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Jakob Falke. Einleitung.
als in dem koftbareren Materiale, in der Hauptfache (ich auf den Schmuck oder
rers.hj , eme ^v Ge S e f n f ni ie befchränken, die gröfseren aber als Gefäfse und
Gerathe dem Silber zufallen. Sie laffen fich daher in der Befprechung fehl- wohl
trennen, und das um fo leichter, als die Behandlung des Silbers in feiner Ober
fläche eine Frage ganz für fich felber bildet.
Zu «liefen beiden Gruppen der S i 1 b e r a r b e i t e n und des Gold
feh m u c ke s gefeilt fich aber eine dritte, die fich eigentlich von der zweiten
abzweigt. Zu dem Goldfchmucke treten als ornamentale Ergänzung die Edel-
de EdelmetX andererseits auch wieder zur Hauptfache werden und fich
des Edelmetalls nur zur notwendigen Faffung und Haltung bedienen Diefe
eLeltbchen a r mVi 1611 ^T lt n e J Che r Namen fie auch gefchäftlich fich von der
eigentlichen Goldfchm.edekunft fondern. ohne fich doch ganz von derfelben zu
h h" ° d w- lhrer entbehre “ zu können, werden wir als dritte Gruppe zubefprechen
haben. Wir beobachten die angegebene Reihenfolge. P P
I.
Silberarbeiten.
Die edlen Metalle haben als Material der Kunft und der Kunftinduftrie
eine doppelte Eigenfchaft, einmal die plaftifche und fodann die malerifche. Sie
find durch ihre Giefsbarkeit, Dehnbarkeit, Zähigkeit, durch ihre Fähigkeit, das
höchfte und zartefte Relief in feinfter und vollendetfler Ausführung anzunehmen,
in eminentem Sinne zur Plaftik geeignet; ebenfo aber wirken fie durch die Farbe,
fowohl durch diejenige, welche ihnen eigenthümlich ift, wie durch diejenige,
welche fie, fei es durch Veränderung, fei es durch Hinzufügung, anzunehmen
geeignet find. Wir haben daher auch die Silberarbeiten von diefen zwei Seiten
zu betrachten, in Bezug auf die Form, wie in Bezug auf die coloriftifche,
Behandlung der Oberfläche, kurz gefagt, in Bezug auf die Farbe. Von erfterer
reden wir zunächft.
Formelle Behandlung und Geftaltung der Silberarbeiten.
Es läfst fleh nicht leugnen, dafs in beiden Beziehungen, in Bezug auf Form
wie Farbe, die Silberarbeiten im XIX. Jahrhundert auf einen fehr niedrigen Stand
punkt herabgekoirimen waren. Was zuerft die Form betrifft, fo ift die Gefchichte
ihrer Veränderung und Umbildung feit dem XVI. Jahrhundert als ein fortwähren
der Rückgang, als eine ununterbrochene Verfchlechterung zu betrachten. Die
wohl abgewogenen Gefäfsformen der Renaiflance, die guten Verhältniffe, die
edlen Contouren, die feine und reiche wechfelvolle Gliederung, die getriebene
Verzierung fowohl im Ornament wie in den Figuren, die niemals die Linien des
Contours zerftört, fondern nur den Schwung derfelben erhöht oder fleh unter
ordnet und in den Rhythmus einfügt — alle diefe unfehätzbaren und zur Schön
heit fo nothwendigen Eigenfchaften gingen fchon bis zum Ausgange des XVII.
Jahrhunderts verloren. Diefes Jahrhundert hatte fleh namentlich bei den gröfseren
Gefäfsen noch eine gewiffe derbe Gefundheit bewahrt, wenn auch Feinheit und
Reichthum entwichen waren; das XVIII. Jahrhundert aber, das im Geifte des
Rococo felbfl der Symmetrie abhold war, fetzte die gröfste Willkür an die Stelle.
Unter den unregelmäfsigen, gefchwungenen und ausgefchweiften Linien, welche
nicht mehr geflatteten, dafs eine Seite der anderen glich, ging unter, was noch
Gutes aus der Renaiffance übrig war.
Der Willkür und der launenhaften Geftaltung wurde freilich am Ausgang
des XVIII. Jahrhunderts wieder ein Ende gemacht, aber was ftatt deflen kam, die
nüchternen, fteifen, reiz- und phantaflelofen Formen, welche der antikiflrende
Gefchmack einführte, war um nichts beffer. Die Imitation der Antike, die dazu
noch eine falfch verftandene war, löfchte nur die freie Schöpferkraft aus. Als
nach dem Sturz des Empire auch diefer Gefchmack wieder befeitigt wurde, da
war es eigentlich mit der Goldfchmiedekunft fchon gänzlich am Ende : der For-
menflnn verloren, die Erfindung verfliegt, alle feinere Technik aus der Uebung
gekommen und in Vergeffenheit gerathen. Aus der ganzen Zeit vom zweiten
Jahrzehent diefes Jahrhunderts bis auf die Erhebung des Gefchmacks in unferen