MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst XXI (1976 / Heft 147)

 
nahezu gelöscht. Das Blau ist aufgehellt, geht 
ins Grün über, wodurch es ausgleichender, neu- 
tral wird; das Rot ist purpurn und teilweise 
durch Deckweiß ausgewaschen. 
Der Buntheitsgehalt reiner Farben fehlt auch 
sonst fast völlig. Im Dunkel des Braun-Grau der 
Nacht uncl der Laster Iodert das stärkste Rot 
und lenkt die Aufmerksamkeit auf den Mann mit 
der Schlange. Am Tuch der Tugend rechts oben 
blitzt ein mit Deckweiß stark aufgehelltes Oliv- 
grün. In diesen Details finden sich die einzigen 
Buntakzente. Sonst beherrschen Mischfarben das 
Bild. Das Gelb, die hellste, dem Licht nächste 
Buntfarbe, fehlt völlig. Es wird durch Ocker er- 
setzt. Das Licht vermag sich dadurch nicht in 
den Farben zu manifestieren und bemächtigt 
sich damit keiner Formen. Es wird in der Hellig- 
keit des Weiß wiederzugeben versucht, das ie- 
doch in seiner Leere nur negiert - auch die 
Leuchteffekte, die es sonst, lasiert, als Inkarnat- 
farbe gewinnt, setzen sich hier nicht durch; sie 
könnten nur im dichten Formgewebe und in 
Farbkontrasten des horror vacui anderer Bild- 
kompositionen wirksam werden. 
Das Licht, das sich in der Epoche der Hell-Dunkel- 
Malerei der Neuzeit als „indifferentes Leucht- 
licht" im Licht der Buntfarben manifestiert, von 
diesen nicht löst und sich auch in den Beleuch- 
tungseffekten im von den Buntfarben gesetzten 
Rahmen bewegt, wird bei Makarts „Sieg des 
Lichts" Opfer eines naturalistischen Mißverständ- 
nisses. Bei Tageslicht zeigt sich Licht tatsächlich 
am Himmel als Helligkeit in „Weiß", aber die 
„Farben des Lichts sind ausschließlich bunt, wäh- 
rend die unbunten Farben ausschließlich substan- 
tiell sind"". Weiß als „Substanzfarbe" ist, ob- 
wohl es „Licht-Helle" vertritt, weniger geeignet, 
in einem Bild lichthaft zu wirken als Gelb, die 
hellste Buntfarbe". Der alte ikonographische 
Inhalt „Licht" wird im Sinn des Naturlichtes 
4 
„interpretiert", Helias-Apoll erscheint nicht als 
Sonne, sondern als „irdisches Licht" (nämlich 
im Zentrum des Zodiaks). Die eingangs gestellte 
Frage, ob man das im I9. Jahrhundert entdeckte 
Naturlicht „vergessen" kann, ist damit beant- 
wortet, Das Naturlicht hat das früher „selbst- 
verständliche" sakrale Leuchtlicht zerstört. Daran 
scheitert Makarts Versuch; in seiner „Iichtstrot- 
zenden" Studie verlischt das Licht mit den Far- 
ben, das gespaltene Hell-Dunkel vermag es nicht 
zu ersetzen. War früher Natur im „Lichte" der 
Innenräume, in nur dort konzipierbaren Farben 
gesehen worden", bricht das äußere „profane" 
Licht der Naturalisten nun in die Innenräume. 
Man erinnere sich, wie gleichzeitig in den Bauten 
der Ringstraße die Gewölbe aufgerissen werden. 
Dort, wo sich einst in den Deckenbildern Alle- 
gorien des Himmels öffneten, eine transzendente 
Welt offenbarte, bietet sich das Innere der Ar- 
chitekturen dem durch die Oberlichten einströ- 
menden Tageslicht dar. In den meisten Ring- 
straßenbauten sind Kuppeln, Stiegenhäuser, Fest- 
söle etc. dem Naturlicht offen oder filtert Glas 
das künstliche Licht. Den End- und Höhepunkt 
dieser Entwicklung stellt Otto Wagners Postspar- 
kassengebäude dar. 
