und Zoologie, der Volkskunst
und des Hausgewerbes wie der Völkerkunde auch
eine des Österreichischen Museums, des Bereichs
der angewandten Kunst, zeigt. Und zwar „Oster-
reichische Glaskultur" (von 1800 bis in die zwanziger
Jahre), ein Abriß aus der Geschichte des Glases
des Biedermeier, Historismus, Jugendstil und
Art deca, belegt mit Glasprodukten aus der
Glassammlung des Österreichischen Museums für
angewandte Kunst.
Um der Präsentation dieses vielgestaltigen Zyklus
einen würdigen und einheitlichen Rahmen zu geben,
hat die „Z" nach Angabe der Museumsdirektoren
einen Block von 50 Vitrinen herstellen lassen.
Das bezeugt ein echtes Engagement, für das das
gesamte Unternehmen ehrlich bedankt sein will.
Gustinus Ambrosi f
Wie so viele vor ihm - allerdings bereits im
hohen Alter von B3 - sah er den allerletzten
Ausweg in von eigener Hand bewirkter Flucht ins
Jenseitige. Ob es Weltflucht, zermürbende
Prostration rastlos meißelnder Bildhauerhände
oder Verbitterung gewesen sein mag, wir vermögen
das kaum zu erahnen. Sein weißhaariger
Titanenschädel war der Prototyp eines zu
meißelnden Schädels geradehin für iene gleich-
gesinnten Artsbrüder, die irgendwo im Gestern
ihre schöpferische Größe an der Schwelle der
Kunst des 20. Jahrhunderts als irrelevant deponieren
mußten. Gustinus Ambrosi - kraftstrotzend,
genialisch und doch mitten und zwischen den
künstlerischen Welten, hochgeehrt und entwürdigend
herabgeachtet, unbeirrbar mit einer Wildheit, ia
Starrheit ohnegleichen am globalen Antlitz eines
großen Zeitalters in Stein und Bronze werkend.
In Tausenden Porträt- und Kolossalplastiken, getreu
seinem eigenen Gebot des Carpe diem, verewigte
er große Geister, Staatsmänner, Dichter, Künstler,
Philosophen, ein Titan an SchaHenseifer und nie
erlahmender Schaffenskraft. Verbissen in die
heilige Stille seiner Taubheit versenkt, die ihn
auf ihre Weise begnadete. Und da war das für
ihn unerklärliche, das ianusgesichtige, zwiespältige
Verhalten der Zeitgenossen, der Zeitmeinung.
Einerseits Ritter der französischen Ehrenlegion,
Ehrenzeichenträger, mit einem Staatsatelier
gewürdigter, dann aber wieder ein von der
Kunstgeschichte so gut wie Totgeschwiegener. Ob
wir angesichts des fast gleichzeitigen Todes seines
großen heimischen Antipoden Fritz Wotruba,
dessen Werk erstmals in einmaliger Dichte und
Überschaubarkeit demnächst in Mailand vorgestellt
werden wird, diesen Widerspruch um Ambrosi
zu ergründen versuchen sollten? Wotruba, der sich
vom reinen Abbilden des Menschen mehr und
mehr Iossogte, aber dennoch mit dem Menschenbilde
ringend, eine zeitlose Archaiik mit konzentriertesten
Aussagewerten nach extremer Abstraktion anstrebte
und erreichte. Muß daneben das Werk eines noch so
dynamischen und von Urkräften getriebenen, mit in
übersteigerten Gebärdenposen ringenden
ambrosianischen Titanen nicht pathologisch-
verkrampft, wie von gestern wirken? Als ein Relikt,
das, inspiriert von den Rodin, Thorwaldsen, Canova
und ähnlichen, in einem dubiosen Zwischenbereich
angesiedelt ist? Oder hätte Ambrosi, der Lyriker,
der auch in der strengen klassischen Form des
Sonettes, der Terzine seine inneren Monologe
niederschrieb, dem Menschen und seiner Arbeit
dennoch in Liebe verbunden, ein besseres Los
verdient? Zuletzt vertrocknete sein Bild, das eines
Verpänten, mehr und mehr, und schließlich war er
der Kunstöffentlichkeit fast völlig aus dem
Bewußtsein gerückt. Man ließ ihn einfach in seinem
pompjs-monströsen Prateratelier gewähren. Das
aber war für einen Gustinus Ambrosi - trotzdem
er die Einsamkeit vorzog -, der die Himmel stürmen
wollte, wohl das Schlimmste.
Leopold Netopil
Salzburg, Großer Preis für bildende Kunst
der Salzburger Wirtschaft
An die Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für
Salzburg war immer wieder die Anregung
herangetragen worden, sich mehr als bisher an der
Förderung der bildenden Kunst in Salzburg zu
beteiligen. Nach Gesprächen mit der Vereinigung
Österreichischer industrieller (Landesgruppe
Salzburg) und der Interessenvertretung der
Salzburger Kreditinstitute konnten die ent-
sprechenden finanziellen Mittel für einen jährlichen
Kunstförderungspreis gesichert werden: Heuer
wurden zu ie 30.000 Schilling ein Preis für Bildhauerei
und einer für Graphik (ohne Aquarell] on Max
Rieder bzw. Gottfried Salzmann (siehe dazu
„Aktuelles Kunstgeschehen") verliehen; nächstes
Jahr folgt ein Preis für Malerei und ein
Jugendförderungspreis in gleicher Höhe, über-
nächstes Jahr wieder einer für Bildhauerei und für
Graphik und so fort. „Preiswerber können Künstler
sein, die entweder aus Stadt und Land Salzburg
gebürtig oder im Bundesland Salzburg ansässig sind
oder durch ihre Werke das kulturelle Ansehen
Salzburgs gemehrt haben. Mit dem Preis soll auch
nicht ein spezielles Auftragswerk, sondern das
bisherige Gesamtwerk eines Salzburger Künstlers
gewürdigt werden." Die Ausschreibung dieser
Kunstpreise erfolgt über den Salzburger Kunstverein
und die Berufsvereinigung bildender Künstler
Salzburgs.
München, Haus der Kunst
Vom "I5. Oktober 1975 bis zum I0. Jänner T976
werden „Toskanische Impressionen - Der Beitro
der Macchiaioli zum europäischen Realismus" zu
sehen sein. Die Blütezeit der Kiinstlergruppe der
„Macchiaioli" fällt in die Jahrzehnte zwischen
1850 und 1880. Die „Macchiaioli", die sich im
Florentiner Cafe Michelangiolo zu versammeln
pflegten, verstanden sich als eine Protestbewegung
gegen Akademismus und gegen „TraditionaIismus";
die produktivste Periode dieser sich auf die Natur
berufenden Realisten geht zeitlich und geistig
parallel mit verwandten Bestrebungen in fast allen
Teilen Europas (Carot, Courbet und die Schule
von Barbizon, der süddeutsche Leibl-Kreis etc.).
Initiative und wissenschaftliche Betreuung der
Ausstellung liegen in Händen von Erich Steingräber,
dem Generaldirektor der Bayerischen Staats-
gemäldesommlungen, und Dario Durbe, dem
Direktor des Archivio dei Macchiaioli in der
Galleria Nazionale d'Arte Moderna in Rom.