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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 144)

Varia 
 
 
In memoriam Dr. Franz Sobek 
Am 10. Dezember 1975 ist Dr. Franz Sobek, 
Generaldirektor a. D. der Österreichischen 
Staatsdruckerei, verstorben. 
Seine bedeutende Privatsammlung historisch und 
künstlerisch wertvoller Uhren sowie von Mobiliar der 
Empire- und Biedermeierzeit hat er bereits im 
Jahre 1965 dem (Österreichischen Staat überant- 
wartet, wodurch sie dem Österreichischen Museum 
für angewandte Kunst zugeordnet wurde und seit- 
dem als „Geymüller-Schlössel-Sammlung Sobek" 
seinen Namen weiterleben läßt. 
Mit dieser mäzenatenhaften Schenkung wurde für 
Österreich eine kulturhistorisch bedeutende Tat 
gesetzt. Dr. Sobek hat nicht nur das Verständnis 
für die Wiener Uhrmacherkunst durch seine 
Sammlertätigkeit und die damit zusammen- 
hängenden Forschungsergebnisse entscheidend ge- 
fördert, sondern durch ihn ist erst die Qualität 
der Wiener Uhr aus der Wende vom 18. zum 
19- Jahrhundert mit ihrer lokalen Prägung und 
Unterscheidung zu kontemparären Uhren anderer 
Länder der internationalen Fachwelt bekannt ge- 
worden. So können wir heute neben die in die 
Geschichte der Zeitmessung eingegangenen großen 
Perioden Süddeutschlands, Englands und Frank- 
reichs auch eine spezifisch österreichische Uhrenblüte 
sowohl aus technischer wie kunstgewerblicher Sicht 
ebenbürtig stellen. 
Dr. Franz Sobek wurde am 29. Mai 1905 in Brünn 
als Sohn des k. k. Hofrates Dr. Franz Sobek, einer 
altösterreichischen Familie geboren. 1928, nach 
Vollendung seiner Studien an der Universität Wien, 
trat er in den Staatsdienst und war ab 1935 im 
Bundespressedienst tätig. Nach fünfiähriger Haft im 
KZ Dachau war er nach 1945 am Wiederaufbau des 
Staotsapparates im Bundeskanzleramt maßgeblich 
beteiligt. Dr. Sobek sammelte Uhren seit seinem 
21. Lebensiahr und erkannte im Verlaufe dieser 
Sammlertätigkeit, daß die österreichische Uhr der 
genannten Stilperiode gleichwertig neben den 
vielgerühmten englischen und französischen dieser 
Zeit bestehen könne. Seine Vorliebe für die Wiener 
Empirezeit und das Biedermeier spiegelt sich auch in 
seinem Mobiliar wider, das er aus mährischem 
Fomilienbesitz nach Österreich retten konnte. Be- 
strebt, diesem einen entsprechenden Rahmen zu 
verleihen, hat er dafür das Sommerschlößchen in 
der Khevenhüllerstraße 2, in Wien-Pätzleinsdorf, 
erwarben, das die bekannten Finanziers der Wiener 
Kongreßzeit Geymüller erbauen ließen. Dr. Sobek 
scheute weder Geld noch Mühe, dieses bereits dem 
Verfall preisgegebene Schlaß mit dem dazugehörigen 
Garten in seinem alten Glanz und seiner Originali- 
tät wiedererstehen zu lassen. Dadurch ist der 
Nachwelt ein bauliches Juwel geschenkt worden, das 
in der Ausgewogenheit seiner Dimensionen die 
Vielfalt seines klassizistischen und romantischen 
Formenreichtums vereint und ein Zeugnis einer 
großen kulturellen Blütezeit Usterreichs abgibt. 
Dr. Sobek hat mit dieser seiner Sammlung sich 
selbst im Rahmen österreichischer Kulturgeschichte 
ein Denkmal errichtet, das ihn unvergessen macht. 
Erika Hellich 
50 
Dr. Erwin Neumann 1' 
Am 28. November verstarb in Wien Dr. Erwin 
Neumann, Direktor der Sammlung für Plastik und 
Kunstgewerbe des Kunsthistorischen Museums und 
der Weltlichen und Geistlichen Schatzkammer, 
nach langem schwerem und mit größter Demut 
ertragenem Leiden im 51. Lebensiahr. Erwin 
Neumann wurde am 16. März 1925 in Suczawa, 
Rumänien, geboren. Noch als Kind mußte er die 
Heimat verlassen, wurde als Jüngling zur Wehr- 
macht eingezogen und geriet früh in amerikanische 
Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr stu- 
dierte er an der Universität Wien Kunstgeschichte 
und Archäologie und promovierte am 10. Februar 
1953 zum Daktor der Philosophie. Es folgte am 
27. Juni 1956 die Mitgliedschaft am Institut für 
Österreichische Geschichtsforschung. Zu Beginn des 
Jahres 1954 trat Erwin Neumann sodann in den 
wissenschaftlichen Dienst an der Sammlung für 
Plastik und Kunstgewerbe des Kunsthistorischen 
Museums ein, zu deren Leiter er schließlich mit 
Wirkung vom 1. Jänner 1966 ernannt wurde. 
