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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 146)

l Aktuelles Kunstgeschehenl Österreich 
Wien 
Secession 
Budapester Bilder, Straßen und Menschen 
1700-1945 
Die vom Budopester historischen Museum ge- 
staltete Schau brachte einen Überblick mit dem 
Schwerpunkt im 19. und 20. Jahrhundert. Die 
Qualität der Bilder war im Durchschnitt sehr 
beachtlich. Sicher als bestes Werk der Ausstellung 
konnte das „Porträt des Violinkiinstlers Ede 
Remenyi" 1875-1878 bezeichnet werden. Ein 
kleines Ölbild von Mihaly Munkäcsy. Aber 
auch eine ganze Anzahl Maler aus der Zeit um 
die Jahrhundertwende wäre nennenswert, etwa 
Jozsef Rippl-Rönai, der wohl von Klimt und 
Sd1iele beeinflußt ist. Von Jenä Gadanyi war 
eine qualitätvolle „Landschaft mit Stuhl" zu 
sehen, die an Matisse erinnerte, von Jozsef Egry 
drei schöne Pastelle mit impressionistischen 
Farbauflösungen, besonders „Die Generalwiese 
zu Buda" muß in diesem Zusammenhang genannt 
werden. lmre Amos und Gyula Derkovits, 
letzterer besonders mit seinem „Stilleben mit 
Palmkätzchen", scheinen uns wichtig in der 
Entwicklung der ungarischen Kunst der Zeit um 
die Wende zur modernen Malerei zu sein. 
(2.49. 4. 1976) - (Abb. 1, 2) 
Künstlerhaus 
Boris Mardesic - Werke 1963-1976 
Der Künstler wurde als einer der größten 
zeitgenössischen Maler Jugoslawiens bezeichnet. 
Die Schau füllte einige Räume des Hauses, es 
waren Graphiken, sehr viele große Olbilder 
und auch einige sehr große Wandbehänge zu 
sehen. Nach Aussage von Prof. Hans Mayr war 
das aber nur einTeil des vorhandenen Aus- 
stellungsgutes. Mardesic geht in seinen Arbeiten 
von Eindrücken in der Natur aus. Und hier ist es 
hauptsächlich die Landschaft seiner Heimat, 
der Karst, die ihn inspiriert. Er rückt mit seiner 
Optik nahe an den Gegenstand heran, und so 
entstehen Formen, die ihre Entsprechungen in den 
Formationen der vom Wasser zerfressenen Steine 
der Meereskiisten oder von Bachläufen ausge- 
waschenen Felsstrukturen haben. Sehr deutlich 
wird das in dem vom Künstlerhaus herausgege- 
benen aufwendigen Buch dokumentiert, dessen 
Text leider von so vielen unsinnigen Fehlern 
entstellt ist, daß man sie nicht einzeln auf- 
zählen kann. 
Von den Arbeiten sind bestimmt die Graphiken am 
besten. Hier findet Mardesic oft einwandfreie 
Lösungen. Bei den Ulbiidern zerflattert viel 
in der großen Pose. Ein Detail aus diesem und 
ienem Werk mag (a reizvoll sein, das Ganze ist 
sehr zufällig und eher modisch. 
(6.-28. 4. 1976) 
Alte Schmiede 
Hans Muhr 
Der Wiener Bildhauer beschäftigt sich schon 
einige Zeit sehr ausgiebig mit Brunnengestaltungen. 
Neben zwei Reliefs und einigen reinen Bild- 
hauerarbeiten, so etwa zwei Holzskulpturen, bei 
denen sich Muhr allein mit der menschlichen 
Kopfform auseinandersetzt, waren hauptsächlich 
Zimmerbrunnen zu sehen. Dabei muß festgestellt 
werden, daß die einfachen Formen am über- 
zeugendsten wirken. Hier sind allein die Materialien 
und die richtigen, also abgewogenen Maße 
ausschlaggebend. ln treppen- und leiterartigen 
sowie spiralförmigen Anordnungen bearbeitete 
der Künstler schäne Steine, die mit einem Wasser- 
becken in Kommunikation stehen, zu quellartig 
sprudelnden Obiekten, die neben ästhetischen 
auch hygienische und psychologische Werte haben; 
regelt doch das stets fließende Wasser die 
Luftfeuchtigkeit, und das ständige Plätschern 
beruhigt die Nerven. 
(24. 3.-30. 4. 1976) - (Abb. 3, 4) 
lsolde Jurina 
„Aus Kindheitsland" nennt die Künstlerin die 
neue Serie von Ulkreidebildern und Collagen. 
