MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 126)

A Künstlerprofile 
Markus Vallazza 
 
1 
 
 
 
 
 
1 Aus dem ZyHUS von Zeichnungen 
zu Kafka. Mischtectinik, 196? 
Don Quichatte. Tusche und Feder 
laviert. 1968 
Insel der Vögel. Tusche und Feder 
laviert. 1969 
D07! Quichotte (wehren. Tusche und 
Feder. 1970 
Oswald speist die Dichtung. Radie- 
rung CIUS dem 25 Blätter umfassen- 
den Zyklus „Oswald VON Wolken- 
stein". 1972 
Markus Vallazza 
 
Geboren 1936 in St. UlrichlGröden (Südtirol), 
wo er auch lebt. Stellte im Jahr 1970 erstmals in der 
Wiener Secession aus und wurde zu deren 
Mitglied gewählt. Für 1973 ist eine weitere 
Ausstellung in der Secession während des Monats 
April geplant, im März wird ihn die Galerie Welz 
in Salzburg vorstellen. Seit 1961 stellte der 
Künstler in Einzel- oder Gruppenausstellungen in 
Italien und der Bundesrepublik aus, zahlreiche 
Reisen führten ihn durch Europa und nach Amerika. 
Abgeschlossen hat Markus [wie er sich als Künstler 
unter Verzicht auf den Familiennamen nennt) 
soeben einen umfangreichen Radierzyklus zu Texten 
von Oswald von Wolkenstein. 
Markus führt seinen Dialog nicht mit der aktuellen, 
sondern auch mit der überlieferten Gegenwart. 
Den Bruch zwischen gestern und heute gibt es für 
ihn in einer allgemeinen Form nicht. Er erkennt 
die Aktualität dessen, was einmal war, und er 
durchschaut die Brüchigkeit der Aktionen 
iener Akrobaten, die sich heute mit ihrem Anspruch 
auf Gegenwartsbezug spreizen und winden. 
Er weiß, daß es den Don Quichotte, den irrenden, 
suchenden Ritter, immer noch gibt, mitunter 
identifiziert er sich auch mit ihm. Und wenn sich 
Markus zuletzt zwei Jahre lang mit der schillernden, 
„modernen" Erscheinung eines Menschen 
beschäftigte, der ein paar Jahrhunderte vor ihm 
lebte, so sucht er auch in ihm sich selbst zu 
erkennen. Es handelt sich dabei um den Ritter 
und Sänger Oswald von Wolkenstein, der wie iener, 
der dessen Spuren heute verfolgt, in einer 
Umbruchzeit und an einer geographisch-kulturellen 
Nahtstelle lebte und aus dieser Konstellation für 
sein dichterisches Werk Gewinn zog. 
Franz Kafkas Schlußfolgerung in seiner Skizze zu 
Prometheus ist die: „Die Sage versucht das 
Unerklärliche zu erklären. Da sie aus einem 
Wahrheitsgrund kommt, muß sie wieder im 
Unerklärlichen enden." Eben damit beschäftigt sich 
Markus, wenn er die Gestalt Oswalds von 
Wolkenstein zugleich im engeren, sagenerfüllten 
Raum der Dolomiten sieht. An Kafka hat sich 
Markus im übrigen schon immer gern gehalten, 
in dessen Gesichtern die eigenen wiedererkannt: 
eigene Verwirrungen, Erinnerungen und Träume 
von Aufflügen und Abstürzen [das Ikarus-Thema), 
Ereignissen, Bewegungen, die ihren Grund letztlich 
in mythischen Bereichen haben, archetypischer 
Natur sind. 
Markus zeichnet, wie er lebt, und er lebt zeichnend. 
Seine direkten und spontanen, Gedanken und 
Beobachtungen ausbreitenden, dann ordnenden 
Niederschriften sind zunächst Zeugnisse, bevor sie 
als Kunst, als ästhetisches Produkt wahrgenommen 
werden können, Man könnte angesichts der im 
Ansatz gleichbleibenden, im Radius des Erfaßten 
wechselnden Position, wie er sie einnimmt, 
statt über Kunst ebenso gut oder besser über 
Menschen sprechen, über Heilige und Verbrecher, 
Liebende und Krieger, Hoffende und Verlierer 
oder gewinnende Zweifler. Seine Fragen 
manifestieren sich nicht immer nur an der Oberfläche 
seiner Papiere, sondern finden sich teilweise auch 
auf deren Rückseite. Er verbirgt, was er nicht 
sagen kann, ohne es zu verdecken. Was sichtbar, 
ablesbar, beschreibbar ist, bleibt der geringere Teil, 
Aus Teilen lassen sich aber lndizien zusammen- 
tragen für das Ganze. 
Es geht Markus um ein Sichtbarmachen iener 
Wahrheiten, denen auch die Alten auf der Spur 
waren. Er scheint nichts zu vergessen, was er ie 
einmal gesehen hat - und vergißt doch wieder alles, 
wenn er zeichnet, weil es Teil seiner selbst 
geworden ist. Seine Skizzen und Studien sowie 
die reifen Konzentrate seiner Forschungen nach 
innen gleichen einem Amalgam aus karger, 
spartanischer, nordischer Zeichenkunst sowie 
südlich schweltender Phantasie und Ausdruckslust. 
Er schöpft aus allem, was ihm begegnet. Und 
gelangt dabei mehr und mehr zu sich selbst, 
ordnet zeichnend sein komplexes Verhältnis zur 
Welt. 
Kristian Sotriffer
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.