nahezu gelöscht. Das Blau ist aufgehellt, geht
ins Grün über, wodurch es ausgleichender, neu-
tral wird; das Rot ist purpurn und teilweise
durch Deckweiß ausgewaschen.
Der Buntheitsgehalt reiner Farben fehlt auch
sonst fast völlig. Im Dunkel des Braun-Grau der
Nacht uncl der Laster Iodert das stärkste Rot
und lenkt die Aufmerksamkeit auf den Mann mit
der Schlange. Am Tuch der Tugend rechts oben
blitzt ein mit Deckweiß stark aufgehelltes Oliv-
grün. In diesen Details finden sich die einzigen
Buntakzente. Sonst beherrschen Mischfarben das
Bild. Das Gelb, die hellste, dem Licht nächste
Buntfarbe, fehlt völlig. Es wird durch Ocker er-
setzt. Das Licht vermag sich dadurch nicht in
den Farben zu manifestieren und bemächtigt
sich damit keiner Formen. Es wird in der Hellig-
keit des Weiß wiederzugeben versucht, das ie-
doch in seiner Leere nur negiert - auch die
Leuchteffekte, die es sonst, lasiert, als Inkarnat-
farbe gewinnt, setzen sich hier nicht durch; sie
könnten nur im dichten Formgewebe und in
Farbkontrasten des horror vacui anderer Bild-
kompositionen wirksam werden.
Das Licht, das sich in der Epoche der Hell-Dunkel-
Malerei der Neuzeit als „indifferentes Leucht-
licht" im Licht der Buntfarben manifestiert, von
diesen nicht löst und sich auch in den Beleuch-
tungseffekten im von den Buntfarben gesetzten
Rahmen bewegt, wird bei Makarts „Sieg des
Lichts" Opfer eines naturalistischen Mißverständ-
nisses. Bei Tageslicht zeigt sich Licht tatsächlich
am Himmel als Helligkeit in „Weiß", aber die
„Farben des Lichts sind ausschließlich bunt, wäh-
rend die unbunten Farben ausschließlich substan-
tiell sind"". Weiß als „Substanzfarbe" ist, ob-
wohl es „Licht-Helle" vertritt, weniger geeignet,
in einem Bild lichthaft zu wirken als Gelb, die
hellste Buntfarbe". Der alte ikonographische
Inhalt „Licht" wird im Sinn des Naturlichtes
4
„interpretiert", Helias-Apoll erscheint nicht als
Sonne, sondern als „irdisches Licht" (nämlich
im Zentrum des Zodiaks). Die eingangs gestellte
Frage, ob man das im I9. Jahrhundert entdeckte
Naturlicht „vergessen" kann, ist damit beant-
wortet, Das Naturlicht hat das früher „selbst-
verständliche" sakrale Leuchtlicht zerstört. Daran
scheitert Makarts Versuch; in seiner „Iichtstrot-
zenden" Studie verlischt das Licht mit den Far-
ben, das gespaltene Hell-Dunkel vermag es nicht
zu ersetzen. War früher Natur im „Lichte" der
Innenräume, in nur dort konzipierbaren Farben
gesehen worden", bricht das äußere „profane"
Licht der Naturalisten nun in die Innenräume.
Man erinnere sich, wie gleichzeitig in den Bauten
der Ringstraße die Gewölbe aufgerissen werden.
Dort, wo sich einst in den Deckenbildern Alle-
gorien des Himmels öffneten, eine transzendente
Welt offenbarte, bietet sich das Innere der Ar-
chitekturen dem durch die Oberlichten einströ-
menden Tageslicht dar. In den meisten Ring-
straßenbauten sind Kuppeln, Stiegenhäuser, Fest-
söle etc. dem Naturlicht offen oder filtert Glas
das künstliche Licht. Den End- und Höhepunkt
dieser Entwicklung stellt Otto Wagners Postspar-
kassengebäude dar.
