. Österreichisches Museum für angewandte Kunst
Josef Symon
Metallobiekte und Schmuck
Altes Haus, Säulenhof,
Wien 1, Stubenring 5
5. bis 30. Oktober 1972
ln der Abfolge der über das ganze Jahre 1972
stattfindenden Ausstellungen des Austrian Crafts
Council (OCC) schloß dieser in der mit dem
Österreichischen Museum gemeinsam veranstalteten
Reihe „Schöpferisches Handwerk der Gegenwart"
mit der Präsentation des Werkes von J. Symon
als letzter heuriger Veranstaltung sein Gastiahr ab.
Josef Symon, 1932 in Prag geboren, studierte an der
Kunstgewerbeschule für Keramik sowie an der
Hochschule für angewandte Kunst in Prag und
diplomierte daselbst 1958. Anschließend betätigte
er sich freischaffend als Schmuck- und
Metallplastiker und übernahm 1968 einen Lehrauf-
trag der Wiener Hochschule für angewandte Kunst
an der Meisterklasse für Metallarbeiten. 1972
leitete er die Klasse für Goldschmiedekunst an der
Salzburger Sommerakademie. Josef Symons Werk
umspannt in weitem Bogen minuziöse und grazilste
Obiektekleinkunst meist spezifisch femininer
Bestimmung bis zur für die Öffentlichkeit
bestimmten über drei Meter hohen Großplastik.
Die äußerst geschlossene Schau im Säulenhof des
Museums ließ neuerdings erkennen, wie sehr sich
auch moderne Plastik der Neorenaissance des
Säulenhafes einordnen kann. lm Falle Josef Symons
trat hier kontrastierend besonders stark die
Eindringlichkeit des Grundkonzeptes im Werk des
Künstlers zutage, die vor allem in den groß-
gefächerten Lamellenrhythmen der Plastiken
Gesetzmäßigkeiten einer „technoiden Vegetabilität"
deutlich werden ließ. (Abb. 1, 2.)
Tag der offenen Tür in den
Wiener Bundesmuseen
Österreichischer Staatsfeiertag 1972
Altes und neues Haus
Wien 1, Stubenrin 5, und
Weiskirchner Stra e 3
Mit einem äußerst umfangreichen Veranstaltungs-
programm von Vormittags 10.30 bis nachmittags
15.30 Uhr beging das Österreichische Museum den
diesiährigen Staatsfeiertag wie alle Wiener Museen
in äußerst eindringlicher Form. Die gesamte
Akademikerschaft des Hauses, an ihrer Spitze
HR Direktor Prof. Dr. W. Mrazek, HR Direktor
a. o. Prof. DDr. G. Egger, vermittelte in einer Kette
von Führungen den zahlreich erschienenen Gästen
des Hauses ein umfassendes Bild sowohl der
gesamten Sammlungen wie der Bibliothek und
Kunstblättersammlung im besonderen. Quasi als
im eigenen Auftrag konnte die zuständige
Ressortchefin Frau Bundesminister für Wissenschaft
und Forschung, Dr. Hertha Firnberg, noch im
Trubel des festtäglich gestimmten Publikums,
sichtlich gut gelaunt, den Erfolg aller Bestrebungen,
den Wiener in seine Museen zu bringen, miterleben.
Zwei Filmmatineen
Josef Hoffmann
Wiener Werkstätte -
Josef Hoffmann, Gustav Klimt
Vortragssaal des Museums
Wien 1, Weiskirchner Straße 3
29. Oktober und 10. Dezember 1972
Es schien offenbar längst an der Zeit, einer so
universellen künstlerischen Persönlichkeit wie Josef
Hoffmann auch mittels einer Filmdokumentation
bleibende Referenz zu erweisen. Der im Auftrage
des Kulturamtes der Stadt Wien hergestellte
Streifen sollte vor allem die Bedeutung des
Gesamtwerkes Josef Hoffmanns in allen seinen
Phasen klarstellen. Der Künstler und Architekt, der
von 1870 bis 1956 lebte, konnte so an iener Stätte
sichtbare Würdigung und Ehrung erfahren, an der
er eben als lehrender Künstler durch 40 Jahre
hindurch an der Kunstgewerbeschule des
Österreichischen Museums tätig war.
