deren Zwecken. Es wurde 1868 anstelle des in
der Sökularisation leider aufgehobenen und
großteils demolierten Stiftes von St. Anidrö als
Knabenseminar der Erzdiözese München und
Freising errichtet und als solches 1972 aus päd-
agogischen Erwägungen geschlossen. Umbau und
Adaptierungsarbeiten, die auf den historischen
Plan des Münchner Architekten Matthias Berger
größte Rücksicht nahmen, dauerten zwei Jahre.
Was der erste Direktor, Dr. Sigmund Benker,
zusammen mit Kustas Dr. Peter Steiner und den
Herren des erzbischöflichen Bauamtes in Neu-
gestaltung und Präsentation geleistet haben,
zeugt von großer Einfühlungsgabe.
Die Sammlungen des Hauses haben natürlich
ihre Geschichte. Sie gehen im wesentlichen auf
die kenntnisreiche und engagierte Tätigkeit dreier
Münchner Diözesanpriester zurück, die unter
großen persönlichen Opfern angelegt und diese
schon zu Lebzeiten auf dem Freisinger Domberg
wissen wollten. Es waren dies der Lyzealprofes-
sor Joachim Sighart, dessen Sammlung romani-
scher Kunstwerke ab 1857 den Grundstock des
heutigen Museums bildet. 1864 gesellten sich die
von Heinrich Gotthard, Pfarrer in Oberbergkir-
chen, in Salzburg und Tirol gesammelten Tafel-
bilder dazu - zusammen 492 Obiektel Beide
Sammlungen wurden 1907 von Richard Hoff-
mann in einem Katalog „Die Kunstaltertümer im
erzbischöflichen Klerikalseminar zu Freising" der
Wissenschaft erschlossen; öffentlich zugänglich
waren sie nie. 1929 schließlich stiftete der letzte
königliche Hofkaplan, Josef Aumiiller, seine 1500
Gegenstände umfassende Kunstsammlung gleich-
falls nach Freising.
Mehr als 100 Jahre schlummerten diese Bestände
in diversen Depots - wahrlich ein Wunder, daß
sich noch so viel erhalten hat. Aus dem Um-
stand, doß die Freisinger Sammlungen ihre Wur-
zeln in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
haben, erklärt sich der beachtliche Bestand an
romanischen und gotischen Kunstwerken. ln
einem Augenblick, da die Kunst des Barock und
Rokoko kaum geschätzt, um nicht zu sagen ver-
achtet wurde, sammelten Sighart und Gotthard
in der romantischen Sehnsucht der beginnenden
Neogotik die damals hochgeschätzten Werke
der altdeutschen Kunst. Man erwartet in einem
kirchlichen Museum Bayerns dominierendes Ba-
rock - man findet eine erlesene Sammlung qua-
Hl. Jakobus; Meister von Rabenden, um 1520,
Lindenholz, H 121 cm (Leihgabe des Bayerischen
Natianalmuseums). (lnv.-Nr. L 7454)
Hi. Jungfrau; vielleicht vom HI. Grab an der
Stiftskirche St. Andreas in Freising. Sandstein,
um 1330 (ausgestellt in Salzburg, Stabat mater),
H 106 cm. (lnv.-Nr. P 6]
Hi. Michael; Detail der überlebensgroßen
Schreinfigur aus dem Hochaltar von Weihen-
stephan, 1489. Meister der Blutenburger Apostel,
Fassung barock, Lindenhalz. (lnv.-Nr. P 13)
HI. Johannes Evangelist einer monumentalen
Kreuzigungsgruppe; Bayern um 1470, Linden-
holz, Fassung 15. oder 16. Jahrhundert, H 170 cm.
(lnm-Nr. P 43)
HI. Michael; aus Türtenhausen bei Freising, um
1500, Lindenholz, barocke Fassungsreste, H 119.
(lnv.-Nr. P 70)
Kopf eines Engels oder Diakons; bayerisch, um
1480, Lindenholz, Originalfassung. (lnv.-Nr. P 35]
Anbetung der Könige; aus dem Dreikönigsoltar
des Freisinger Doms, Meister der Blutenburger
Apostel, um 1480, Lindenholz, Fassung 20. Jahr-
hundert. (lnv.-Nr. P 583)
litätvollster Plastik und Tafelmalerei vom '
zum 16. Jahrhundert.
Auch wenn man die Kunstwerke ihrer He
nach analysiert, ergibt sich ein weitgespc
Bogen. Fast wird man an den geschichtstl
gisch bedeutsamen Ausspruch des Babenbi
Otto, des Propstes von Klosterneiuburg Ul
schofs von Freising (gest. 1158), erinnert: „l
humana scientia seu potentia in Oriente
et in Occidente terminatur." (Alles mensc
Wissen und Können ging im Morgenlan
und wird im Abendland vollendet.) Das E
tinische Madonnenbild, der Legende nacf
hl. Lukas gemalt, steht hier wohl mit Recl
Anfang aller ausgestellten Obiekte. Sollte i
Zufall sein, daß gleich der nächste Rau
„Salzburger Saal" bezeichnet ist? Um vorn
herzukommen, muß man hier vor allen
Pyxide aus Bergkristall gedenken, die vern
in Venedig geschliffen wurde. Zahlreiche F
fässer, Hostiendosen, Scheibenleuchter un
seltenes Aquamanile stehen an der Spitz
Kunstgewerbes. Überraschend reich sind de
chen die Bestände von italienischem und
schem Glas aus dem 15. und 16. Jahrhu
Vor allem als Reliquienbehälter hat dieses
bare Material - zumeist in Wachs eingeh
Verwendung in kirchlichem Bereich gefu
Die Entwicklung vom Maigelein über den H4
becher zum Krautstrunk mit allen seinen
arten kann hier geschlossen verfolgt werde:
Von der Salzburger Tafelmalerei soll vc
lem der Altar erwähnt werden, den der
bischöfliche Hofmeister Johannes Rauchenk
vor 1429 vermutlich für den Salzburger
gestiftet hat. Pfarrer Gotthard hat den
baren Epitaph im Salzburger Kapuzinerk
erworben. In der Qualität der Malerei g
diese erhaltene Tafel zum Besten, was sic
dem internationalen Weichen Stil erhaltet
Erwähnenswert ist gleichfalls eine Kreuzig
tafel aus dem ehemals salzburgischen M6
bei Mühldorf. Die Malerei der 2. Hälfti
15. Jahrhunderts ist mit zwei Spitzenwerkei
treten: Die Geburt Christi von Konrad Lail
die Kirchenvätertafel des Meisters von t
gmain.
Nicht minder gut bestückt ist das MuseL
Werken gotischer Plastik aus dem Salzb
Kunstkreis. Da muß zu allererst das 1970