I Aktuelles Kunstgeschehen l Österreich
Tirol
Innsbruck
Galerie im Taxispalais
Alfred Kubin
56 ausgesuchte Blätter, die von der Meisterschaft
des großen Alten aus Zwickledt Zeugnis ablegen
und den Betrachtern deutlich veranschaulichen,
daß gute Zeichnungen nicht nur von guten Ideen,
sondern auch von der Beherrschung des Strichs
abhängen. Beherrschung bis in scheinbar
Nebensächliches und Zufälliges. Die Schau ergänzt
iene des Variahres, die das Frühwerk zeigte,
und soll 1977 mit einer dritten ergänzt werden.
(4. 6.-31. 8. 1975)
Hans Krenn
Die phantasievollen, in kräftigen Farben gehaltenen
männchenhaften Figuren Krenns und ihre
Fragmentumwelt lassen mit liebenswürdiger
Bissigkeii kaum iemanden unberührt.
(9.-29. 9. 1975) - (Abb. 14)
Steiermark
Graz - Neue Galerie Joanneum
Paolo Tessari
Der 30iährige Venezianer, Professor der Akademie
seiner Heimatstadt, weist sich mit nur 25 Exponaten
- bilder + obiekte - sehr vielseitig aus.
Einmal mit minimalem Aufwand [politischer Pinsel-
strich) und dann mit camicartigen Obiekten voll
Phantasie, zuletzt mit Siebdrucken als exakter
Arbeiter. Überall ist sein zeit- und sozialkritische:
Engagement zu spüren, wenn auch manch ernstes
Thema zu leicht ins Spielerische gleitet und die
Wirkung damit ändert.
(26. 6.-20. 7. 1975 - (Abb. 15)
Alfred Wickenburg
Nachdem im Voriahr die Graphiken des Malers
gezeigt wurden, ist die Zusammenstellung dieser
25 Bilder - Ulbilder 1968-1975 - zu Ehren des
90. Geburtstages gedacht. Alle 100 x 140 cm groß,
fallen sie durch breite Pinselstridie auf. Auch die
Farbe ist kräftiger als früher, oft wird sie allein
fast flöd1ig anderen Farbflächen gegenübergesetzt.
Die Leuchtkraft ist groß. Ein Alterswerk von
starker Aussage.
(1. 7.-24. 8. 1975) - (Abb. 16)
Gottfried Fabian
49 Kunstharzbilder (1 Dispers.) - Werk der letzten
zehn Jahre - meist großen Ausmaßes.
Lyrische Gebilde mit sparsamstem Farbauftrag.
Das Wichtigste ist die Linie. Ein Fledr, ein zweiter,
gelb, blau, rot, Abschattierungen davon, werden
sparsamst eingesetzt. Man spürt bei diesen
abstrakten Liniengefügen eher Überlegung und
Können als Impulsivität. Sicher ist die Verbindung
zu Hans Hartung. Das Schwebende Iäßt aber an
Ostasien, an Haiku, denken.
(5.-N. 9. 1975) - (Abb. 17)
Galerie Moser
Gottfried Fabian
55 Blätter - Graphik -, zum Teil allein Tusche,
zum Teil Tusche und Aquarell. Was von den
Bildern gesagt wurde, gilt in erhöhtem Maße von
den Graphiken. Mii ganz wenigen einfachen
Linien werden Rhythmen angeschlagen, gleich einer
Notenschrift. Das verlaufende Gelb eines breiten
Pinselstriches gibt eine neue Dimension.
Immer wieder drängt sich einem der Vergleich mit
chinesisch-iaponisdier Kunst auf. Es ist die Kunst,
mit wenigem sehr viel zum Klingen zu bringen.
(5.-26. 9. 1975)
Neue Galerie
Wolfgang Buchner
22 Exponate, Entwürfe, Glasobiekte, Ül- und
Temperabilder, Aquarelle und Obiekte aus Glas,
Metall und Papier sowie dazugehörende Texte.
