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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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und Hartmann setzt seiner ersten Sammlung von Gedichten, welche neben den herrlichen 
böhmischen Elegien die Klagen aller leidenden Völker in sich schließt, die Symbole „Kelch 
und Schwert" an die Stirne. Beide feiern zugleich in ihren Gedichten die Freiheits 
kämpfer in Polen und Italien, die Märtyrer der jüngsten Zeit, besingen die Leiden der 
Elenden und Gedrückten und rütteln an den Fesseln der Gedanken- und Gewissens 
freiheit. So sehr ihnen in der Zeit ihres Werdens und Wachsens die gleiche Umgebung 
und das gleiche Bestreben das Gepräge der Verwandtschaft aufdrücken, behaupten sie sich 
doch nebeneinander als selb 
ständige poetische Individuali 
täten. Von Lenau und Grün 
wurden beide in der Form 
gebung beeinflußt, in der Stim 
mung huldigt Meißner mehr 
dem Byronismus, dem himmel 
stürmenden Weltschmerz, Hart 
mann jenem wehmüthigen 
Humor, jener Mischung von 
Sentimentalität und Satire, die 
durch Heine in die Literatur 
eingeführt wurde. Meißner ist 
kühner in der Phantasie dieser 
Jngendgedichte, Hartmann von 
Haus ans weicher und tiefer 
in der Empfindung. Wenn an 
Meißners Geschichtsbildern, 
wie an seinem „Ende der 
Gironde", die Glut und Pracht 
Moriz Harlmann. 
der Farbe überrascht, so wirken Hartmanns bleiche Leidenshelden und schwermüthige 
Klagelieder in die Tiefen der Gemüther. Auf der Höhe des jungen Ruhmes nehmen die 
beiden Jugendfreunde Abschied von Böhmen und von einander. Das Jahr 1848, das 
beide in seine Wirbel zieht, trennt ihre Wege für immer. Meißner kehrt nach einer 
Reihe von Jahren nach Prag zurück, wo er dem stilleren literarischen Schaffen lebt, 
und gründet sich zu Ende der Sechziger-Jahre ein Heim in Bregenz. Hartmann wird 
eine Art literarischer Weltumsegler und beschließt nach langen Fahrten feine Tage in 
Wien, in der unterdessen durch eine freiheitliche Verfassung verjüngten österreichischen 
Heimat.
	        
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