Schwere Schicksalsschläge während seines ganzen 
kurzen Lebens haben schon früh die Persönlichkeit 
Erwin Neumanns geprägt und vielleicht wesentlich 
zu einer übergroßen Sensibilität beigetragen, die 
sich iedoch in besonderem Maße fruchtbar auf 
zwischenmenschliche Beziehungen und wissen- 
schaftliche Tätigkeit auswirkte. Dieser kritische, 
wahrheitsudiende Geist war daher wie kaum 
einer befähigt, Probleme des Kunsthandwerks, 
der Minuterien und sonst wenig beachteter 
Randgebiete der Kunstgeschichte darzustellen und 
zu läsen. Seine nicht zu zahlreichen, iedoch stets 
grundlegenden Publikationen, wie, um nur die 
wichtigsten zu nennen, seine im Jahrbuch der 
Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 
erschienenen Aufsätze über „Florentiner Mosaik 
aus Prag", „Materialien zur Geschichte der 
Scagliola", „Die Tischuhr des Jeremias Metzger 
und ihre nächsten Verwandten", „Der kaiserliche 
Kammeruhrmacher Christoph Markgraf und die 
Erfindung der Kugelloufuhr [gemeinsam mit Hans 
von Bertele)" oder etwa die gemeinsam mit 
anderen Autoren herausgegebenen Werk- 
monographien „Die Kaisermonumentuhr" und 
„The Orpheus Clacks" spiegeln diese Neigungen 
und Fähigkeiten am reinsten wider. 
Diese wissenschaftlichen Leistungen sowie eine 
vorbildliche, akribische Amtsführung haben Erwin 
Neumann die besondere Wertschätzung und 
Achtung seiner Vorgesetzten sowie seiner Mit- 
arbeiter und Kollegen eingetragen. Seine schier 
unerschöpfliche menschliche Güte und stete Hilfs- 
bereitschaft werden seinen so zahlreichen Freun- 
den, denen er Freund wie kaum ein anderer war, 
unvergeßlich bleiben. 
Sein kurzes Leben war, wenn auch schwer, so 
doch reich und erfüllt! 
Manfred Leithe-Jasper 
Salzburg, Museum Carolino Augusteum 
Erich Markel, der Präsident der Mox-Kode- 
Faundation, übergab am 22. Dezember 1975 im 
Usterreidtischen Kulturinstitut in New York dem 
dortigen Generalkonsul, Robert Marschik, zwei 
Gemälde („Partie in Hallstatt", 1839, und „Kirch- 
gong im Frühling", 1862) als Stiftung an das 
Salzburger Museum Carolino Augusteum. 
Ü 
Salzburg, Residenzgalerie 
Das Bundesland Salzburg wird für die Salzburger 
Residenzgalerie nach Ausfertigung des Kauf- 
vertrages das Gemälde „Bildnis eines iungen 
Mädchens" von Oskar Kokoschka erwerben. Das 
Werk stellt eine Mädchenfigur in blauem Gewand 
dar und darf als Spitzenwerk aus der bedeutenden 
Schaffensperiode der „Windsbraut" bezeichnet 
werden. Das 1913 entstandene Bild wird das erste 
Kokoschka-Gemälde in der Sammlung der 
Salzburger Residenzgalerie sein. w 
Buchbesprechungen 
Rene d'Aniou, Vom liebentbrannten Herzen. 
Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz, 
1975. 46 Seiten mit 16 Farbtafeln 
Ein schmaler, mit Akribie gestalteter Bildband bringt 
endlich auch dieses Hauptwerk mittelalterlicher 
Buchmalerei und Dichtung in originalgetreuen 
Faksimile-Reproduktionen nach dem Codex 
Vindobonensis 2597 in die Öffentlichkeit. Franz 
Unterkircher erzählt vom wechselvollen Schicksal 
dieses „guten Königs", der unserer Zeit beinahe 
schon ins Märchenhafte entrückt erscheint, vielleicht 
weil er phontasievoller und meisterhafter Schreib- 
feder und Pinsel zu führen wußte als das Schwert. 
