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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 146)

gätter Enns, Traun, March und YbbsV- sprengen 
in ihrer vollplastischen Körperlichkeit den durch 
das Kunstwerk gegebenen Raum. Um diesen 
Eindruck zu verstärken, läßt Donner die Perso- 
nifikation der Traun über den Beckenrand treten. 
Es kommt zu einer Vermischung der Realitäts- 
sphären, die Götter gehören teils der diesseiti- 
gen Welt des lebhaften Marktplatzes, teils der 
allegarisch-überhöhten Sphäre der Providentia 
an. Bei dieser neuen Konzeption spielen auch 
zum erstenmal städtebauliche Überlegungen mit. 
Donner folgt in seinem längsovalen Grundriß 
der Platzform und konzipiert die Proportionen 
des Brunnens nach der umgebenden Architektur. 
Gleichzeitig bezieht er den Beschauer in das 
Kunstwerk mit ein. Die Distanz zum Kunstwerk 
wird aufgehoben und in ein Zusammenspiel zwi- 
schen Realität und künstlerischer Imagination 
umgewandelt. Dieser Eindruck verstärkt sich 
noch durch die Verwendung eines neuen Mate- 
rials; Blei. lm Gegensatz zum Stein sind die Blei- 
figuren malerischer, lebendiger. Ihre weichen, 
stofflichen Umrisse und der diffuse Schimmer der 
Oberfläche stehen in eklatantem Gegensatz zu 
den harten, spröden Formen früherer Marmor- 
skulpturen. In dem Meisterwerk G. R. Donners 
ist wohl einer der Höhepunkte der Brunnenbau- 
kunst Wiens zu sehen. Eine ähnliche perfekte 
Synthese zwischen geistiger Konzeption und 
äußerer Form ist in der Folgezeit nicht mehr 
erreicht worden. 
Unter Johann Martin Fischer, dem Hauptmeister 
des Klassizismus in Wien, erfährt die Brunnen- 
boukunst einen neuen Höhepunkt". Van ihm 
stammen die meisten noch erhaltenen Brunnen 
der Stadt; bei ihm zeigt sich auch, wie die Kunst 
Donners umgestaltet und in neue Bahnen ge- 
lenkt wurde. Man kann Fischer nicht eigentlich 
als Schüler Donners bezeichnen, obwohl zwi- 
schen den beiden eine gewisse Affinität herrscht. 
So war es z. B. Fischer, der auf eine Restaurie- 
rung der bereits schwer beschädigten Figuren 
vom Mehlmarktbrunnen drängte und diese 1801 
eigenhändig durchführte, wobei er sich gewiß 
mit den Gestaltungsprinzipien Donners vertraut 
machte. Trotzdem herrscht bei seinen Brunnen 
ein Nebeneinander von Plastik und Architektur, 
und das Wasser ist eher schmückendes Beiwerk 
als Träger der Ausdruckskraft. Die Figuren sind 
ruhige, in sich geschlossene Gestalten, die oft 
nur auf Einansichtigkeit hin konzipiert sind. Die 
Brunnenanlagen sind nicht in das sie umgebende 
architektonische Ensemble miteinbezogen, doch 
vielleicht bewirkte gerade der Umstand, daß sie 
relativ problemlos an einen anderen Platz über- 
tragen werden konnten, ihren guten Erhaltungs- 
zustand. Aus der Frühzeit Fischers sind der Hy- 
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Gänsemädchenbrunnen. Paul Anton Wagner, 
1865. Metallguß, Marmorsackel. Wien, Vl., Ma- 
riahilfer Straße, an der Rahlstiege 
Forellenbrunnen. Josef Müllner, 1910. Marmor. 
Wien, lX., Nußdorfer Straße (Schuberthaus) 
Mozart-Brunnen. Karl Wollek, 1905. Metallguß, 
Marmorbecken. Wien, lV., Mozartplatz 
Magna-Mater-Brunnen. Anton Hanok, 1927, Mar- 
um. Wien, XXlll., Park der Pfarrkirche von 
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gieabrunnen vor demJosefinum von 1786,der Mo- 
sesbrunnen von 1798 und der Wachsamkeitsbrun- 
nen von 1799 erhalten. Das Schema des Aufbaus 
ist bei diesen Brunnen im wesentlichen dasselbe: 
auf hohem Sockel stehen die Figuren im klassi- 
schen Kontrapost. Die Standsöule des Moses 
erhebt sich aus einem achteckigen Becken mit 
hohen Einfassungsplatten und ist an der Stirn- 
seite mit szenischen Reliefs und an der Rückseite 
mit einem wasserspeienden Löwenkopf ge- 
schmückt. Dieses Schema soll für die nachfolgen- 
den Brunnenanlagen Fischers vorbildlich werden. 
Der ursprüngliche architektonische Unterbau der 
Wachsamkeit ist nicht mehr vorhanden, doch 
muß man sich ihn ähnlich wie beim Mosesbrun- 
nen vorstellen. Eine Wende in diesem starren 
Schema bringt die Beschäftigung mit dem Don- 
ner-Brunnen. Sie zeigt sich vor allem in den zwei 
Brunnen am Graben, die 1804 entstanden. Die 
einzelnen Elemente der früheren Brunnen sind 
wieder vorhanden. Fischer durchbricht iedoch 
die Einansichtigkeit, indem er die Figuren des 
hl. Leopold und des hl. Josef sich in freier Be- 
wegung im Raum entfalten läßt. Gleichzeitig 
werden ihnen Putten beigegeben, die die raum- 
greifende Bewegung der Gruppen betonen und 
das Bewegungsmotiv durchbrechen. Auch die 
Sockelreliefs sind weicher, malerischer gestaltet. 
In konsequenter Folge dieser Entwicklung ent- 
stehen die zwei Brunnen für den Platz Am Hof. 
Hier werden ganze Figurengruppen dargestellt: 
Allegorien auf die Treue der österreichischen 
Nation und auf den Ackerbau. Besonders bei 
der Gruppe des Ackerbaus sind die starke Bewe- 
gung der Figuren und die vielfältigen Über- 
schneidungen in der Komposition auf die Be- 
schäftigung mit der Kunst Donners zurückzu- 
führen. Tratzdem kann sich Fischer nicht von 
seinem akademischen Klassizismus lösen, und 
auch eine gewisse romantische ldealisierung 
täuscht nicht über den Mangel an Ausdrucks- 
kraft hinweg. 
Die romantische Stimmung, die sich in den spä- 
teren Werken Fischers ankündigt, findet ihre 
Fortsetzung im Brunnen der hl. Margarete von 
Johann Nepomuk Schaller". Der 1836 entstan- 
dene Brunnen ist in Eisenguß ausgeführt und 
durch weiche, fließende Umrisse bestimmt. Damit 
bildet er einen Gegensatz zu den harten Formen 
des Klassizismus. Eine malerische, diffuse Form- 
gebung fällt auch beim Austriabrunnen von Lud- 
wig Schwanthaler aus dem Jahre 1846 auf". 
Dieser von der Schulung her klassizistische Bild- 
hauer - er lernt bei Thorwaldsen in Rom - kann 
seine romantische Grundstimmung nicht verleug- 
nen. Trotzdem fehlt es dem Austriabrunnen an 
jener inneren Monumentalitöt, die eine harmoni- 
. . . t . q Aus-wan- 

	        
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