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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 126)

Für den Kunstsammler 
 
Barocke Schraubflaschen 
Unter den Gefäßformen der Vergangenheit ist die 
Schraubflasche in ihrer zweckbedingten Einfachheit 
und Geschlossenheit von besonderem Reiz für den 
modernen, durch die Tendenzen moderner Sachlich- 
keit für derartige Funktiansformen eingenommenen 
Menschen. 
Ihr Zweck war recht vielfältig. Sie diente zur 
Aufbewahrung von Weihwasser ebenso wie zur 
Aufnahme von köstlichen Würzweinen, Schnäpsen 
oder Essenzen. Auch trockene Gewürze und Kräuter 
sind gerne in diesen Gefäßen aufbewahrt worden. 
Ebenso vielfältig sind auch die Materialien, aus 
denen die Schraubflaschen gefertigt wurden. Wir 
finden sie als Meisterwerke der Goldschmiede- 
kunst in vergoldeten Silberarbeiten der 
bedeutenden deutschen Zunftzentren, wie Augsburg, 
Wien, Nürnberg, Breslau oder Danzig. [Neben- 
stehend eine getriebene Augsburger Flasche neben 
einer einfachen gebuckelten Breslauer Arbeit und 
einer birnenförmigen getriebenen Danziger 
Flasche.) Vor allem das "I7. Jahrhundert liebte 
diese Goldschmiedeform. Graviert, gebuckelt oder 
mit getriebenen deutschen Blumen, gelegentlich 
sogar mit kostbaren Emails ausgestattet, gehörten 
sie zur Reiseausrüstung großer Herren des Barock. 
Der einfachere Bürger begnügte sich mit Zinn, 
aber auch dieses war oft köstlich mit Gravuren oder 
Gußornamenten geschmückt. Die „Zinnpitsche" war 
im 17. und im früheren 18. Jahrhundert meist 
sechseckig, seit dem Rokoko walzenförmig. Seltener 
findet sie sich als flache Buchpitsche. 
Besonders reizvoll sind keramische, in Scharf- 
feuerfarben dekorierte Schraubflaschen mit Zinn- 
verschluß. Die Salzburger Obermillner-Werkstatt 
schuf im l7. Jahrhundert nebenstehend abgebildete 
große Weihwasserflasche mit Darstellungen der 
Passion in den blouumrahmten runden Feldern. 
Eine spätere Flasche derselben Manufaktur zeigt 
die in Salzburg so beliebten erzbischöflichen Hof- 
zwerge und dürfte als Behälter für Würzwein 
gedient haben. Auch die Gmundener Manufaktur 
stellte Schraubflaschen her. An der Zahl der Krüge 
gemessen, sind sie sehr selten. Die abgebildete 
walzentörmige Flasche der grünen Familie 
Gmundens ist rundum mit Ansichten des Traunsees 
und mit Schiffen verziert. Die zweite runde Flasche 
aus der älteren blauen Familie trägt religiöse 
Darstellungen und diente als Weihwassergefäß, 
ebenso die birnenförmige Gmundener Flasche mit 
den schwungvollen Bildern der Heiligen Florian und 
Michael. 
Auch als einfache Hafnerkeramik sind derartige 
Gefäße reizvoll. Eine mächtige vierkantige 
griingetleckte Pitsche mit Zinnverschluß aus 
Oberösterreich beweist dies ebenso wie die 
eiförmige dunkelblaue Salzburger Pitsche mit 
Relietdekor. 
Es ist immer noch möglich, eine Gruppe solcher 
Schroubflaschen zu sammeln. Ihre Formen sind von 
zeitlos gült" er Schönheit, in ihrem Dekor genießen 
wir die vielfältigen Leistungen alten heimischen 
Kunsthandwerks. 
Kurt Rossacher 
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