Die Arbeiten sind eine Mischung aus Wissenschaft,
Literatur und Kunst oder Kuriositäten aus Kaiser
Rudolf des neunundzwanzigsten Raritätenkabinett.
(7. 9.-26. 10. 1975) - (Abb. 18)
68
Niederösterreich
Krems - Dominikanerkloster
Mit den neu adaptierten Ausstellungsräumen ist ein
wichtiger Orientierungspunkt der zeitgenössischen
Kunst in dieser Stadt gegeben.
Arnulf Neuwirth
Collagen, Aquarelle und Ulbilder, alles in allem
120 Exponate. Die Zeitspanne reichte von 1932
bis heute. Der Rezensent hat über das Werk des
Künstlers im Maiheft 1968 der Kunstzeitschrift
„Artis" eingehend referiert.
(31. 5.-1. 9. 1974)
Traute Dressler
Die Künstlerin, die zu Unrecht zu sehr im Schatten
ihres Mannes lange nicht Beachtung fand, zeigte
104 Bilder und Graphiken. Die Sicherheit des
_ Striches, der sich oft zu dichten Bündeln findet,
dem sowohl Härte als auch Weiche eigen sein kann,
die lebhafte Melodik in der Blattaufteilung und
Verspannung ist uns schon lange bewußt. Nun
tritt die Dressler auch mit reifen Lackbildern an
die Uffentlichkeit. Die Flächeneinteilung erinnert
entfernt an Paul Klee, es entsteht ein leichtes
Flimmern, in dem die Umrisse der Gegenstände,
der Personen oder Häuser im Raume zu schweben
scheinen. Die Farben sind sehr fein abgestimmt,
gehalten und von einem gegenseitigen
Einverständnis.
(23. 5.-29. 6. 1975) - (Abb. 19)
Leopold Hauer
Ein Querschnitt durch ein Lebenswerk. Das früheste
Bild stammt aus dem Jahr 1918, das letzte
entstand 1975. Es ist klar, daß es daher nur ein
kleiner Ausschnitt aus dem Cfuvre sein konnte,
und doch zeigt er uns, daB dieser Mann, bei allen
Wandlungen, die er durchgemacht hat, sich und
seiner Art im Grunde treugeblieben ist. Deutlich
wird sichtbar, daß Hauer, der sich so sehr am
Impressionismus orientierte, zuletzt zu iener kargen
Einfachheit und Strenge fand, die ihn in die Nähe
eines Egger-Lienz führte, mit dem er in seiner
Jugend berei s eifrigst über Kunst diskutiert hat.
Charakteristisch sind der Ausschnitt, die Fläche,
das Liniengefüge, eine gewisse Monochramie und
eine überraschende, den Schwerpunkt
verschiebende Akzentuierung.
(19. 9-26. 10. 1975) - (Abb. 20)
St. Pölten - Galerie Hippolyt
Robert Hammerstiel
Hammerstiel ist ein echter Holzschneider. Unter
Verwendung der Materiolstruktur bevorzugt er
Themen aus der bäuerlichen Welt. Die kraftvollen
Schwarzweißwirkungen werden mit dem
Dargestellten eine Einheit.
(6. 5.-6. 6. 1975)
Eichgraben - Galerie im Speisesaal
Horst Aschermann
Die Reliefs, Plastiken und Graphiken hatten alle
einen starken gemeinsamen Nenner. Man könnte
ihn mit Gruppendynamik bezeichnen. Das gilt auch
von ienen Obiekten, die architektonische Gebilde
zeigten. Es ist überall eine gute Flächenteilung
angestrebt und meistens auch erreicht.
(16. 5.-11. 6. 1975] - (Abb. 21)
Ernestine Retter-Peters
Wir haben erst anläßlich der Besprechung einer
der letzten Ausstellungen des Künstlerhauses in
Wien auf die Graphiken dieser Malerin
hingewiesen und sie in die Nähe Oskar Laskes
gestellt. Sie arbeitete viele Jahre zurückgezogen
und in aller Stille und zeigte in Eichgraben erstmals
Bilder aus den zwanziger und dreißiger Jahren.
