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Volltext: Alte und Moderne Kunst XX (1975 / Heft 142 und 143)

Die Physiognomie der Schergen und Folter- 
knechte wird durch Spott und Hohn manchmal 
fratzenhaft verzerrt. Der Ausdruck des Spottes 
wird erzielt durch höhnisch zum Lächeln verzo- 
gene Lippen, spöttisch gezeigte Zähne und her- 
ausgestreckte Zungen. Außerdem haben die Fol- 
terknechte meist etwas unregelmäßige Gesichts- 
züge: zu eng beisammenstehende, tiefliegende 
Augen, gekrümmte Nasen. Die regelmäßigen 
Gesichtszüge Christi werden im Leiden durch 
groß geöffnete Augen, den halbgeöffneten 
Mund, die schmerzlich zusammengezagenen 
Augenbrauen verzerrt. Eine gewisse Unterschei- 
dung der Charaktere scheint auch durch Haar- 
und Barttracht gegeben zu sein: die Falterknechte 
tragen fast ausnahmslos kurzes Haupthaar, 
Schnauzbärte, Schnurrbärte, kurze Kinn- und 
Backenbärte. Die Männer der Gefolgschaft Chri- 
sti sind durch langes Haar gekennzeichnet: Chri- 
stus selbst durch Bart und langes Haupthaar, 
Simon von Kyrene durch langes Haupt- und 
Barthaar (Abb. 11), Nikademus und Josef von 
Arimathäa (Abb. 12) durch lang wallenden Bart; 
Johannes wird zwar bartlos, doch langhaarig 
dargestellt. 
PIETA (10. Station) 
Nicht mehr zum eigentlichen Kreuzwegprogramm 
gehörend, ist die Pieta auch keine signierte Ar- 
beit Pfaundlers. Der Typus weicht vom sonst 
üblichen Schema durch den rechts (statt sonst 
links) befindlichen Kopf Christi ab. Die sehr mo- 
numental aufgefaßte Zweifigurengruppe ent- 
spricht durch die Proportionen der Figuren, die 
Gewandbehandlung, die Beziehung KörperfGe- 
wand sowie die Detailbehandlung den bisher 
gezeigten gesicherten Werken Pfaundlers (Abb. 
18]: die Durchmodellierung des Körpers, ins- 
besondere der Hände mit dem typischen, oben 
verbreiterten Daumen; auch die Haar- und Bart- 
tracht von Christus begegnet auf manchen ande- 
ren Figuren des Kreuzwegs wieder. 
Charakteristisch für Pfaundler ist auch die Ein- 
beziehung des Sockels in die Komposition von 
Figuren: etwa durch die über den Sockelrand 
fallenden Gewänder wie bei der Veronika der 
Kreuztragung, beim Engel des Ölbergs und auch 
bei der Pietä. Die Anatomie der Füße paßt 
Pfaundler häufig der Sockelplatte an, wie etwa 
den linken Fuß Christi der Pietä, aber auch beim 
15 
14 
15 
16 
17 
 
Kreuzigung (Holzskulptur, E. 19. Jh.) 
Beurlaubun 
Auferstandener Christus (spätere Ergänzung zu 
Pfaundlers Kreuzweg) 
Schutzengel (spätere Ergänzung zu Pfaundlers 
Kreuzweg] 
16 17 
Christus vom Ölberg in Falkenstein und W 
dorf. 
Der bisher behandelte Figurenbestand ist b 
die Beurlaubung (Abb. 15) mit Sicherheit Pf 
ler zuzuschreiben. 
Zum Falkensteiner Kreuzweg gehörte nat 
auch eine Kreuzigung Christi als 8. Statio 
Höhepunkt der Passion. Diese ursprüngliche 
zigungsdarstellung Pfaundler: ist für uns 
mehr rekonstruierbar. Es ist anzunehmen 
der Künstler, der sich ikonographisch im 
meinen an überlieferte Typen hielt, auch b 
Kreuzigung zumindest eine Dreifigureng 
darstellte. Die in der Nähe des ietzigen 
fixes in der Erde noch sichtbaren Sandstei 
könnten Teile der ersten Kreuzigungsgruppi 
Zur Kreuzigung Pfaundlers finden wir an 
den Quellenschriften keine Nachricht, hini 
erwähnt das Gedenkbuch der Pfarre Ff 
stein, daß ein im Jahre 1865 geschaffenes 
kruzifix bereits 1879 repariert werden mußt 
1898 so schadhaft war, daß man es duri 
neues ersetzte. Heute erhebt sich auf der 
sten Stelle des Kreuzberges ienes Holzkr 
das mit dem von einem Künstler aus 
Grödner Tal geschaffenen Kruzifix von 
wohl identisch ist. 
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß V4 
len Kreuzweganlogen des Weinviertels [er 
Wilfersdorf den Pfaundlerschen Skulpture 
nächsten kommt. Dies wird vor allem in di 
tailbehandlung offenkundig. 
Die auf den Beschauer ausgerichtete Vordi 
Pfaundlerscher Figuren ist fast immer reiche 
gestattet als die Rückseite. Ein eklatantes B4 
dafür ist etwa das gerüschte Gewand eines 
gen, das vorne reich gefältelt ist und auf s 
Rücken nur mehr einfach gewellt erscheint 
die Faltenbildung aufderHinterseite ist imn 
was weniger reich. 
lm Kostüm unterscheidet Pfaundler die Cl 
tere ebenso wie in den bereits beschrie 
Ausdrucksvarianten. Während Christus m4 
lange, bis auf den Boden reichende, las 
lende Gewänder gekleidet ist, zeigt der Ki 
besonders bei den Schergen und Folterkne 
aber auch bei den Frauenfiguren, seine 
zu kostümlichem Detailreichtum: Schuhe, 5 
Sandalen variieren ebenso häufig wie die 
bedeckungen - spitze, hohe, flache Kc 

	        
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