SONSTIGE DECKENENTWURFE 
Neben dem erwähnten gibt es einen größeren, 
l29x232,5 cm messenden Entwurf, der mögli- 
cherweise, trotz des rechteckigen Formats, als 
Entwurf für dasselbe Stiegenhaus gedacht war 
(Abb. 2)". Auf dieser Farbskizze ist flüchtig der 
Olymp wiedergegeben, wobei wiederum das Zen- 
trum der Darstellung keineswegs lichthaft wirkt, 
sondern durch das Burgzitat verdunkelt erscheint. 
War im Laufe der Entwicklung der Decken- 
malerei es möglich geworden, daß „lrdisches", 
ia auch Schiffe am Himmel erschienen, so war 
diese terrestrische Sphäre auf die Ränder als den 
„unteren Bereich" beschränkt". Hier tritt iedoch 
attuuiett, 
wird. 
Was Raum und Farben anlangt, bestätige 
die schon erwähnten Beobachtungen; Vorv 
der Mischfarben, unbestimmte Lichtverhä 
auch in den rasch hingeworfenen Madellie 
andeutungen und ein unklar formulierter 
Es kommt hier weniger auf die Deutung 
wegen der durchschimmernden goldenen 
gel" links fast unheimlich wirkenden Bild 
sondern auf die Beobachtung, daß nebei 
Einbruch des Naturlichtes in die histori 
Deckenikonolagie auch eine Verschattun 
Bildzentrums stattfindet. 
Betrachtet man die allgemeinen Möglich 
Decken zu gestalten, so scheint neben d 
wähnten Öffnung auf das Naturlicht hii 
Tendenz zur Zerteilung zu bestehen. 
schließt sich das Zentrum, und die einhe 
Bildkonzeption zerfällt in getrennte Einzel 
Zwar gibt es weiterhin noch Deckenbilder 
Ringstraßenbauten, diese bilden aber dir 
nahme". 
Die Zerteilung erfolgt oft mittels Kreuzr 
die sowohl das Zentrum verschließen wi 
Bildfeld teilen, oder Kassettendecken. 
Hier seien nur zwei charakteristische En 
Makarts gezeigt. Im einen (Abb. 4] mit M 
aus dem „Ring der Nibelungen" findet si 
erwähnte Lösung mittels reich ornamer 
Rippen, in der Skizze zum Deckenbilt 
„Dumbazimmers" (Abb. 5) wird das Ze 
der Himmel, durch einen schwebenden 
chin verschlossen". Man möchte meinen, 4 
einer Zeit, in welcher der natürliche H 
das Tageslicht, in die Gebäude eindring 
„Platz" mehr für den Himmel in Allegorie 
handen ist. Der sich bei Mantegna das ers 
öffnende Himmel an der Decke wird hi 
Ende einer langen Entwicklung wiedei 
schlossen. 
GOLDGRUND 
Mit dem Ende des Mittelalters, dem Ent 
des Hell-Dunkels und der zentralperspektiv 
Konstruktion der Bildwelt verschwand der 
grund. Im I9. Jahrhundert, das erste M 
Runge, taucht er wieder auf. Die mannig 
Verwendung des Goldes durch Makart 
darauf hin, daß das Gold als Farbe IDE! 
wird. Beschränkt man sich z. B. auf die „A 
nen Amourettenm, wo die scherenschni 
konturierten Bäume auf einem Goldgrur 
gen, könnte das Gold als Raumersatz v: 
den werden. Dem bühnenhaften Raums 
wird hier aber nicht eine unmeßbare Wei 
terlegt - statt des Nach-nicht mittelalte 
„BiIdtiefe" hier ein Nicht-mehr -, sonde 
materiell faßbarer Abschluß im dekorative 
ergänzt. Anstelle der transzendierenden 
stimmtheit tritt ein flächiger Buntheitseffel 
Gold liegt eigentlich nicht hinter dem A: 
sondern dazwischen, das Pflanzenwerk ltt 
Charakter von Intdrsien. Erscheint das G 
der Bildfläche neben den Farben, wird es 
seits selbst zur Farbe, müssen sich aber 
rerseits auch die Farben dem Gold genäht 
ben. „Wo Gold sich mit Farben verbinden 
ist aber auch die Farbe etwas anderes, 
sagen goldartiges"? Im Unterschied zur 
nischen Buchmalerei, auf die diese Beoba 
gemünzt ist, gibt es in dieser Bildwelt 
Schatten. In der ottonischen Buchmalere 
unsiuu urisciiuuircu wieucrge
	        
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