Inge Dick
Nach dem erfolgreichen Abschluß der Modeschule
Hetzendorf (Ledergalanterie) studierte die 1941
geborene Wienerin lnge Dick auf der Hochschule
für angewandte Kunst bei Praf. Herberth
Gebrauchsgraphik. Mit der Malerei beschäftigt sie
sich freilich schon seit ihrer Kindheit in immer neuen
Ansätzen.
Das Blumenstilleben war einer der Ausgangspunkte
ihres Schaffens, und zu Blumen findet sie heute in
ihrer graphischen Gestaltung auch immer wieder
zurück. Wie sehr hat sich aber ihre Diktion seit
ienen frühen Blumenbildern, wie sie die Malerin
nach auf der Akademie schuf, geändert! Zwei
Ereignisse scheinen zu einer prinzipiellen
Entscheidung in ihrer Gestaltungsweise beigetragen
zu haben: eine Reise nach Griechenland und in die
Türkei und die Berührung mit der Lehre des Zen.
Schon 1963 entsteht ein Bild, offenbar stark von
Paul Klee beeinflußt, eine menschliche Siedlung
darstellend, das mosaikartige kleine Flächen zeigt.
Die Hauswände, die Dächer, der Kirchturm, alles
wird flächig nebeneinandergesetzt. Einzelheiten
verschwinden, die Struktur, der Kern wird sichtbar,
eine Zellenreihung. Orange bis dunkelrote Farben
geben dem Bild einen sehr warmen Tan.
Als Frucht der genannten Reise entstanden dann
etliche Ulbilder, Landschaften, die einen gewaltigen
Lichteinbruch in das Gefüge der Farbstriche
zeigten. (Vielleicht könnte man sie am ehesten mit
fotografischen Gegenlichtaufnohmen vergleichen.)
Hier schlägt sich also das mediterrane Erlebnis
nieder. In diesen 1967MB gemalten Arbeiten
beginnen sich die Farmen auch bereits aufzulösen,
und das Erlebnis des Lichtes wird dominierend.
Noch ist der Horizont deutlich gegeben, ein
Bauwerk (Kapelle) steht silhouettengleich auf einem
Berg, das Meer und der Himmel vermählen sich in
einem gleißenden Licht. Wir müssen an das Licht-
Erlebnis des großen Vers-Epikers Theodor Däubler
denken, an seinen Glauben an die Lichtwerdung
des Planeten Erde. Hier, in diesen die Landschaft in
Licht auflösenden Bildern, anders auflösend als
seinerzeit die lmpressionisten, wird uns schon
bewußt, daß es sich um anderes als Wiedergabe
handelt. Es ist nicht so sehr das Licht der Sonne,
es ist ein Licht aus der Fläche des Bildes heraus,
das hier zu flimmern und zu strahlen beginnt.
Aus der Flüche heraus? Wie kommt es dort hin?
Vielleicht aus der Gelassenheit dessen, der dieses
Bild gemalt hat. Die Berührung mit dem Gedanken-
gut des Zen, das Erlebnis eines in Wien
gastierenden No-Theaters, ließ die schon
vorhandene Technik des flutenden Lichtes in eine
neue Gerichtetheit münden. In einer Scheibe, in
einem Lichtbündel, in einem abklingenden oder
ansteigenden Akkord wird ein Akzent in eine
nahezu monochrome Fläche gesetzt. Die letzten
abbildhaften Andeutungen fallen weg. Hier ist
Konzentration. In einer Welt, die von Reizen
ieglicher Art überschwemmt wird, ist hier eine
Zurücknahme dieser Flut. Stille. Einkehr.
Vorerst sind die Bilder noch in Gelbtönen
gehalten. Ab 1970 gehen sie (siehe quadratische
Abbildungen) bis 1976 (letzte Abb.) in Blautöne über.
Trotz der wenigen Nuancierungen gelingt es der
Malerin immer, die Fläche zu verlebendigen, neue
„Lichtblicke" zu schaffen. Die kühlen Farben
distanzieren den Betrachter nach mehr von der
Um-Welt als die warmen rotgelben Töne. Bilder als
Lebenshilfen? Für den, der sie zu „gebrauchen"
versteht. Alais Vogel