Immer wieder können wir feststellen, daß da und
dort einer in seiner Art ohne viel Aufhebens
bessere Arbeit macht als iene, die sich selbst mit
viel Geschrei zu Usterreichs Stolz erklären.
(19. 05.-27. B. 1975) - (Abb. 22)
Wiener Neustadt -
Galerie 9
Altkunst - Neukunst
Altkunst, durch Julius Zimpel (1896-1925), den Leiter
der Wiener Werkstätte, vertreten, Neukunst durch
Sonia Henisdw und Walter Weer. Von J. Zimpel
gab es eigenhändig signierte Holzschnitte und
Bleistiftzeichnungen: Kostümentwürfe, Porträt-
skizzen und Aktstudien, die an Klimt erinnern,
zu erstaunlich niederen Preisen. Walter Weers
Aquarelle zeigen Aquaspiele. Wasser als wesent-
liches Lebenselement. Sonia Henischs
Blätter zu einer Story um türkische Gastarbeiter-
kinder: sehr farbenfroh und leicht überschaubar,
für ein Jugendbudt geeignet.
(5. 6-80. 6. 1975)
Mödling - Galerie Arcade
Bernhard Hollemann
Großformatige Bilder in Mischtechnik (70 x 100)
zeigen kräftige Farben und eine Betonung der Linie.
Umrandungen. Die Zeichnungen, in kleinerem
Format, sind meist unterteilt und haben einen
filmischen Ablauf. Der Inhalt der Arbeiten ist ein
kritischer. Das menschliche Verhalten in der
Gesellschaft, zum Nebenmenschen, zum politisch
Andersdenkenden, zum anderen Geschlecht wird
unter die Lupe genommen. Vergleichsmotivationen
werden gezeichnet.
(5.-SO. 9. 1975) - (Abb. 23)
Perchtoldsdorf - Galerie Romanum
W. Drach
Aquarelle und Mischtechniken von dem Sohn des
bekannten Schriftstellers. Großformatige Bilder,
sehr locker gemalt, expressiv, mit viel Schwung.
Landschaften, die sich im Auge des Beschauers
zusammenstellen, ein wenig an die Nötscher-Schule
erinnernd. Es scheint sich hier für den Künstler
ein neuer Weg autzutun.
(20. 8-10. 9. 1975) - (Abb. 24)
Burgenland
Unterrabnitz - Esterhazysches Kastell
Wie alliährlich, wurden die Ergebnisse der Maler-
wachen präsentiert. Franz Erntl, Rudolf Klaudus,
Harro Pirch, Franz Vass zeigten Landschaftliches.
Jeder in seiner Art und qualitätsvoll. Nur der
Berliner Klaus Basset fiel mit seiner Schreib-
maschinengraphik aus dem Rahmen. Eine
Heidenarbeit!
(25. 7.-3. 8. 1975)
(In Lutzmannsburg 20.-24. 8. 1975) Alois Vogel
Künstlerprofil P. Dworak, S. 64, (Schluß)
Olivetti-Zeichenwettbewerb gemeinsam mit
Arnult Rainer.
Gegenwärtig arbeitet Dworok an einem neuen
Zyklus „Mixed Pickles Man": „Er ist - oder kann
sein - eine erfundene Figur, die viele Menschen in
sich vereinigen kann (vielleicht ist er deshalb so
dick), der stellvertretend verschiedene menschliche
Handlungsweisen, Eigenschaften und Situationen
darstellen und erleben kann. Er ist Held und
Antiheld. Er ist Symbol und Synonym für ,Mensch'.
Oder er ist eine gezeichnete Trickfigur, die das
aufregende Abenteuer des Lebens widerspiegelt."
Manfred Chabot