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„Wiener Werkstätte - Josef Hoffmann, Gustav
Klimt" betitelte sich ein weiterer Film über diese
beiden so tonangebenden österreichischen Künstler
ihrer Zeit, der ebenfalls regsten Zuspruch und
stärkstes Interesse einer sach- und fachkundigen
Kennerschaft wie auch des wißbeierigen Publikums
hervorrief. Zwei Aktivitäten des Museums, die
neuerlich auf lebendigste Weise den so „normalen"
Museumsbetrieb bereicherten. (Abb. 3, 4.)
Meisterwerke barocker Textilkunst
Altes Haus, Säulenhof
Wien 1, Stubenring 5
10. November bis 17. Dezember 1972
Unter der Obhut des Museums präsentierten sich
bald nach Schluß der so erfolgreichen Ausstellung
auf Schloß Gobelsburg, Langenlois, Nieder-
österreich, die „Meisterwerke barocker Textilkunst"
in einer sehr homogenen Schau im Säulenhof des
Alten Hauses dem Wiener Publikum. Voraus-
gegangen war eine eindrucksvolle „druckreife"
Presseführung von Frau Dr. Dora Heinz, der
Leiterin der Textilsammlung des Österreichischen
Museums, die auch lnitiatorin und Organisatorin
dieser einmaligen unwiederholbaren Ausstellung
war. Sie zeichnete in anschaulicher Weise ein
klares Bild dieser in ihrem Wert wohl unschätzbaren
Obiekte, sie wies drastisch auf den oft langwierigen
Arbeitsprozeß während der Anfertigung derselben
hin, und abermals erlag man der Faszination der in
stupender Technik ausgeführten großartigen
Hauptwerke der Web- und Stickkunst dieser Zeit.
In historischen Zusammenhängen geschildert und
gesehen, erstand so vor der Wiener Presse ein
umfassendes Panorama sakraler österreichischer
Textilkunst. Großes Bedauern darüber, daß diese
für festliche Tage so prädestinierte Prachtschau
knapp vor Weihnachten ohne iede Verlängerung
abgebaut werden mußte, da die einzelnen
Obiekte bereits in die Obhut ihrer Stammstifte und
Klöster zurückgegeben werden mußten.
Meisterklasse für Bildhauerei
Wander Bertoni - Ausstellung der
Hochschule für angewandte Kunst
Neues Haus, Ausstellungshalle,
Wien 1, Weiskirchner Straße 3
17. November bis 31. Dezember 1972
In Weiterführung des gemeinsamen Programms von
Hochschule und Museum zog im Vorwinter v. J.
Wander Bertoni mit seinen Meisterschülern
in die Ausstellungshalle des Neuen Hauses ein.
Schon beim Aufbau der Schau, die mit Arbeiten aus
sieben Jahren den außerordentlichen Aufgaben-
bereich und das Lehrprogramm Wander Bertonis
dokumentierte, gab es einige Aufregung. Nach der
eher stillen Binder-Exhibition nun das iunge
Studentenvolk - zum Teil schon arriviert - mit eher
progressiven Plastiken und Environments. Und an
ihrer Spitze ein relativ iunger lehrender Künstler,
der seinen Schülern nicht nur nichts vorschreibt
und zeigt, sondern der eher nachhilft, ieden selber
als Einzelindividuum sich entwickeln zu lassen,
das heißt, ihn künstlerisch aus sich selber
heraus wadwsen zu lassen. Daß hier im Ergebnis
natürlich sehr stark den herkömmlichen
Vorstellungen von Plastik der Garaus gemacht wird,
ist ebenso klar, wie deutlich zu erkennen war, daß
zum Teil eben Grenzen überschritten wurden, wie
dies bei noch iungen, unausgegorenen, künstlerisch
ungefestigten Naturen selbstverständlich ist. Mit
anderen Worten, daß in dieser „freien" Disziplin
das Experimentelle manchmal über das Ziel
hinausschoß, was in der Virulenz eines Lehr- und
Studienablaufes aber wohl mitbedingt ist. Daß in
viele Werke der iungen Meisterschüler doch
Wesentliches vom Formenvokabular des lehrenden
Künstlers Bertoni miteingeflossen ist, sdieint Beweis,
daß bei aller Förderung und Anhaltung zu
künstlerischer Eigenständigkeit eine oft unbewußte
lnfiltration von Formprinzipien des Lehrers als
„Krücke" zu ersten eigenen Gehversuchen dienen
kann. (Abb. 5, 6, 7.]