In wohltuend schlichtem Stil führt er ein in das 
Werk dieses wahrhaft königlichen Dichters und 
Malers, der es verstand, Allegorie zu verlebendigen 
und damit direkten Zugang zum Wesen der 
Dichtung zu finden. Die brillante Wiedergabe der 
sechzehn durchaus nicht kleinformatigen Miniaturen 
stellt iedenfalls eine drucktechnische Meisterleistung 
dar, die den hohen Rang dieses Unternehmens nur 
abermals bestätigt. Die geschmackvolle Gestaltung 
von Einband und Schuber [Hans Paar) geben die 
Fassung für eine bibliaphile Kostbarkeit, die sich 
Liebhaber früher Buchmalerei nicht entgehen lassen 
sollten. AMK-Prädikat: FiJr Bibliaphilen besonders 
wertvoll. 
Adolf Dresler, Kalenderkunde. 
Verlag Karl Thiemi München, 1972. 
95 Seiten mit 43 Abbildungen 
Diese kleine kulturhistorische Studie ist dem 
Begleiter durch unsere Lebensiahre gewidmet, dem 
Kalender. Sie erinnert wieder daran, daß auch 
unser vertrautes Kalendarium einer langen Ent- 
wicklung bedurfte, daß Tage, Wochen und Monate 
in ihrem Ablauf erst allmählich iene Festlegung 
erfuhren, die uns heute so selbstverständlich 
erscheint. Es ist eben ein Stück Kulturgeschichte, die 
sich, von den ersten Anfängen und Etappen des 
Kalendermachens, dem altrömischen Kalender und 
den sog. Kalenderdrucken Gutenbergs, über die 
Frühzeit des Kalenderdruckes im 15. und 16. Jahr- 
hundert, in längst vergessenen Bauern-, Wappen- 
und Schreibkalendern, den „Hinkenden Boten" und 
„Hundertjährigen Kalendern", den Kleinkalendern 
und Damenkalendern, bis hin zur Entwicklung in 
die Gegenwart widerspiegelt. Das Thema und eine 
sorgfältige Ausstattung ergaben ein Händchen van 
besonderem bibliophilem Reiz. 
AMK-Prädikat: informativ für kulturhistorisch und 
volkskundlich Interessierte. C. N. 
Robert Ederer, 
Selbstdarstellung österreichischer Künstler, 
Leykam-Verlag, Graz 1975, 192 Seiten, öS 480.- 
Mit dem 28,5 x 30,5 cm großen, auf Kunstdruck- 
popier, mit 85 Bildtafeln, davon 25 in Farben, 
ausgestatteten Buch mit einer Einführung von 
Professor Johann Muschik eröffnet der Verlag eine 
Reihe Leykam-Manographien zeitgenössischer Kunst. 
Muschik, der sich in zwei Dritteln seiner Einführung 
mit der „Wiener Schule des Phontastischen 
Realismus" beschäftigt, geht erst zum Schluß mit 
einigen Zeilen auf Ederer ein. Robert Ederer gilt als 
„Einzelgänger der Wiener Schule des Phantasti- 
schen Realismus", siehe Untertitel des Bandes. 
Viele der abgebildeten Werke bezeugen, daß 
Ederer eine große Begabung hat. Das haben 
offenbar schon seine Lehrer bei dem Hiährigen 
Knaben erkannt. Immer wieder kommt auch diese 
Begabung in den Bildern und Zeichnungen zum 
Durchbruch, doch leider geht es Ederer selbst so 
ähnlich wie seinem „Zerdenker". Er überfrachtet 
fast alle Bilder! Die sparsamsten sind daher auch 
die besten. Der Maler kann es aber auch nicht 
lassen, ieder Wiedergabe einen langen persön- 
lichen Serman nebenanzuslellen. Hier werden die 
verschiedensten Bekenntnisse mitgeteilt. Sie 
reichen von seiner Einstellung zur Religion bis zur 
Mitteilung, daß ihm, Ederer, am Balkan dreimal 
der Mercedes-Stern von seinem Auto gestohlen 
wurde (S. 114). Jetzt wissen wir es endlich, wer so 
eine Wohnung hat. muß natürlich einen Mercedes 
fahren. Wohrhaftig, eine Selbstdarstellung! 
AMK-Prädikot: Künstlermonagraphie. Für Liebhaber 
persönlicher Bekenntnisse. A. V.
	        
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