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Nach den phantastisch geballten Zauberbildern 
ihrer „Bösen Märchen" wird die Jurina in dieser 
Folge konkreter. Wieder sind die Akteure in 
einen Rahmen zusammengesperrt, eingespannt 
oder eingestrichelt. Die Figuren sind iedoch 
persönlichkeitsnahe geworden. Offenbar 
eine sehr durchdachte Vergangenheitsbewöltigung. 
(9. 3.-2. 4. 1976) - (Abb. 5) 
Galerie Papst 
Carry Hauser 
Eine sehr schöne und geordnete Schau von Bildern 
und Graphiken Carry Hausers aus den zwanziger 
Jahren. Erfreulich besonders, weil gerade aus 
dieser Zeit so selten Werke von Wiener Expres- 
sionisten in dieser Qualität zu sehen sind. Aus 
der Distanz von mehr als 50 Jahren kann man 
sehr wohl von einem bleibenden Wert dieser 
wohl kleinformatigen, aber vom Ausdruck großen 
Bilder sprechen! Eine Verwandtschaft zum 
magischen Realismus, wie im Katalog behauptet, 
auch bei manchen, eigentlich nur sehr äußerlichen, 
Anklängen zu Gütersloh, ist nicht gegeben. 
(3.-31. 3. 1976) - (Abb. 6) 
Galerie Basilisk 
Edda Seidl-Reiter - Tapisserien 1975176 
Die Künstlerin verfolgt weiter die von ihr 
eingeschlagene Tendenz, die geschlossene Fläche 
aufzulösen und mit textilen Materialien relief- 
oder obiektartige Wirkungen zu erzielen. Sie 
verläßt dabei auch die Zweidimensionalität und 
findet dabei auch oft zu heiteren Kreationen. 
(9.-30. 3. 1976) - (Abb. 7) 
Michael Smidt 
Die außerordentlich exakt gemalten Bilder Smidts 
aus der Garnitur der Streichhölzer sind schon 
lange im Kunsthandel ein Begriff, nun hat 
der Maler sein (Iuvre um einige neue phantasie- 
volle Varianten erweitert. Es gibt da Kreuzungen 
von den verschiedensten Erscheinungsformen, 
wie etwa eines Kruges mit einem Apfel und 
einem getischlerten Henkel, alles auf kühle 
Bildflächen gesetzt. Auch Smidt ist dabei ein 
gewisser Humor nicht abzusprechen. 
(2.-2l. 4. 1976) - (Abb. 8) 
galerie am graben 
obiekte und gebrauchs egenstände 
aus keramik und porze lan, 1975176 
Noch auf Betreiben des verstorbenen Prof. Heinz 
Leinfellner hat nun die Meisterklasse für 
keramisdwe Plastik und Gefäßkeramik einen 
Hochtemperatur-Gasbrennofen bekommen. Die 
ersten tauglichen Porzellane aus dieser Klasse 
wurden hier gezeigt. Es ist ein sehr erfreuliches 
und ermunterndes Ergebnis. Das größte Stück 
war ein Toilettentischensemble mit 
Spiegeln, verschiedenen Töpfen, Bürsten, Sitz- 
gelegenheit und Etageren, alles von Ulla Bochen 
sehr luxuriös und doch in sehr klaren Formen 
gestaltet. Zartgliedrige aufgeblätterle Formen 
hatten die feingetönten Reliefs der Liselolte 
Schrommel. Von Rosemarie Benedikt waren 
zweckfreie, schöngeformte Obiekte, ähnlich auch 
iene der Else Haraldsdottier. Es gab aber auch 
sehr einfache Gebrauchsgegenstände, wie Teller, 
Schalen und Salz-und-Pfefferstreuer. Im Tief- 
geschoß waren die keramischen Arbeiten. Hier 
dominierte eine Fonduegarnitur mit Tisdr, Hodzer 
und Gefäßen, alles aus Keramik. 
(29. 3.-24. 4. 1976) - (Abb. 9, 10) 
galerie modern ort 
Hildegard Joos 
Die zum Teil in Wien, zum Teil in Paris schaffende 
Künstlerin überraschte mit diesen konstruktiven 
Bildern, nachdem sie einige Zeit sehr monochrom 
gearbeitet hat. Die in Schwarz-Weiß oder 
Schwarz-Rot gehaltenen Obiekte sind, auch wenn 
die Malerin und ihr Interpret es anders wollen, 
der Op-art verwandt. Sicher haben sie dynamische 
Ordnungen und überraschende Tiefenwirkungen, 
die ganz offenbar auf die innere Bewegung derJoos 
zurückzuführen sind. 
