Für den Kunstsammler P1
Der Kunsthandel und die Wiener
Antiquitälenmesse
Nach drei erfolgreich verlaufenen Kunst- und
Antiquitätenmessen sind numehr die Vorbe-
reitungen für die Veranstaltung T974 in das
Endstadium getreten. Vom li. bis T7. Mai T974 wird
die diesiährige Leislungsschau Wiens und einiger
Gäste aus den Bundesländern stattfinden. Rein
fachlich liegt der Reiz daran in der Tatsache,
daß sich in dieser Branche niemals etwas wiederholt
und auch im heurigen Jahre eine beachtliche
Anzahl bisher unbekannter und noch nicht zum
Verkauf gebotener Kunstschätze nicht nur zu sehen,
sondern auch zu erwerben sein wird.
Der Sinn dieser Präsentation entspringt dem
Wunsch des hektischen Gegenwartsmenschen,
auch die Kunst vorgestellt beziehungsweise „auf
dem Servierteller" angeboten zu bekommen.
Die beschaulichen Jahre des ruhigen Suchens in
den Depots Dutzender großer und kleiner Galerien
und Läden sind vorbei. Darunter gelitten hat nicht
nur der Verkäufer, sondern vor allem der Kunde,
der Käufer, welcher einfach nicht mehr imstande
war, das ersehnte Obiekt, das seinen Vorstellungen
entsprach, in mühevoller, zeitraubender Suche
zu erwerben. Dazu sind die schönen Dinge viel
zu selten geworden und die Zeit zu knapp.
ln den Ländern, in denen die Muße schon Jahre
vorher zu Ende ging, zeichnete sich diese
Entwicklung entsprechend früher ab, und seit
wenigen Jahren hat sich nun auch Usterreich
entschlossen, die Befriedigung dieser Interessenten-
wünsche zu erleichtern.
Der Kunsthandel sah sich im Zeitalter der Hoch-
koniunktur bald vor das Problem gestellt, seinem
großen Bruder, dem Auktionshaus, ein entsprechen-
des Äquivalent entgegenzuselzen. Es zeigte
sich nämlich sehr bald, daß nicht nur das Voraus-
gesagte sehr ernst zu nehmen ist, sondern daß
sich darüber hinaus eine kaufkräftige und äußerst
kunstinteressierte Käuferschicht bildete, die nicht
immer die fachlichen Voraussetzungen zum
selbständigen Erwerb hochqualifizierter Obiekte
mitbrachte. Es ist nicht zu verwundern, wenn weite
Kreise der modernen Wohlstandsgesellschaft eine
Beratung von fachlicher Seite her suchten, ohne
dabei das Risiko einzugehen, den Interessen eines
einzelnen Händlers zu stark Rechnung tragen zu
müssen. Die daraus resultierende Furcht vor dem
Detailgeschäft, wo der überwadtende und offen-
sichtlich uneigennützige Experte fehlt, brachte den
Auktionshäusern einen nicht zu bestreitenden
Aufschwung. Jedes mangelnde Wissen konnte
wettgemacht werden mit der Meinung, daß der
Unterbieter ein Spezialist ist und das Weitersteigern
daher berechtigt.
Die Leitung der Wiener Kunst- und Antiquitäten-
messe hat sich aus all diesen Gründen vom Anfang
an zum Ziele gesetzt, insbesondere dem etwas
unsicheren Käufer die Scheu vor einem Kauf zu
nehmen. Die Kunstschätze mußten ins Rampenlicht
gestellt und den vielen Augen kritischester Fachleute
und Spezialisten vorgeführt werden. Diese Art
von Selbstkontrolle in Verbindung mit den sehr
strengen, den Ausstellern auferlegten Statuten
brachte es gemeinsam mit der unbeeinflußbaren
Jury sehr bald so weit, daß der Käufer das Gefühl
der Sicherheit erlangte. Bald stellten sich Kunden
ein, die man das ganze Jahr nicht in den
Kunstgalerien und Antiquitätengeschäften antraf,
und Freude bringende Käufe spornten an, für
unsere nächste Veranstaltung zu sparen. Der
Messepalast wurde zum Podium eines echten
gesellschaftlichen Ereignisses:
man traf sich, man verglich, man beriet sich
gegenseitig und ließ die eigenen Spezialkenntnisse
dem anderen zugute kommen. Wie weggeblasen
war plötzlich die Angst vor einer Fehlentscheidung,
die doch den Haupthemmschuh ausmachte, weil es
in nicht an der Kauffreude mangelte.