Die Druckgraphik Lucas Cranachs
und seiner Zeit
B. Ausstellung der Bibliothek
und Kunstblättersammlung
Altes Haus, Wien 1, Stubenring 5
21. November 1972 bis März 1973
Das Jahr 1972 brachte die 500. Wiederkehr des
Geburtstages von Lucas Cranach dem Älteren,
dem neben Albrecht Dürer wohl bedeutendsten
Künstler der Epoche des Humanismus und der
Reformation. 1472, ein Jahr nach Albrecht Dürer,
geboren, liegt über den ersten drei Jahrzehnten de
jungen Cranach undurchdringliches Dunkel, und erst
um 1500, als der Künstler in Wien auftauchte, läßt
sich seine Person, längst künstlerisch profiliert,
erfassen. Mit dieser 3. Ausstellung auf Wiener
Boden in diesem Jubiläumsjahr - ie eine Ausstellun
veranstalteten die Gemäldegalerien des
Kunsthistorischen Museums und die Akademie der
bildenden Künste Wien - verlängerte sich dieses
nun in das Jahr 1973 zur Freude all derer, die solch
hochbedeutsame Druckgraphik schätzen. Die aber-
mals rein aus dem Fundus der Bibliothek erstellte
Präsentation wurde vorbildlich eingerichtet in der
quasi zum „KupferstichkabinetW umfunktionierten
Räumlichkeit eines Bibliothekssaales. Dieser
Ausstellung ging in der Nr. 123 unserer Zeitschrift
eine Veröffentlichung unter dem gleichen Thema
durch Frau Dr. Hanna Dornik-Eger voraus, deren
Verdienst auch die exakte wissenschaftliche
Bearbeitung von Ausstellung und Katalog zu
danken ist. Wir aber möchten angesichts dieser
Cranach-Schau noch einmal die Warte eines
Zeitgenossen des Künstlers, des Wittenberger
Gelehrten und Humanisten Dr. Christoph Scheuerl, i
Erinnerung rufen, der da von Lucas Cronach sagte:
„Wenn man als einzigen Albrecht Dürer, dieses
unzweifelhafte Genie, ausnimmt, gebührt Lucas
Cranach allein in der lange vernachlässigten, ietzt
neu erwachten Malerkunst der oberste Rang."
(Abb. 8, 9.)
1972 - Rückschau, Gedanken um Zahle
Ein weiteres Jahr Dienst am Museum, am Objekt -
Dienst an der Öffentlichkeit, am kunstinteressierten
Menschen. Hier bewahren, erhalten, hinzuerwerben
dort demonstrieren. Grundzüge des Musealwesens.
Sind steigende Besucherzahlen in diesem Zusammei
hang ein echter Gradmesser für den Erfolg eines
Museums und seines Direktors? Insoweit sicher,
als ein Jahresprogramm in hohem Maße die
Balance zwischen sachgerechter Fundierung und
echter gesunder Popularisierung seiner Werte
einhält. So gesehen, können dann selbst trockene
Zahlen irgendwie faszinieren, die da bestätigen,
belegen, bisweilen auch verwirren und Versäumnis:
festhalten. Doch kein abgebrühter Museumsdirektoi
wird zittern, wenn anhaltendes Schönwetter an
mehreren Wochenenden sein Publikum fernhält,
sozusagen seine „Erfolgsbilanz" in Gefahr bringt.
Das wäre elementare Gewalt, die ihn auch nicht
sofort in die „roten" Besucherzahlen bringt. Am
echten kontinuierlichen Erfolg wird das nichts
schmälern, wenngleich als starke Gefahr der immer
dichter werdende Bezingestank (auch der eigene)
immer penetranter wird und den Menschen von
heute von allem Schönen und Musischen wegzu-
bringen droht. Doch auch da scheint man
wenigstens teilweise Abhilfe gefunden zu haben,
denn ein kluger, modern denkender Museumsmann
meinte einmal, nun denn, dann kann der Autofahre
ia auch über Land zur Kunst fahren. Kann in einem
schönen Schloß wertvolles Kunstgut in ländlicher
Stille und Abgeschiedenheit genießen, und wir
können unser kostbares Ubergut, über dem bereits
die dichten Spinnweben der Depots und Lagerräun
liegen, einer neuen Bestimmung zuführen und
notabene durch neues Leben darin ein wertvolles
Schloß vor dem Verfall retten. Und so entstanden
auch die sogenannten Außenstellen des Öster-
reichischen Museums. Wir aber können hier heute
für 1972 feststellen, daß dieses abgelaufene Jahr
sowohl für das Stammhaus am Wiener Stubenring