(31. 3.-17.4.1976)-(Abb.11) 
Galerie Austerlitz 
Karl Anton Fleck, Karl Sandner, 
Ernst Zdrahal 
Unter dem gemeinsamen Titel „lsolationen" 
zeigten die drei Maler hauptsächlich Graphiken. 
K. A. Fleck steuerte zum Thema großformatige 
Zeichnungen, zum Teil auch farbige, bei, die 
die Isolationen der Dinge an sich immer wieder 
umreißen. Karl Sandner brachte eine große 
Anzahl sehr erschiitternder Blätter mit politischen 
und sozialkritischen Inhalten. E. Zdrahal stellte 
den Menschen den iibermächtig gewordenen, 
vom Menschen geschaffenen materiellen Ein- 
heiten gegenüber. Alle drei Künstler konnten an- 
sehnliche Leistungen vorweisen. 
Der Galerie ist mit solchen Teams zu gratulieren. 
(18. 2.-17. 3. 1976) -(Abb. 12, 13, 14) 
Alois Vogel 
Haus GordislTrattnerhof 
„Das Beste aus Schweden" 
Zur gegenseitigen verstärkten Intensivierung des 
kulturellen Austausches und der Beziehungen 
Österreichs und Schwedens, wie sie vom 
österreichischen Bundespräsidenten, Dr. Rudolf 
Kirchschläger, beim seinerzeitigen Staatsbesuch 
in Schweden in der zweiten Maihälfte propagiert 
wurde, trug hier bei Gordis auch die Schau 
modernen schwedischen Kunstgewerbes bei. 
Was an die 25 schwedischen Firmen mit ihren 
Künstlern, Designern und Herstellern präsen- 
tierten, bestätigte den Ruf des traditionell hohen 
Standards der beispielgebenden Möbel-, Glas- 
und Keramikprodukte, Textilkunst und Beleuchtungs- 
körper der Skandinavier. Was nicht unwesentlich 
in diesem Zusammenhang scheint, ist die 
landesweite Heimatwerkbewegung „Schwedisches 
Heimatwerk", die den Bürger Schwedens mit- 
einbezieht, teilzunehmen an einem gesamt- 
völkischen Kunstgewerbeschaffen, das neben der 
Freude am eigenen Mitgestalten die Verwendung 
selbstgefertigten künstlerischen Gebrauchsgutes 
und Gerätes in Haus, Heim-und Garten er- 
möglicht. So kann man, was in der Schau bei 
Gordis deutlich zu spüren war, von einer breiten, 
alle Volksschichten durchdringenden Bewegung in 
Schweden sprechen, die im Künstlerischen wie 
Kunstgewerblichen in starker Bindung an die 
Volkskunst einerseits an die Tradition anknüpft, 
andererseits in ihrer Entwicklung iedorh von einer 
Erneuerung der inneren Auffassung und von 
neuerwachtem Selbstgefühl getragen wird. 
(5.40. 4. 1976) - (Abb. 15, 16) 
l. netopi 
Salzburg 
Ateliergalerie Pointner 
Hans Pötscher 
Die Aquarelle des in Salzburg lebenden Malers 
sind nicht nur wegen ihrer differenzierten 
Farbgebung von hohem künstlerischem Reiz: 
Ein „Clown", aus erdenen Braunlönen erschreckt 
aufblickend, die „Schergen" in ihrer unver- 
hohlenen Brutalität, die in der „Burg" brüchig 
gewordene tyrannische Macht, die „Zeit" mit 
ihrem raffgierigen blutigen Gebiß, sie alle sind 
Masken vor den Eigenschaften der Menschen, 
die aber, wie alle Masken, Absichten und innere 
Zustände dieser Eigenschaften erweisen. 
(April 1976) 
Museumspavillon beim Zwerglgarten 
Luigi Salvi 
ln großen klaren Flächen, in „Natürlichen Geo- 
metrien" (so ein Bildtitel), baut der Bergamaske 
seine meist großformatigen Ülbilder, so etwa, 
wie manche mit Buntpapier zu gestalten pflegen. 
Das Material wird dick aufgetragen, die Struktur 
des feslgewordenen Uls entmateri 'siert Akt 
wie Landschaft zum stilisierten, flächigen Ornament 

	        
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