Das Bekanntwerden mit den einzelnen Firmen
brachte nicht zuletzt den gewünschten Kunden-
austausch und die rege Fortsetzung des Kontaktes
außerhalb der Messe während des ganzen Jahres in
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den Galerien und Geschäften mit sich.
Neben den aufgezeigten allgemeinen Problemen
beim Erwerb van Kunstgegenständen und dem
sukzessiven Abbau des genannten Unsicherheits-
faktors kommt ein konzentriertes Angebot
selbstverständlich auch dem qualifizierten Sammler,
Museumsmann und Kenner sehr zugute. Diese
Käuferschicht ist vom Rahmen einer Messedarbietung
naturgemäß weniger oder gar nicht abhängig,
weiß sie doch sehr wohl, bei welchen Firmen sie
das gewünschte Gemälde, das passende Möbel
oder das echte Kunstgewerbeobiekt zu finden hat.
Aber selbst diesem verständlicherweise nur kleinen
Kreis wird ein ganz beachtlicher neuer Aspekt
eröffnet: er kommt auf Grund eines gewissen
Ausstellerehrgeizes und der großen Übersichtlichkeit
an Obiekte seines lnteressengebietes heran, die
er auch bei größtem Fleiß das ganze Jahr nicht zu
Gesicht bekommt.
Den oft zitierten und mit Recht immer wieder
aufgezeigten Gesichtspunkt „Kunst als sichere
Wertanlage" wollen wir diesmal übergehen. Er ist
eine unbestrittene Tatsache und beruhigt, sollte
aber nicht die eigentliche Triebfeder für den
privaten Kunstbesitz sein. Dr. W. Hofstätter
Studienkoie für das Erkennen von
Fälschungen
Sachliche Attraktion am Rand der heurigen
Kunstmesse
Mit der Neueinrichtung einer Studienkoie, deren
Anschauungsmaterial raffiniert gefälschte Gemälde
und Antiquitäten darstellen, setzt die Messeleitung
bewußt einen neuen Schritt in Richtung besseren
Kontakts und Bemühens um den Käufer ieglicher
Kunst. Es ist ein Versuch und das echte Bemühen der
österreichischen Kunsthändlergilde, stets vorhandene
Unsicherheit und immer wieder aufkeimendes
Mißtrauen wie Ressentiments bei seinem Käufer-
publikum beseitigen zu helfen, wenn dieses in iene
entscheidende Phase des Kaufes eines Kunstobiektes
eintritt, „wo man es selber genau wissen sollte
(muß)"! Die neue Studienkoie wird bestimmt auf
großes Interesse stoßen und mit dazu beitragen,
den breiten Kreis aller Liebhaber und auch
Sammler mit einigen grundsätzlichen Erkenntnissen
auf dem Gebiete der Fälschung auszustatten, somit
eine fast vergnügliche Schulung auf zwanglose und
leichteste Art für iedermann zu sein.
PS: Vielleicht wird es manchen hinterher sogar
trotzdem heiter stimmen, wenn er anhand solcher-
maßen neugewonnener Erkenntnisse bei sich dann
feststellen kann, daß er bereits einmal „halb" oder
gar „ganz" aufgesessen ist. Er wird dann sicher
wesentlich kritischer, vorsichtiger und selbstbewuß-
ter „aus eigener Kraft" seinen nächsten Kunstkauf
tätigen, es sei denn, er kann - was in der über-
wiegenden Mehrzahl der Fall sein wird - sich ganz
der Seriosität seines Kunsthändlers voll
anvertrauen. n
ERNST MEHRINGER, ANTIQUITÄTEN.
362D Spitz a. d, Donau, Marktstraße "I3
Barockschrank, reidi intarsiert, I. Hälfte 18. Jahrhundert
HOFGALERIE Dr. WOLFGANG HOFSTÄTTER,
Wien 1, Spiegelgasse u - Thronende Madonna, Linc
Bodensee, urn 1220, Reste der Orig-Fassung, H sa 4
ANTIQUITÄTEN JOSEF WINKLER
Lucas Cassel (1500-1570)
UllLwd., 42 x 58 crn
WOLFGANG A. SlEDLER, ANTIQUITÄTEN,
Wien l, Spie elgasse 3
Die Fuchsiag , signiert Meno Mülig, UllLwd., 3l,5x1
ANTIQUITÄTEN HERBERT ASENBAUM,
Wien l, Kärntnerstraße 28
Kannen des 1B. Jahrhunderts