SONSTIGE DECKENENTWURFE
Neben dem erwähnten gibt es einen größeren,
l29x232,5 cm messenden Entwurf, der mögli-
cherweise, trotz des rechteckigen Formats, als
Entwurf für dasselbe Stiegenhaus gedacht war
(Abb. 2)". Auf dieser Farbskizze ist flüchtig der
Olymp wiedergegeben, wobei wiederum das Zen-
trum der Darstellung keineswegs lichthaft wirkt,
sondern durch das Burgzitat verdunkelt erscheint.
War im Laufe der Entwicklung der Decken-
malerei es möglich geworden, daß „lrdisches",
ia auch Schiffe am Himmel erschienen, so war
diese terrestrische Sphäre auf die Ränder als den
„unteren Bereich" beschränkt". Hier tritt iedoch
attuuiett,
wird.
Was Raum und Farben anlangt, bestätige
die schon erwähnten Beobachtungen; Vorv
der Mischfarben, unbestimmte Lichtverhä
auch in den rasch hingeworfenen Madellie
andeutungen und ein unklar formulierter
Es kommt hier weniger auf die Deutung
wegen der durchschimmernden goldenen
gel" links fast unheimlich wirkenden Bild
sondern auf die Beobachtung, daß nebei
Einbruch des Naturlichtes in die histori
Deckenikonolagie auch eine Verschattun
Bildzentrums stattfindet.
Betrachtet man die allgemeinen Möglich
Decken zu gestalten, so scheint neben d
wähnten Öffnung auf das Naturlicht hii
Tendenz zur Zerteilung zu bestehen.
schließt sich das Zentrum, und die einhe
Bildkonzeption zerfällt in getrennte Einzel
Zwar gibt es weiterhin noch Deckenbilder
Ringstraßenbauten, diese bilden aber dir
nahme".
Die Zerteilung erfolgt oft mittels Kreuzr
die sowohl das Zentrum verschließen wi
Bildfeld teilen, oder Kassettendecken.
Hier seien nur zwei charakteristische En
Makarts gezeigt. Im einen (Abb. 4] mit M
aus dem „Ring der Nibelungen" findet si
erwähnte Lösung mittels reich ornamer
Rippen, in der Skizze zum Deckenbilt
„Dumbazimmers" (Abb. 5) wird das Ze
der Himmel, durch einen schwebenden
chin verschlossen". Man möchte meinen, 4
einer Zeit, in welcher der natürliche H
das Tageslicht, in die Gebäude eindring
„Platz" mehr für den Himmel in Allegorie
handen ist. Der sich bei Mantegna das ers
öffnende Himmel an der Decke wird hi
Ende einer langen Entwicklung wiedei
schlossen.
GOLDGRUND
Mit dem Ende des Mittelalters, dem Ent
des Hell-Dunkels und der zentralperspektiv
Konstruktion der Bildwelt verschwand der
grund. Im I9. Jahrhundert, das erste M
Runge, taucht er wieder auf. Die mannig
Verwendung des Goldes durch Makart
darauf hin, daß das Gold als Farbe IDE!
wird. Beschränkt man sich z. B. auf die „A
nen Amourettenm, wo die scherenschni
konturierten Bäume auf einem Goldgrur
gen, könnte das Gold als Raumersatz v:
den werden. Dem bühnenhaften Raums
wird hier aber nicht eine unmeßbare Wei
terlegt - statt des Nach-nicht mittelalte
„BiIdtiefe" hier ein Nicht-mehr -, sonde
materiell faßbarer Abschluß im dekorative
ergänzt. Anstelle der transzendierenden
stimmtheit tritt ein flächiger Buntheitseffel
Gold liegt eigentlich nicht hinter dem A:
sondern dazwischen, das Pflanzenwerk ltt
Charakter von Intdrsien. Erscheint das G
der Bildfläche neben den Farben, wird es
seits selbst zur Farbe, müssen sich aber
rerseits auch die Farben dem Gold genäht
ben. „Wo Gold sich mit Farben verbinden
ist aber auch die Farbe etwas anderes,
sagen goldartiges"? Im Unterschied zur
nischen Buchmalerei, auf die diese Beoba
gemünzt ist, gibt es in dieser Bildwelt
Schatten. In der ottonischen Buchmalere
unsiuu urisciiuuircu wieucrge